Chapter 77

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Nick P.O.V

"Herr Braun, Sie sehen noch genauso scheiße aus, wie vor zwei Jahren. Oder darf ich inzwischen Papa sagen?" fragte ich meinen alten Lehrer.

"Woher wusstest du von der Hochzeit?" fragte er. Das war also das erste, was ihm einfiel.

Keine Ahnung, was ich erwartet habe, ein bisschen mehr Wut vielleicht.

"Hast du nicht erwartet, oder? Nachdem ihr mich nach Amerika abgeschoben habt und sich keiner mehr gemeldet hat, hattest du deine Ruhe. Jetzt hast du nur ein Problem, ich bin Zuhause." zischte ich und machte einen Schritt nach vorne, damit ich direkt vor ihm stand.

Dieser Bastard hatte die Nerven, den Kopf zu schütteln und auch noch einen beschissenen Kommentar abzulassen. "Die einzige Person, die dich abgeschoben hast, warst du selbst und du hast meinen Beruf gleich mit dir gewonnen. Wusstest du, dass keine Schule im Umkreis von 100 Kilometern mich als Lehrer einstellen wollte?" fragte er.

Gehässig lachte ich auf. "Vielleicht wollten sie einfach die anderen Mütter beschützen." meinte ich und schuckte ihn nach hinten. Ja, ich wollte Streit, ich wollte seine gesamte scheiß Hochzeit ruinieren, wie ich seine Karriere ruiniert hatte.

"Nick!" Meine Mutter stellte sich direkt vor mich. "Es reicht." Ernst sah sie mich an. Hah, wann hatte ich den Gesichtsausdruck zum letzten mal gesehen? Als sie mich in den Flieger gesteckt hat, hat sie nicht einmal geweint. Schätze, bei uns liegt Empathie wohl nicht im Blut

"Hallo Mama, hast du mich vermisst?" fragte ich. Sie schickte ihren neuen Mann weg. Schade, dabei fand ich unsere Unterhaltung gerade so schön. "Wieso bist du hier? Willst du mir erzählen, was für eine schlechte Mutter ich bin?" erwiderte sie.

Ich sah die Frau vor mir an. "Nein, ich bin eigentlich hier, damit du mir eine Frage beantworten kannst." Jetzt, wo wir uns gegenüber standen, nein, schon vorher, hab ich endlich verstanden, warum ich zu dieser scheiß Hochzeit wollte.

"Hat es dir überhaupt weh getan, als du mich weggeschickt hast? Ich meine, du hast dich nie gemeldet." fragte ich. Sie verschränkte die Arme vor der Brust. "Hast du mich angerufen?" Fassungslos atmete ich auf. "Die Schule hat sich-"

Meine Mutter unterbrach mich, bevor ich meinen Satz beenden konnte. "Ich rede nicht von der Schule, ich rede von dir. Du hast nie angerufen oder mir überhaupt geschrieben." Allein dieser Satz sagte mir schon alles über meine Mutter aus. Ich konnte von ihr keine Liebe oder Zuneigung mehr erwarten.

Aber ich will wenigstens abschließen können. Ich will das ausgesprochen haben, was ich schon vor zwei Jahren hätte sagen sollen.

"Weißt du, was dein Problem ist, Mama? Du bist Mutter geworden, bevor du überhaupt erwachsen geworden bist." meinte ich, ließ all meine schlechten Emotionen los und sah sie ruhig an. "Es ist nicht meine Schuld, dass Papa uns verlassen hat und es ist nicht meine Schuld, dass du mir nicht sagen konntest, dass du eine Beziehung mit einem meiner Lehrer führst. Ich war ein Kind und du hast von mir verlangt, dass ich für dich zum Erwachsenen werde, weil du es nicht sein konntest."

Völlig unbeeindruckt sah sie mich an, als hätte sie mir nicht einmal zugehört. "Dann bist du also hier, um mir zu erzählen, wie ich bei deiner Erziehung versagt habe?" fragte sie nach einem kurzem Moment der Ruhe.

"Nein, es ist völlig egal, was ich dir sagen werde, weil es dir egal ist. Ich will nicht mehr länger sauer auf dich, oder auf deinen Mann sein. Macht miteinander, was immer ihr wollt, ich hab eine Familie und dass sind Lea und Isaac, mehr brauche ich nicht." meinte ich.

Das war also das letzte Gespräch, was ich je mit meiner Mutter führen würde. Ein Abschied, wenn man es so will.

"Also verpiss dich mit deiner scheiß, perfekten Familie." bat ich. Mir war es egal, dass meine Stimme abbrach, dass ich kurz vorm Heulen war. Dann tat meine Mutter das, was ich am wenigsten von allem erwartet hatte.

Sie sah mich an, mit festem Blick, während Tränen aus ihren Augen traten. Sie fing an zu weinen. "Du weißt nicht, wie es ist, sich zwischen seinem Kind und seinem Geliebten entscheiden zu müssen." murmelte meine Mutter.

Soll das jetzt etwa eine Rechtfertigung sein? Dass sie es ja auch nicht leicht hatte, mit ihrer Entscheidung?

"Dass du dich gegen dein Kind entschieden hat beweist, was für eine Mutter du bist und ich hoffe, dass du nicht den gleichen scheiß mit meinem kleinen Bruder machst. Aber das ist jetzt nicht mehr mein Problem." Und damit ging ich weg. Weg von meiner Mutter, von meinem Leben, bevor ich nach Amerika kam.

Ich war kaum um die Ecke gekommen, da gaben meine Knie schon auf. "Nick!" Hände, warme Hände legten sich unter meine Arme, zogen mich an einen Körper, den ich unter egal welchen Umständen erkannt hätte.

"Alles gut, ich bin hier." Isaac kniete mit mir gemeinsam auf dem Boden, hielt mich in seinen Armen, während ich zusammenbrach.

"Ich bin bei dir Nick, es ist okay." 

A losing Game | BoyXManWhere stories live. Discover now