Chapter 2

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Isaac P.O.V

Natürlich wurde ich schon beim Bewerbungsgespräch über den Quälgeist aufgeklärt, aber das brachte mich nur noch mehr dazu, diese Stelle anzunehmen.

Nick und ich liefen stumm nebeneinander in das Schulgebäude.

"Wurdest du schon gezähmt oder was? Hat ja nicht einmal sechs Stunden gedauert!" rief ein Schüler Nick zu. "Bist du betrunken? Ich hab gerade erst angefangen, ihn zu zähmen." erwiderte Nick.

Manchmal stach sein Akzent leicht heraus. Man bemerkte es nur, wenn man darauf achtete. Bewundernswert, schließlich lebte er erst seit zwei Jahren hier.

"Elliot und ich haben auf vier Tage gewettet, enttäusche uns nicht!" Ich nehme an, die Wette bezog sich auf die Zeit, die Nick braucht, um mich zu verscheuchen.

Nick betrachtete mich bloß von der Seite und grinste frech. "Hören Sie nicht auf die, ich will mein neues Spielzeug doch nicht sofort kaputt machen."

Ich schmunzelte und klopfte ihm auf die Schulter. "Sag ihnen, sie können ihre Wette auf zwei Monate erhöhen. Ich bin eine sehr geduldige Person." erklärte ich dem Rothaarigen lächelnd, bevor ich die Treppen rauf ins Lehrerzimmer verschwand.

"Mister Hilton, ich habe schon auf sie gewartet." Der Schulleiter drückte mir eine dicke Mappe in die Arme. "Das ist die Akte von Nick Bauer." erklärte er.

Wow, ich weiß nicht, ob ich Respekt oder Ehrfurcht verspüren sollte.

Ich legte die Mappe auf einen freien Tisch und fing an, mich grob durch die Seiten zu lesen.

"Nach einigen Vorfällen hat sich das Kollegium dazu entschieden, sämtliche Vorfälle schriftlich festzuhalten." Verstehend nickte ich. Einige Auszüge von E-Mails und Briefen waren auch sorgfältig eingeheftet.

"Was sagen seine Eltern dazu?" fragte ich. "Nun, sein Vater besitzt kein Sorgerecht und die Mutter, sie reagiert nicht auf unsere Benachrichtigungen. Das Jugendamt hat es auch schon versucht, doch Frau Bauer wehrt sich gegen den Kontakt."

Das muss schrecklich für den Jungen sein. Er ist gerade einmal siebzehn und muss schon mit so viel Ablehnung seiner eigenen Mutter kämpfen.

"Hat er Kontakt zu seiner Mutter?" fragte ich vorsichtig. "Soweit wir informiert sind, nein. Der einzige Kontakt besteht in Überweisungen an die Schule. Sie bezahlt für seine Bildung und den Aufenthalt im Internat." Das war ja schließlich das Mindeste!

Ich seufzte. Was für eine schreckliche Situation.

"Hat sich schon einmal ein Psychologe mit ihm auseinander gesetzt?" fragte ich weiter. "Natürlich. Motorische Fähigkeiten und Fertigkeiten sind in allen Bereichen in überdurchschnittlich positivem Bereich, keine psychologische Störung feststellbar und einer Therapie willigt er nicht ein."

Wahrscheinlich wusste man über keinen anderen Schüler so sehr Bescheid wie über den Jungen.

"Wie ist er im Unterricht?" Der Schulleiter sah auf seine Uhr. "Das werden Sie gleich selbst erfahren." Also begann es jetzt wohl, meine erste, offizielle Unterrichtsstunde.

Schon beim Eintreten wurde ich mit gesundem Lärm begrüßt. "Guten Morgen." Es wurde etwas ruhiger, als ich meine Tasche auf dem Pult ablegte.

"Ich übernehme den Biologieunterricht ab heute. Haben Sie bisher viel mit dem Buch gearbeitet?" fragte ich.

Ein paar Schüler schüttelten den Kopf, andere brummten ein gelangweiltes "Nah" vor sich her.

"Wollen Sie sich vielleicht nicht erst einmal richtig vorstellen?" Letzte Reihe also, nicht wirklich überraschend.

Eher überraschend war, dass Nick ganz alleine saß.

"Haben Sie Angst, meinen Namen zu vergessen?" erwiderte ich. "Nein, es ist nur so, dass nicht jeder Schüler hier auch aus dem Internat kommt und Sie deswegen noch gar nicht kennen kann."

Tja, die Niederlage gebe ich offen zu.

"Verzeihung, das hatte ich nicht bedacht. Für diejenigen, die mich noch nicht kennen..." Ich drehte mich um, um mir ein Stück Kreide zu nehmen, doch indem Moment, als ich mit der Tafel in Berührung kam zog sich ein kurzer Schmerz durch meine Finger.

Erschrocken zog ich meine Hand wieder zurück, massierte mir kurz den Handballen, der sich leicht verkrampft hatte.

"Alles in Ordnung?" fragte eine der Schülerinnen besorgt. "Ja, danke. Nur ein kleiner Schlag." murmelte ich. "Oh, damit sollten Sie aufpassen, unsere letzte Lehrerin hatte ein schwaches Herz, solche Schläge bekamen ihr gar nicht gut." meinte Nick.

Er hatte dieses Grinsen auf seinen Lippen. 'Ich habe gewonnen', das strahlte seine Mimik aus.

"Was das angeht kann ich Sie beruhigen, mein Herz ist bei bester Gesundheit, was das hier angeht..." Ich zog den kleinen Elektroschocker unter der Eisenverzierung der Tafel hervor und warf es auf den Boden.

"Ich hoffe, dass haben Sie nicht mehr gebraucht." Jetzt konnte ich endlich nach der Kreide greifen und meinen Namen an die Tafel schreiben.

"Isaac Hilton, gibt es zu meiner Person noch fragen?" Ein paar schüchterne Hände hoben sich.

"Wie alt sind Sie?" Eine Frage, die man nur stellen kann, wenn die andere Person weiß, dass damit 'Sie sehen so jung aus', gemeint ist. "Dreiundzwanzig."

Nick betrachtete mich konzentriert, als wolle er sich mein Verhalten einprägen. "Was haben Sie für Hobbies?" Ich überlege kurz, was die beste Antwort darauf wäre.

Nicht, weil ich nicht genug Hobbies hätte, sondern weil ich nicht zu viel unnötige Informationen vergeben wollte.

"Nun, ich lese sehr viel und übe mich in der Kunst des Kochens." Das sollte reichen.

Nicks Blick verfolgte mich trotzdem die Stunde über. Ich spürte seinen Blick am stärksten von allen.

A losing Game | BoyXManWhere stories live. Discover now