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Als Hannah aufwachte, war Paddy bereits aufgestanden und nicht mehr in ihrem Zimmer. Ihr Kopf fühlte sich schwer an und ihre Kehle staubtrocken. Sie ließ ihren Blick durchs Zimmer schweifen und erblickte die Wasserflasche, aus der sie zuvor getrunken hatte. Langsam schwang sie ihre Beine aus dem Bett und setzte sich vorsichtig auf die Bettkante. Ihr Magen rebellierte immer noch ein wenig, aber immerhin ließen die Kopfschmerzen nach. Sie stand auf und schnappte sich die Wasserflasche, trank in kleinen Schlucken und in Zeitlupe die ganze Flasche leer auf einmal leer. Auf dem Schreibtisch fand sie eine Notiz von Paddy:

"Hey betrunkenes Murmeltier. Ich hätte dich gerne weiter gepflegt, aber die Arbeit ruft. Komm später einfach wieder zur Halle, wenn es dir besser geht. Melde dich einfach bei Kira. Sie weiß Bescheid und kann dir dann Tom vorbei schicken. Bis später, P."

Auf dem Zettel war ebenfalls Kiras Nummer vermerkt. Hannah nahm sich ihr Handy und speicherte Kiras Nummer gleich ein. Sie fühlte sich allerdings noch nicht in der Lage sich fertig zu machen, so dass sie sich wieder ins Bett legte und versuchte den Abend zu rekonstruieren. Hannah schloss die Augen und ging den Abend nochmal im Kopf durch; An das Gespräch mit Maite kann sie sich noch gut erinnern. Kira und Angelo unterhielten sich angeregt in einer Ecke, dann das große Besäufnis an der Bar mit den Jungs. Maite, die sie dazu bringen wollte, ins Bett zu gehen...verschwommen erinnerte sie sich, wie sie weinerlich am Fahrstuhl stand und wie sie auf dem Bett saß...Paddy, der vor ihr kniete und ihre Schuhe auszog. Im Halbschlaf dachte sie daran, wie sie sich auf die Seite legte und sich ein wohliges Gefühl in ihrer Magengegend breit machte. Sie träumte, wie sie eng umschlungen im Bett lagen "...Nicht, dass wir später etwas bereuen." Schlagartig öffnete Hannah die Augen. War das ein Traum oder doch eine verschwommene Erinnerung von gestern Abend? Sie war tierisch verwirrt und ärgerte sich, dass sie Dank des Alkohols Traum und Erinnerung nicht auseinander halten konnte. 'Nie wieder werde ich so viel über den Durst trinken', dachte sie sich und stand auf, um zu duschen. Trotz der Verwirrung in ihrem Kopf musste sie sich eingestehen, dass dieser Gedankenfetzen an und mit Paddy ihr eine wohloge Gänsehaut verschaffte.

Nachdem sie geduscht hatte und sich wieder fit fühlte, rief sie bei Kira an: "Na du. Wenn du dich nicht bald gemeldet hättest, hätte ich persönlich nach dir geschaut", sagte Kira. Hannah hörte, wie sie am Telefon grinste. "Paddy und Maite schlagen sich wegen dir hier fast die Köpfe ein." "Wieso denn das?", fragte sie und wurde von einem schlechten Gewissen geplagt. "Maite gibt Paddy die Schuld für deinen kleinen Absturz gestern, aber nichts, was die beiden nicht aus der Welt schaffen können. Alles gut, mach dir keine Sorgen deswegen." "Oh man, das wollte ich wirklich nicht. Du kannst den beiden aber ausrichten, dass es mir gut geht. Kannst du mir Tom vorbei schicken? Ich warte dann in der Lobby", fragte Hannah und lief in ihrem Zimmer auf und ab. "Geht klar, wir sehen uns ja dann gleich." Nachdem Hannah eine weitere Wasserflasche und ihr Handy in ihrer Handtasche verstaute, machte sie sich auf den Weg in die Lobby, wo Tom bereits auf sie wartete. "Guten morgen, du hast bestimmt Hunger", Begrüßte er sie und hielt ihr einen Kaffeebecher und eine Tüte vom Bäcker hin, die sie dankend annahm. Ehe sich Hannah versah war sie auch schon in der Westfalenhalle und wurde von Kira begrüßt. "Na du siehst aber noch ein bisschen blass um die Nase aus." Hannah lächelte: "Es geht mir aber schon besser." Kira nickte. "Du musst mir später von deinem Abend erzählen. Vorerst solltest du dich aber bei Paddy und Maite melden." "Uff...na das kann ja was werden." Hannah befürchtete das Schlimmste. Mit einem flauem Gefühl im Magen betrat sie die Halle. Paddy stimmte gerade seine Gitarre, während Maite zusammen mit Patricia und Barby auf der Bühne stand und Anweisungen des Tontechnikers befolgte. Als Maite Hannah erblickte fing sie laut an ins Mikrofon zu fluchen: "What the hell1! Frau Münch was fällt dir eigentlich ein? Ich habe mir voll die Sorgen gemacht!" Maite sprang von der Bühne, während Paddy seine Gitarre weglegte und seiner kleinen Schwester auf den Schritt folgte. Hannah blieb verlegen stehen und ließ Maites Standpauke über sich ergehen. Wenn Maite schon ihren Nachnamen nennt, konnte das nichts Gutes bedeuten: "Ich hab dir gesagt, du sollst ins Bett gehen. Was hast du dir dabei nur gedacht? Und du solltest doch auf Hannah aufpassen, du Idiot", fauchte Maite in Paddys Richtung, der genervt wirkte: "Habe ich doch, aber versuch doch mal diesen Dickschädel da zu überzeugen. Du hast es ja selbst auch nicht geschafft." Hannah schaute zwischen Paddy und Maite hin und her: "Leute, macht mal einen Punkt. Ich bin alt genug, um auf mich selbst aufzupassen. Hört auf euch gegenseitig die Schuld in die Schuhe zu schieben, die ganz allein bei mir liegt. Ich bin mit den Kopfschmerzen und der Übelkeit schon genug gestraft." Doch Paddy und Maite ignorierten sie und stritten sich weiter. "JETZT HÖRT ENDLICH AUF", schrie Hannah schon fast, hatte jedoch endlich die Aufmerksamkeit der beiden. Paddy schmunzelte, während Maite schnaubte. "Ich lasse euch beide nie wieder alleine und heute gibt es nichts Alkoholisches für euch." Hannah lächelte schief: "Glaub mir, darauf habe ich heute auch defintiv keine Lust drauf. Allein, wenn ich daran denke, wird mir schlecht." Als Maite Hannahs angewidertes Gesicht sah, machte sie einen zufriedenen Eindruck. Sie boxte Paddy auf die Schulter, der laut aufschrie, und ging wieder zu Patricia und Barby auf die Bühne. Hannah sah Paddy gespielt beleidigt an: "Dickschädel, ja?" Er lächelte verlegen. "Was hätte ich sonst sagen sollen? Außerdem entspricht es der Wahrheit. Wenn du dir mal etwas in den Kopf gesetzt hast." Hannah streckte ihm die Zunge raus: "Ja, ja schon gut. Mach dir keine Sorgen. Nochmal danke, dass du den Babysitter gespielt hast." Er lachte und nahm sie in die Arme: "Gerne, aber nochmal mache ich die Kotzerei nicht mit." Zwinkernd drehte er sich um und widmete sich wieder der Gitarre. Hannah musste unwillkürlich lächeln. Sie war Paddy unendlich dankbar, dass er sich um sie gekümmert hat und doch alles so locker sah. Während sie so da stand, beobachtete sie Paddy, der sich auf seine Gitarre konzentrierte und sich voll und ganz den Vorbereitungen für das nächste Konzert widmete. Dabei dachte Hannah auch an ihre wirren Gedanken, die sie zuvor an ihn verlor. 'Wie wäre es wohl, wenn das ganze wirklich passiert wäre?' Die Wärme von heute Vormittag breitete sich wieder in ihrem Bauch aus, die sie aufschrecken ließ. Kopfschüttelnd verließ sie die Halle. "Hannah, das kann doch nicht dein Ernst sein?", ermahnte sie sich selbst, doch auf der anderen Seite fand sie die Sache doch gar nicht so abwegig.

Zwischen Liebe und FreundschaftWhere stories live. Discover now