Regen

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Briseis Kopf ragte nun aus der Tür und sie warf dem kleinen Jungen einen bösen Blick zu. Der kleine Junge hingegen löste seinen Blick von mir und drehte den Kopf etwas nach hinten, wendete sich allerdings nicht komplett von mir ab. Briseis trat nun endgültig aus dem Zimmer und kam ein, zwei Schritte näher auf uns zu. 

„Ich hab doch nur etwas mit der nassen Frau gesprochen. War das falsch?" Seine Stimme klang nun anders, als zuvor. Etwas mehr wie ein Kind. Kurz sah er auch wieder zu mir und dieser starrende Blick war aus seinen Augen verschwunden. Briseis begann zu lächeln und trat näher auf den kleinen Jungen zu. Sie sank in die Hocke und strich dem Jungen die silberne Strähne aus dem Gesicht.

„Ist schon okay." Sie erhob sich wieder und sah mich an. Ihr Blick war nun wieder klar und freundlich, so wie ich es von ihr gewohnt war.

„Kommst du dann." Ich nickte und ging an dem Jungen vorbei, doch bevor ich den Gang hinunter ging drehte ich mich noch einmal um und verabschiedete mich von dem Jungen. Er legte den Kopf wieder schief und lächelte.

„Hoffentlich kommst du mal wieder zu besuch." Ich drehte mich herum und ging den Gang entlang, kurz bevor ich in Briseis Zimmer ging sah ich noch mal zum anderen Ende des Ganges, doch der Junge war verschwunden. Eigenartig.

Ich versuchte nicht länger darüber nachzudenken. Briseis stand in ihrem Zimmer und räumte auf ihrem Sekretär herum. Mit langsamen Schritten betrat ich den Raum.

„Du kannst dich ruhig wohin setzten." Ich nickte, auch wenn Briseis dies wahrscheinlich nicht mitbekam, da sie ihren Blick immer noch auf den Sekretär richtete. Ich lief weiter durch den Raum bis zu dem Fenster. Der Regen prasselte immer noch dumpf gegen das Fenster. Langsam ließ ich mich auf die Gepolsterte Fensterbank sinken und beobachtete weiterhin, wie der Regen mir entgegen schlug. Es gab zwar immer wieder Regen, aber nur selten Regnete es in solchen Strömen und dann auch noch so lange andauernd. Langsam hörte ich wie Schritte näher auf mich zu kamen. Ich drehte meine Kopf herum und sah Briseis, die auf mich zu kam. Sie ließ sich langsam neben mich sinken und in diesem Moment spürte ich es in meiner Hand leicht zucken. Ich machte mir aber nicht viel daraus.

„Willst du darüber reden?" Der logischste nächste Schritt wäre gewesen zu fragen von was sie sprach, doch ich wusste es. Es war auch ziemlich klar was sie meinte. Ich war mir allerdings nicht so sicher, ob ich es ihr erzählen sollte oder ob ich überhaupt darüber reden wollte. Eigentlich gab es da auch nicht viel zu erzählen. Meine Mutter hatte sich einfach trotz ihrer traurigen Vorgeschichte dazu entschlossen mich zu einem Schwangerschaftsabbruch zu nötigen. 

„Ich weiß nicht so recht." Ich sah aus dem Fenster und versuchte eine Antwort zu finden, doch das einzige was ich sah war der Regen, der, wie zuvor meine Tränen, hinunter auf die Erde fiel.

„Meine Eltern haben herausgefunden, dass ich schwanger bin. Sie haben den Test in meinem Zimmer gefunden." Briseis schwieg , doch aus demAugenwinkel konnte ich sehen, wie sich ihre Augen begannen zu verdunkeln.

„Wir haben uns darüber gestritten." Ich konnte spüren, wie Tränen begannen in meinen Augen zu brennen. 

„Ich habe ein paar schreckliche Dinge gesagt und bin dann abgehaut." Ich senkte meinen Blick und sah auf meine Hände. Eine kleine warme Tränen schlich sich langsam über meine Wange.

„Sie wollen, dass ich es abtreibe." Mit diesen Worten begannen mehr und mehr Tränen erneut zu fließen und ich begann leise zu schluchzen. Dann spürte ich einen warmen Arm, der sich sacht um mich legte. Briseis drückte mich etwas näher zu sich heran und ich weinte einfach weiter. Keiner von uns sprach ein Wort. In dem Zimmer war es ganz still, nur mein leises Schluchzen war zu hören. Ich bin mir nicht sicher wie lange ich da weinend gesessen bin. Es hat sich sehr lange angefühlt. Eigentlich hörte ich dann auch nur mit dem Weinen auf, weil ab einem bestimmten Punkt einfach keine Tränen mehr kamen. Mit meinem Handrücken fuhr ich mir über die Augen und setzte mich wieder komplett auf. Briseis begann neben mir nach etwas zu suchen und reichte mir dann eine Packung Taschentücher. Ich nahm mir eins heraus und schnäuztet mir erst einmal richtig die Nase. 

„Geht es wieder?" Ich nickte und schnäuzte mich ein weiteres mal. Irgendwie ist das befreiend.

„Am besten du bleibst noch ein bisschen hier, bis du dich wieder komplett beruhigt hast und dann solltest du mit deinen Eltern reden." Sie hat ja vermutlich recht, aber ich will nicht noch einmal mit meinen Eltern darüber diskutieren.

„Du willst das Kind behalten?" 

„Ja." Auch wenn meine Stimme bei dem Wort noch etwas zitterte, so klang sie dennoch überraschend sicher und entschlossen. Ich war selbst von mir überrascht, doch Briseis begann nur zart zu lächeln und sah nun ebenfalls kurz hinaus in den Regen.

„Da wird ja noch ganz schön was auf dich zukommen. Mutter sein ist sicherlich nicht einfach, vor allem wenn dein Kind so wird wie mein Bruder." Bei den Worten begann sie zwar etwas zu lächeln, doch ich erkannte dennoch dass etwas nicht stimmte. Ich sprach sie aber nicht darauf an. Allerdings kam mir etwas anderes in den Sinn.

„Wieso haben deine Eltern deinen Bruder eigentlich Lucius gennant. Ich mein, ist das nicht ziemlich komisch einen kleinen Jungen mit einem Namen des Teufels zu segnen." Sie sah mich nun wieder an und musste etwas schmunzeln.

„Nicht in allen Religionen ist Lucius oder Luzifer so negativ besetzt. Im Gegenteil in manchen Regionen und Glaubensrichtungen ist Luzifer durchaus positiv besetzt. Aber meine Eltern haben ihn nicht wirklich so benannt." Sie schwieg für einen Augenblick und schien im Geiste Erinnerungen heraufzubeschwören. Ihr Blick wurde dabei etwas verschleiert.
 
„Mein Bruder heißt eigentlich Denis. Allerdings hat er als kleineres Kind gerne Menschen geärgert und manche Leute reagieren eher negativ auf seinen starrenden Blick, den er manchmal hat. Mein Vater fand das teilweise sehr amüsant und begann deshalb ihn Lucius zu nennen. Er hatte auch schon immer eine Faszination für Übernatürliches und verwendete es so als Kosenamen, wenn du willst und mit der Zeit hat sich das dann bei uns so eingebürgert."

Ich war noch etwa eine weitere Stunde bei Briseis zuhause. In der zwischen Zeit hatte ich auch ihre Mutter kennengelernt, zwar nur kurz, aber sie schien wirklich nett zu sein. Eigentlich wollte ich einfach allein nach Hause gehen, doch Briseis bestand drauf, dass sie mich heimbrachte. Meine nassen Sachen hatte sie in ein Sackerl gesteckt und mit einem Regenschirm befanden rannten wir dann durch den Regen. Auf den Weg fiel Briseis dann allerdings hin und wir begannen beide lautstark zu lachen. Mit leicht Matsch verschmierter Hose lief sie dann weiter. Vor meinem Haus stoppten wir dann. Langsam bekamen wir uns wieder in den Griff. Zum Abschied umarmte mich Briseis noch und wünschte mir fiel Glück, dann nahm sie mir auch noch das Versprechen ab sie so bald wie möglich anzurufen.

Ich atmete tief ein und aus bevor ich schließlich die Türklingel betätigte. Eine dumpfes Glockengeräusch hallte aus dem Haus, doch zunächst blieb es noch still. Langsam wurde ich nervös. Wollten sich mich etwa aussperren!

Doch dann ging die Tür plötzlich auf und meine völlig aufgelöste Mutter erschien in der Tür. Ihre Augen waren rot unterlaufen und man konnte noch eine leichte Tränenspur sehen. Als sie mich dann erkannte begann sie zu lächeln und ich meinte zu sehen wie sich erneut Tränen in ihren Augen bildeten.

„Mama?" Plötzlich stürzte sie auf mich zu und schlang ihre Arme um mich.

„Mama?!" Ich spürte Tränen an meinem Hals.

„Es tut mir leid. Ich hätte dich nicht so bedrängen sollen. Es tut mir so leid." 

„Ähm,...ich...Mama ist schon gut. Ich hätte es euch vielleicht einfach früher sagen sollen."

Pregnant Where stories live. Discover now