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Hannah wählte bereits Bens Nummer, während sie in den Flur ging. Maite kam ihr entgegen und plapperte drauf los. „Psst. Ich versuche gerade Ben nochmal zu erreichen." Ihre beste Freundin verstand und ging ohne einen weiteren Mucks von sich zu geben wieder zu Paddy ins Wohnzimmer. Es klingelte ein paar Mal, bis Ben an sein Handy ging: „Hallo Hannah meins Süße! Bisu gut ankom?" Hannah schlug sich mit ihrer flachen Hand auf die Stirn und rieb sich anschließend die Augen. Das war ja klar, dass Ben ordentlich Alkohol getankt hat und vermutlich kein anständiges Gespräch zu Stande brachte. „Hey, ja ich bin gut angekommen. Ich nehme an, bei dir war es heute feucht fröhlich?" Sie lauschte und drückte ihr Handy fester ans Ohr. Allerdings hörte sie nur noch ein Rascheln am anderen Ende und einen dumpfen Schlag, gefolgt von einem Fluchen. „Ben?", fragte sie vorsichtig. „Alls gut. Mir is nur dis Hany aus Hand gfaln." Hannah musste grinsen. Natürlich hätte sie es besser gefunden, wenn Ben nüchtern gewesen wäre, aber das Telefon schien amüsant zu werden: „Hannah?" „Jaaa Ben, ich bin noch da." „Bisu gut ankom?" „Jaaa Ben, auch das habe ich dir gerade gesagt. Alles gut." „Dis is gut. Dis is gut. Hannah?" Hannah lachte: „Ja?" Wieder hörte sie nur ein Rascheln, gefolgt von Bens lallender Stimme: „Du fehls mir. Komm na Hause." Ben war eigentlich nie ein Süßholzraspler. Das war eindeutig der Alkohol, der aus ihm sprach. „Du fehlst mir auch. Ich glaube du solltest aber so langsam ins Bett gehen und wir telefonieren morgen nochmal. Und vielleicht solltest du auch nochnmal ordentlich Wasser trinken und eine Aspirin nehmen?" Sie hörte Ben am anderen Ende seufzen: „Nee, kein Wasaa kein Asprin, mir geht's gut, wirklisch. Aba wie soll ich denn ohne disch einschlafn?" Hannah grinste: „Einfach ins Bett legen und Augen zu." „Gutt. Einfach ins Bet un Augn su. Nachti Hannah!" Sie hörte förmlich wie er sich, hoffentlich ins Bett, fallen ließ. „Gute Nacht, Ben."

Lächelnd ging Hannah zurück ins Wohnzimmer. „Ich nehme an, du hast Ben erreicht?", bemerkte Maite. Hannah nickte und erzählte ihrer Freundin von dem sehr amüsanten Gespräch: „Der wird morgen ordentlich verkatert sein." Paddy guckte skeptisch: „Machst du dir denn keine Sorgen?" Sie verstand die Frage nicht so ganz: „Wieso sollte ich mir Sorgen machen?" Er zuckte mit den Schultern. „Weiß nicht. Vielleicht macht er ja irgendwelche Dummheiten, wenn du nicht da bist und er betrunken ist." Hannah winkte seine Bemerkung leichtfällig ab: „Ach was, ich vertraue Ben voll und ganz. Der bleibt anständig, auch wenn er betrunken ist." „Ich wünschte so viel Vertrauen würde mir auch einmal entgegen gebracht werden." Maite und Hanna schauen ihn verblüfft an. Seine Schwester zögerte eine Weile, ehe sie ihm doch die Frage stellt, die auch Hannah auf der Zunge lag: „Vertraut dir Joelle etwa nicht?" Paddy, der noch auf dem Boden saß, schwang sich aufs Sofa und legte sich gekonnt in eine bequeme Position. Dabei verschränkte er die Arme hinter seinem Kopf und zog pfeifend die Luft ein: „Du weißt doch wie Joelle ist. Klar, das mit der Eifersucht haben wir geklärt", bei diesem Satz schaute er Hannah vielsagend an, „aber sobald es um Partys geht, auf denen andere Frauen sind und noch dazu Alkohol fließt, ist Joelle nicht zu bremsen. Wenn ich mich einmal nicht melde, dann ist das Geschrei groß." Maite schaute Paddy unglaubwürdig an: „Das habe ich ja noch nie mitbekommen. Ich glaube du übertreibst." „Du bekommst so einiges nicht mit", nuschelte Paddy vor sich hin. Hannah verstand Paddys vorwurfsvollen Unterton in seiner Stimme nicht und hielt sich aus diesem Gespräch raus, um die Situation weiter zu beobachten. „Jetzt zick mich nicht an. Ich kann auch nichts dafür, dass es mit Joelle nicht so läuft wie du das gerne hättest." Ohne weiter auf Maite einzugehen, stand Paddy auf und wünschte seiner Schwester und Hannah eine gute Nacht.

„Frag nicht", sagte Maite, als sie Hannahs fragenden Blick sah. „Ich habe ja gesagt, seine Launen sind zurzeit echt unerträglich." Das mit Joelle belastet ihn ganz schön oder?", fragte Hannah nachdenklich, während ihre Freundin nickte. „Ja in der Tat. Paddy macht immer auf stark, aber ich glaube diese Beziehung bringt ihn noch um den Verstand." Hannah wurde nachdenklich. Sie hasste es, wenn es Paddy nicht gut ging und hatte immer den Drang ihm zu helfen. Immer, wenn sie ihn in den letzten Jahren gesehen hatte, wirkte er immer gut gelaunt und fröhlich. Es wunderte sie, dass er auf einmal solche Töne über Joelle anschlägt. Sonst hatte er immer betont wie glücklich er war. Die Aussage wurde Hannah auch bestätigt, als sie die beiden hin und wieder zusammen sah. Früher war ihr Joelle ein Dorn im Auge und zugegebenermaßen auch ein wenig eifersüchtig auf sie, aber das legte sich mit der Zeit wieder. Sie fand Joelle mittlerweile sogar sympathisch, auch wenn ihr Start damals alles andere als gut war. „Sag mal Maite, hast du eigentlich noch guten Kontakt zu Joelle?", fragte Hannah. „Doch, klar", antwortete sie wahrheitsgemäß. „Über Paddy reden wir aber kaum. Ich glaube, sie will ihre Probleme mit Paddy nicht mit seiner Schwester besprechen, was ich auch vollkommen verstehen kann. Ich bin einfach zu nah an Paddy dran." Hannah nickte verständnisvoll. „Aber ich muss auch gestehen...ich habe das Gefühl, dass sie etwas bedrückt. Sie erzählt viel von ihrem Studium und ihrer Lerngruppe. Du merkst bei den Telefonaten, dass sie in ihrer Lerngruppe richtig aufgeht und wenn sie etwas von Paddy erzählt wirkt sie so reserviert. Weißt du was ich meine?", fragte Maite. „Mhh...ich denke schon. Ich kann Joelle aber auch verstehen. Ich mein, ihr Studium ist vielleicht gerade ihre Welt und da gehören auch ihre Freunde dazu, mit denen sie täglich zutun hat." Maite schnaufte etwas verächtlich: „Und der Freund gehört nicht in ihre Welt?" Hannah lächelte Maite schief an: „Natürlich gehört er auch dazu...ach ich weiß doch auch nicht, was in den Köpfen von Joelle und Paddy vor sich geht. Paddy kann sich gerne bei mir ausheulen, wenn er das möchte. Du weißt genauso gut wie ich, dass ich immer für ihn da bin. Ich kann ihm auch gerne Ratschläge geben, aber im Endeffekt muss er wissen, was tut." Maite überlegte eine Weile, stimmte ihr dann jedoch zu: „Vielleicht kannst du Paddy wirklich auf andere Gedanken bringen und ihn dazu bringen über seine Wehwehchen zu reden. Ich würde mich auf jeden Fall darüber freuen, wenn sich seine Laune endlich wieder bessern würde." Hannah gähnte herzlich: „Mhh, ja ich gebe mein Bestes. Willst du mir vielleicht so langsam mein Schlafgemach zeigen, Frau Kelly? So langsam bin ich echt müde."

Gemeinsam gingen die beiden in den ersten Stock, wo Maite Hannah ihr Zimmer zeigte, das sogar ein eigenes Bad besaß: „Wow!", war alles, was Hannah sagen konnte. Maite lachte sie an und wünschte ihr eine gute Nacht, ehe sie in einem Zimmer am Ende des Flurs verschwand.

Zwischen Liebe und FreundschaftWhere stories live. Discover now