klassische Motive

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„Ich werde sicher nicht mir dir verhandeln!" Meine Stimme klang immer noch etwas zu hoch, doch ich versuchte einen so selbstsicheren Eindruck, wie nur irgendwie möglich zu machen. Eigentlich hatte ich auch sofort mit einer Erwiderung gerechnet, doch mein Gesprächspartner blieb still. Es wurde unangenehm ruhig, bis ich irgendwann nur noch mein schnell klopfendes Herz wahrnahm. Langsam begann sich eine Wolke über den Mond zu schieben und um mich herum wurde es dunkel. Ein kalter Windstoß blies um meine Schultern und ließ mich zittern. Mit einem Mal war es nun so schrecklich dunkel und ich konnte kaum noch etwas sehen, selbst der Baum und die Schaukel waren verschwunden. Ist er immer noch da?

Ich wartete noch einen Augenblick und wagte mich dann einen Schritt nach vorne. Weiterhin rührte sich nichts, also wagte ich mich noch einen weiteren Schritt nach vorne. Erneut blies ein kalter Wind um meine Schultern und ich begann über meine Schultern zu streichen. Es blieb immer noch still und ich konnte nur die Umrisse der Schaukel erkennen, war mir allerdings nicht sicher, ob er noch dahinter stand. Du bist hier doch noch irgendwo. Ich bin mir sicher...

Ich wollte etwas sagen, doch meine Kehle war wie zugeschnürt. Einmal holte ich noch ganz tief Luft und machte dann den letzten Schritt. Mein Knie knallte gegen die Schaukel und brachte sie zum schwingen. Ohne Hindernis schwang die Schaukel nach hinten. Er ist nicht mehr da.

Mit meinen Händen krallte ich mich an die Seile und lehnte mich etwas nach vorne. Ich kniff die Augen zusammen und versuchte zu erkennen ob jemand vor mir stand. Viel konnte ich allerdings nicht erkennen. Der kann doch nicht einfach verschwinden!

Langsam richtete ich mich wieder auf, doch obwohl es so schien als wäre ich allein, konnte sich mein Herz nicht so recht beruhigen. Ich starrte einfach nach vorne und versuchte mich wieder zu beruhigen.

Vermisst du mich?

Sein warmer Atem kitzelte an meinem Ohr und ließ mich zusammen zucken, doch diesmal konnte ich nicht fliehen. Ich stand zu nahe an der Schaukel und konnte mich kaum bewegen ohne nach vorne überzufallen.

Hab keine Angst kleines Mädchen.

Ich werde dir nichts tuen. 

Seine Stimme klang ruhig und beschwichtigend. Einer kleiner Teil von mir neigte sogar dazu ihm zu glauben. Mit meinen Händen krallte ich mich noch fester in die Schaukel und wartete ab, was er als nächstes tuen würde. 
Mein Rücken begann sich immer mehr anzuheizen und die wärme wanderte meine Arme entlang, bis es sich schließlich so anfühlte, als würde jemand seine Hände über meine legen. Ich bin gefangen!
Sag etwas.

Lass mich deine schöne Stimme hören.

Seine Worte klang so süß und wäre die Situation eine andere gewesen, dann wäre ich vielleicht geschmeichelt gewesen, doch in diesem Moment klang es für mich eher wie die Worte eines Psychopaten. Ich spürte immer noch seinen warmen Atem auf meinem Ohr. So gut es mir möglich war versuchte ich mich nicht zu bewegen. 

„Wieso tust du das." Meine Stimme hatte wieder mehr begonnen zu zittern.

Es gibt so viele Motive. 

Du darfst dir eines der klassischen aussuchen.

Ich antwortete zunächst nicht und begann nur die Worte in meinem Kopf zu jonglieren. Was meint er....

Komm kleines Mädchen. 

Du bist nicht dumm. 

Streng dich etwas an und wenn du es weist, dann kannst du mich ja rufen.

Was?!

Plötzlich spürte ich eine warme zarte Berührung an meinem Hals, wie schon zuvor. Diesmal verweilten die Lippen allerdings einen Moment länger an ihrem Platz, dann begann sich das Gefühl langsam in Luft aufzulösen. Eiseskälte stach nun in meinen Rücken. Langsam drehte ich mich herum und mit mir löste sich auch langsam die Wolke von dem Mond. Mein Sichtfeld wurde so mit größer. Er ist weg...

Einmal drehte ich mich noch herum, da ich mich versichern wollte, dass er auch wirklich verschwunden war. Niemand war zu sehen. Wie kann er nur so schnell...?

Mit schnellen Schritten lief ich durch den Garten zurück ins Haus. Ich hatte keine Ahnung, wer der Mann war und was er vorhatte, weshalb ich nichts riskieren wollte. Mit einer schnellen Bewegung öffnete ich die Terrassentür. Hinter mir schloss ich sie wieder und lief weiter ins Haus, als mir plötzlich meine Oma entgegen kam. Erstaunt sah sie mich an. 

„Schatz, warum rennst du den so herum?" Ich brauchte einen Moment um mich zusammen zu reisen.

„Ähm...mir war nur kalt und ich wollte mich aufwärmen." Schlechte Lüge.

Meine Oma zog eine Braue hoch und sah mich skeptisch an. Ih Blick wanderte weiter und blieb an meiner Schulter hängen. Ihre Augen wurden mit einem mal groß.

„Da ist ja meine Decke!" Hä?

Langsam ließ ich meinen Blick zu meiner Schulter wandern und tatsächlich. Die Decke, die meine Mutter mir um die Schultern gelegt hatte, lag nun wieder um meine Schultern. Ich war zuvor so auf den Unbekannten fixiert gewesen, dass ich es gar nicht bemerkt hatte. Er hat mir die Decke wieder gegeben.

Langsam zog ich die Decke von meinen Schultern und sah sie an. Mein Blick wanderte wieder zu meiner Oma, die das ganze etwas verwirrt beobachtete. Ich streckte ihr meine Hände mit der Decke entgegen. Langsam nahm sie die Decke entgegen und sah mich nach einem kurzen Augenblick auch schon wieder an.

„Die hab ich schon gesucht. Hab schon befürchtete ich hätte sie verlegt." Sie begann zu schmunzeln und schüttelte nur ungläubig den Kopf, dann schien ihr allerdings etwas einzufallen und sie sah mich wieder an.

„Warst du bis jetzt draußen." Ich nickte vorsichtig und ehe ich mich versah lag die Decke auch schon wieder um meine Schultern. 

„Kein Wunder, dass dir kalt ist. Hier mein Schatz, nimm die Decke wieder." Manchmal ist meine Oma wirklich schrecklich dafroren.

Am nächsten Tag saßen dann ich und meine Mutter um viertel nach zehn bereits im Auto. Meine Oma stand in der Einfahrt und winkte zum Abschied, während wir die Abfahrt rausfuhren. Ich lehnte meinen Kopf gegen die Scheibe auf der Beifahrerseite und starrte aus dem Fenster. Häuser zogen an uns vorbei und immer wieder auch größere Acker und Grasflächen. Meine Mutter schwieg die ganze Fahrt über und ich begann in meinem Kopf noch einmal den letzten Abend durchzugehen. So gerne ich es auch verdrängt hätte, doch die Worte dieses Mannes hallten einfach immer wieder in meinem Kopf wieder. Sie begannen sich mit anderen Worten aus Träumen zusammen zu fügen. Immer mehr fragen bauschten sich auf und mein Kopf begann schwach zu dröhnen. Motive, was für klassische Motive? Ich verstehe nicht was dieser Typ von mir will...Wie kann dieser Typ bloß real sein. Seine Stimme...ich habe sie schon so oft gehört. Gesehen habe ich ihn allerdings nur zweimal und das auch nicht richtig. Er kann einfach nicht real sein.
Willst du es wirklich weiter verleugnen? Du hast ihn doch genau gespürt. Seine Körperwärme und das Gefühl seiner Lippen auf deinem Hals.

Nein! Hör auf.

„Schatz? Hallo!" Die Stimme meiner Mutter riss mich aus meinem inneren Konflikt. Ich zwinkerte ein paar Mal und sah dann zu meiner Mutter.

„Dein Handy." Sie nickte runter und ich sah nach unten. Auf meinem Schoß lag meine Tasche und nun begann ich auch meinen dumpfen Klingelton zu hören. Mit einem Mal erwachte ich komplett und begann hastig in meiner Tasche zu kramen. Schnell hatte ich mein Handy und ging ohne wirklich nachzusehen ran.

„Hallo?" Einen Moment blieb es still.

„Miriam?" 

„Ja?" Ich hörte plötzlich laute Stimmen aus dem Hintergrund und nahm das Handy etwas von meinem Ohr.

„Hey, ich bins Briseis."

„Hey." Ich versuchte so glücklich wie möglich zu klingen, was mir überraschender Weiße gar nicht so schwer viel. Seit eine gefühlten Ewigkeit hatte ich nichts mehr von ihr gehört und ich begann beinah schon zu strahlen.

„Wie geht es dir den Mama." Briseis lachte zart ins Handy und auch ich musste etwas lächeln.

„Ganz gut. Bis jetzt hat sich noch niemand beklagt und wie gehts dir?"

„Ich sitz hier gerade am Flughafen und warte darauf das mein Vater das mit dem Zoll geregelt bekommt. Dauert sicher noch etwas, also dachte ich ich ruf dich mal an." 

„Wieso der Zoll?" 

„Mein Vater hat einen Haufen Souvenirs für die Familie gekauft und jetzt verwerfen sie ihm vor, dass er damit ein privat Business eröffnen will." Ich musst etwas schmunzeln.

„Gibt es bei dir etwas interessante?" Ich überlegte einen Moment lang.

„Nein nicht wirklich. Ich war jetzt für etwas mehr als eine Woche bei meiner Oma. Wir fahren grad Heim." Lüge!

„Klingt...entspannend. Hast du heute eigentlich noch zeit?" 
 
„Ähm...ja eigentlich schon."

„Super! Ich weiß zwar nicht wie lange ich hier noch festsitze, aber ich sag dir dann bescheid." 

„Okay." 

„Super. Ich hab nämlich eine Überraschung für dich." Plötzlich ertönte wieder eine Stimme im Hintergrund und es herrschte für einen Moment stille in der Leitung.

„Ähm. Miriam. Ich muss jetzt auflegen. Wir sehen uns dann." 

„Ja, okay. Tschüss." 

„Tschüss." Damit war Briseis weg. Ich nahm das Handy von meinem Ohr und starrte auf den schwarzen Sperrbildschirm. 

„Wer war den dran?" Ich sah zu meiner Mutter.

„Briseis. Sie will sich heute noch mit mir treffen." Meine Mutter versuchte es sich zwar nicht anmerken zu lassen, doch ich konnte ihr die Freude ansehen. Jai, meine Tochter hat soziale Kontakte.

„Schön! Kommt sie vorbei?" Manchmal bist du etwas zu interessiert.

„Weiß ich noch nicht. Sie ruft mich noch an." Meine Mutter nickte.       

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Hey Leutchens,
2oTAUSEND! Omg das ist sooooo viel! 
Leider ist das Kapitel nicht so spektakulär- Aber ich arbeite auf etwas hin...Ihr werdet es ja noch sehen;)
Auf jedenfall vielen Dank für die vielen reads und die über 1.300 Stimmen ^^

Mini<3

Pregnant Hikayelerin yaşadığı yer. Şimdi keşfedin