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„Hey Ben, na bist du wieder nüchtern?" „Warum zur Hölle gehst du nicht an dein Handy?", fragte Ben gereizt. „Tut mir leid, ich war heute Mittag mit Maite unterwegs und die hatte es ziemlich eilig. Ich hatte mein Handy nicht dabei", versuchte sich Hannah zu erklären. „Kaum bist unterwegs, schon kann ich dich nicht mehr erreichen und bin abgeschrieben." „Das stimmt doch gar nicht", bitte sei nicht sauer. „Mhh", grummelte Ben ins Handy und war immer noch nicht zu 100 Prozent besänftigt. Hannah versuchte seine schlechte Laune zu überhören: „Was macht denn dein Kopf? Und wo warst du gestern überhaupt?" „Geht. Ich war gestern nach der Arbeit noch mit ein paar Leuten in einem Club. Stefan hatte Geburtstag und einen ausgegeben." „Ein paar mehr würde ich sagen", sagte Hannah verschmilzt. „Ja kann schon sein", sagte Ben knapp. „Hör zu, ich muss gleich los. Ich bin noch verabredet. Ich schreibe dir später, ok?" Etwas perplex über diese Entwicklung des sehr wortkargen Gesprächs verabschiedete sich Hannah und legte auf. Sie setzte sich auf das Bett und machte sich Sorgen. So hat Ben noch nie reagiert und so abgewimmelt hatte er sie auch noch nie, auch wenn es nicht mochte zu telefonieren. Schnell tippte Hannah eine SMS:

Ist alles in Ordnung bei dir? Es tut mir wirklich leid, dass ich mich nicht gemeldet habe. Bitte sei nicht sauer. Kuss

Diesmal steckte sie ihr Handy in ihre Hosentasche. Schließlich wollte sie es nicht noch einmal irgendwo rumliegen lassen und schon gar nicht jemanden damit nerven, wenn es klingelte. Zwei Stufen auf einmal nehmend ging sie wieder zu Maite, die zusammen mit Patricia und Barby zusammensaß und redete. „Hannah zeig uns mal deine neuen Sachen, die du gekauft hast. Maite hat so von einem Kleid geschwärmt, das du dir gekauft hast." Hannah nickte und holte ihre Einkauftasche, die noch im Flur stand, hervor. „Oh das ist aber hübsch", sagte Patricia anerkennend und betrachtete auch die anderen Fundstücke. „Vielleicht sollten wir auch mal dahin gehen, Barby." Barby nickte ihrer Schwester zu und strich über den dunkelblauen Baumwollstoff. „Wollen wir den Abend noch mit einem schönen schnulzigen Film ausklingen lassen?", fragte Maite in die Mädchenrunde. Als alle freudig zustimmten, machten sich Maite und Patricia auf den Weg in Maites Zimmer, während Barby und Hannah einen Abstecher in die Küche machten, Knabberkram und Getränke auf einem Tablett drapierten und sich anschließend den anderen anschlossen. „Pretty Woman? Wirklich jetzt?", fragte Hannah. „Was hast du denn gegen den Film?", fragte Maite. „Eigentlich nichts, ich kenne den nur in und auswendig." Maite grinste breit: „Na dann umso besser." Die jungen Frauen genossen den Abend unter sich und sangen bei „Pretty Woman" lauthals mit. Ihr Handy hatte Hannah jedoch immer im Visier, aber Ben antwortete nicht.

Weit nach Mitternacht, beschlossen sie ihre private Party zu beenden und gingen zu Bett. Da Ben sich immer noch nicht gemeldet hatte, wurde Hannah nervös und beschloss ihm draußen bei einer Zigarette nochmal zu schreiben. Sie warf sich schnell einen viel zu großen Kapuzenpulli, der Ben gehörte, über und ging an die Frische Luft. Dort stand Hannah eine Weile, überlegte, was sie schreiben könnte und zog genüsslich an ihrer Zigarette. „Du weißt schon, dass das ungesund ist, oder?" Hannah erschrak, so dass sie die Zigarette fallen ließ. Sie drehte sich und Paddy auf einer Bank sitzen, die im Schatten der Außenbeleuchtung des Hauses stand. „Man, musst du mich so erschrecken?" Sie hob die Zigarette auf und musste enttäuscht feststellen, dass diese zu dreckig war, um sie weiter zu rauchen. Paddy grinste: „Wenn dich das vom Rauchen abhält, dann ja." Hannah schnitt eine Grimasse und setzte sich zu ihm auf die Bank: „Was machst du hier so spät denn noch draußen?" Paddy zuckte mit den Schultern: „Die Ruhe genießen?" „Du hast dich den ganzen Tag nicht blicken lassen. Hattest du nicht genug Ruhe?" „Nicht bei diesem ständigen Gepiepe dieses Horrorteils!" Er deutete auf Hannahs Handy, das sie immer noch fest umklammert in der Hand hielt. Hannah seufzte: „Ja tut mir leid. Ich hätte es nicht einfach in der Gegend rumliegen lassen sollen." Paddy lächelte müde: „Entschuldigung angenommen! Was machst du denn noch um die Zeit hier draußen?" Sie schilderte ihm was passiert war und dass sie nicht weiß, was sie überhaupt schreiben sollte. „Ich glaube, da fragst du echt den Falschen", sagte Paddy, der seinen Blick nach oben gerichtet hatte. „Tolle Hilfe", neckte Hannah ihn. Als sie jedoch sah, dass er nicht, wie erwartet, anfing zu lachen, wurde sie wieder ernst. Sie tippte schnell eine paar Zeilen an Ben, wünschte ihm eine Gute Nacht und steckte das Handy in ihren Kapuzenpulli. „Was liegt dir auf dem Herzen? Erzähl schon." Ohne den Blick vom Himmel abzuwenden zuckte Paddy mit den Schultern: „Was soll sein? Alles in Ordnung." „Erzähl keinen Scheiß! Dich bedrückt doch irgendetwas." Hannah wurde ein wenig ungeduldig. Sie hasste es Paddy alles aus der Nase ziehen zu müssen und in Geduldüben war sich einfach nicht gut. Dieser wiederum war gereizt und antwortete mit gehobener Stimme: „Hör auf zu fragen, ok? Es ist alles in Ordnung." „Gut, wenn du nicht darüber sprechen willst, dein Bier!" Hannah stand wütend auf und ging zurück ins Haus. So langsam konnte sie Maite gut verstehen, dass sie von Paddy genervt war. Dieses Rumgezicke musste sie sich echt nicht geben. Kurzerhand zog sich Hannah in ihrem Zimmer zurück, zog ihren Pyjama an, putzte sich die Zähne und legte sich ins Bett. Bevor sie die Augen schloss, checkte sie nochmal ihr Handy. "Dann zick du eben auch rum", murmelte sie und legte ihr Handy energisch auf den Nachttisch.

Als Hannah kurz davor war einzuschlafen, öffnete sich die Tür ihres Zimmers und hörte wie jemand hereinkam. Ihr stockte der Atem als die Person ihre Decke leicht anhob und sich neben sie legte. Hannah wollte sich umdrehen und los meckern, als sie Paddys stimme erkannte: „Es tut mir leid. Ich weiß auch nicht was mit mir los ist. Ich wollte dich nicht so anfahren." Er schmiegte sich an ihren Rücken und umarmte sie fest. Hannah erwiderte zuerst nichts. Schließlich murmelte sie ein "schon ok" und versuchte zu schlafen. Sie wollte ihn nicht wegschicken, denn auch wenn er nicht darüber sprechen wollte, irgendetwas stimmte nicht mit ihm. ‚Weint Paddy etwa?', dachte sich Hannah, als sie ein leises Schluchzen an ihrem Rücken wahrnahm. Instinktiv griff sie nach seiner Hand, die vor ihrem Bauch ruhte, und umschloss diese fest mit ihrer.

Zwischen Liebe und FreundschaftWhere stories live. Discover now