Wie hast du dir das vorgestellt?

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Ich konnte sehen, wie sich der Blick meines Vaters begann zu verändern. Seine Augen wurden dunkel und die Muskeln um seine Mundpartie begannen sich anzuspannen. Mein Blick wanderte zu meiner Mutter. Sie wirkte ebenfalls etwas angespannt, doch ihre Augen schienen beinahe freudig zu strahlen, was mir doch so etwas wie Erleichterung gab. Meine Ärztin kam näher zu mir und lächelte. Ich begann mich wieder etwas zu entspannen, beharrte dennoch auf eine Antwort. 

„Deinem Kind geht es gut.." Mir viel ein Stein vom Herzen. 

„Die Operation verlief gut und dein Kind wird von unserem Fachpersonal betreut." Sie lächelte, doch ich wurde etwas nervös.

„Wo ist sie dann?" Nun legte meine Mutter eine Hand auf meine Schulter. Mein Blick wechselte zu ihr. 

„Es ist jetzt auf der Intensivstation und wird überwacht. Bis jetzt sieht es sehr gut aus." Das reichte mir noch immer nicht.

„Kann ich sie sehen?" Ich sah zu der Ärztin. Sie schien kurz darüber nach zu denken.

„Nun ja...sie sind gerade erst aufgewacht...Wir sollten sie auf jedenfall mal untersuchen und dann sehen wir mal weiter." Diese Antwort reichte mir nicht und ich begann auch fast zu schmollen. Eine Reihe von Checks und Untersuchungen wurden an mir durchgenommen. Ich fühlte mich wie eine weiße Ratte in einem Labor.
Letztendlich sollte es ganze drei Tage dauern bis ich endlich zu meiner Tochter durfte. Mein Körper begann sich erst sehr langsam zu erholen und die Ärzte konnten sich immer noch nicht so recht erklären, was mit mir los war. Ich hatte nur so eine Ahnung, dass es auf jedenfall etwas mit Raphael zu tuen hatte. Seine Worte aus meinem Traum, nennen wir es einmal so, schwebten immer noch in meinem Kopf umher.
So gut ich konnte und so schnell ich konnte lief ich zu der Intensivstation.
Der Raum war ebenfalls ganz weiß, genau wie das Zimmer in dem ich lag, dass ich mir im übrigen mit zwei netten Frauen teilte, die beide vor bereits einer Woche schon ihre Kinder bekommen hatten.
In einem kleinen gläsernen Kasten lag dann leicht dösend mein Kind. Ihr Körper war dünn und ganz zart, zusammen mit ihrer blassen Haut wirkte sie etwas wie eine Porzellanpuppe, die ganz leicht zerbrechen könnte, wenn man nicht vorsichtig war. Vorsichtig bückte ich mich über den Glaskasten und versuchte die Zahlreichen Geräte zu ignorieren, die um sie versammelt standen und leise surrten. 
Ich hatte wirklich versucht leise zu sein, doch kaum hatte ich mich über den Kasten gebeugt öffnete dieses kleine Wesen auch schon ihre Augen. Zwei helle giftgrüne Augen leuchteten mir kräftig und satt entgegen. Sie bildeten so einen ziemlich starken Kontrast zu ihrer restlichen Erscheinung. Ich musste etwas verträumt lächeln, als ich ihren wachen Blick sah.

„Hallo du kleiner Knirps." Flüsterte ich ganz leise, so dass ich es nicht einmal richtig verstand. Sie legte ihren Kopf schief und sah mich an, als würde sie sich über meine Aussage wundern. Kann sie das eigentlich überhaupt?

„Tut mir leid, dass du so früh wieder aus mir raus musstest. Ich hatte mich gerade an dich gewöhnt." Ich meinte so etwas wie ein freudiges strahlen in ihren Augen zu sehen, aber es war schwer zu sagen, ob ich mir das nur einbildete.

„Sie ist wirklich schön. Du hast dir anscheinend einen schönen Mann ausgesucht." Meine Mutter stand neben mir und bei ihren Worten spürte ich wie mein Herz mit einem mal schwer wurde.

„Ja...das ist er." Es viel mir immer noch schwer zu akzeptieren, dass dieses kleine Mädchen wirklich mit ihm verwand seien sollte. Sie wirkte so unschuldig und ich konnte einfach nicht vergessen, was er anderen Menschen angetan hatte.
Ich sah wieder zu meinem kleinen Mädchen und musste feststellen, dass ihre Augen wieder geschlossen waren.

„Irgendwann stellst du ihn uns ja hoffentlich mal vor." Bei den Worten blieb mein Herz stehen, doch ich versuchte mir nichts anmerken zu lassen und lächelte. 

„Ja...sicher. Irgendwann." Wenn ich dann überhaupt noch da bin.

Ich verbrachte sehr viel Zeit von nun an im Krankenhaus. Über ein Monat allein brauchte meine Genesung. Immer wieder sackte mein Körper zusammen, weshalb sie mich irgendwann einfach nur noch ans Bett fesselten und ich nur unter Aufsicht einer Schwester oder meine Familie zu meinem Baby durfte. Die Augen hatte sie nur noch geschlossen, wenn ich da war, so dass ich mir nicht einmal mehr sicher war, ob sie die Augen an jenem Tag wirklich geöffnet hatte.
Durch ein kleines Loch konnte ich meine Hand in den Kasten reichen und ganz sanft über ihren Körper streichen. Mehr Körperkontakt wahr zunächst noch nicht erlaubt. 
Briseis kam mich in diesem Monat oft besuchen. Von der Schule redete allerdings keiner von uns. Es gab auch eigentlich nicht viel zu berichten, wie ich mir dachte und selbst wenn wollte ich es eigentlich auch gar nicht wissen. Briseis wirkte allerdings mit jedem Tag ausgelaugter und es dauerte eine Zeit bis ich aus ihr rausbekam was der Grund war, obwohl ich es mir eigentlich eh hätte denken können. Lucius war immer noch nicht aufgewacht und ihre Eltern, genauso wie die Ärzte gaben langsam die Hoffnung auf, nur Briseis hielt noch richtig an ihm fest. Sie tat mir in dieser zeit unglaublich leid und ich war ein paar mal so kurz davor ihr von allem zu erzählen, doch irgendetwas schob sich immer dazwischen und dann verlor ich den Mut. 

Generell war diese Zeit im Krankenhaus komisch, denn obwohl ich viel Zeit allein verbrachte fühlte ich mich nicht so. Ich hatte eher ständig das Gefühl, dass jeder in diesem verdammten Gebäude mich beobachtete und so richtig vertraute ich niemanden, da ich angst hatte sie könnten auch in diese Welt gehören. Ich versank also die meiste Zeit in meine Gedanken und wartete die Zeit ab, die ich noch hier verbringen musste. Lucifer oder vielleicht besser Gabriel war dabei mein ständiger Begleiter. Unsere gemeinsame zeit verfolgte mich dabei wie ein Schatten und riss die Wunden in meiner Brust von einem mal aufs neue auf. 
Dieser Wunsch, meine Arme wieder fest und unbekümmert um ihn schlingen zu können und ich einfach zu küssen, wurde immer stärker und so sehr ich damit auch begann an mir selbst zu zweifeln, so sehr gefiel mir aber auch die Vorstellung. Es kann doch nicht alles nur ein Schwindel gewesen sein. Irgendetwas wahres muss doch dabei auch gewesen sein. Niemand kann doch einem Gefühle so vorspielen, oder? Wahr ich einfach nur zu naiv um die Anzeichen zu erkennen oder wollte ich sie nicht sehen?

Ab einem gewissen Punkt konnte ich es dann endgültig nicht mehr leugnen. Ich liebte Lucifer trotz allem immer noch und das würde sich auch, wahrscheinlich egal wie schlimm seine Taten seinen mochten, nicht ändern. Nicht wenn er dann wieder versuchte mich zu retten und ich spürte, wie mein Herz dabei einen kleinen Salto schlug. 


Pregnant Where stories live. Discover now