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Nachdem Hannah und ihre Mutter ihren Urlaub an der Ostsee beendet hatten, ging es sowohl Hannah als auch ihrer Mutter hundeelend. Auf der Rückfahrt kamen die beiden in einen langen Stau und sie waren so hungrig, dass sie sich an der nächsten Tankstelle Kartoffelsalat mit Würstchen gönnten. Tage später bekamen sie Bauchschmerzen und mussten sich mehrmals übergeben. Sowohl bei Hannah als auch bei ihrer Mutter wurde eine Lebensmittelvergiftung festgestellt, die sie nun schon seit mehreren Tagen plagte. Der Einfachheit halber quartierte sich Hannah bei ihrer Mutter ein, damit Tante Gretchen die kranken Hühner pflegen konnte. Tante Gretchen war wirklich eine ausgezeichnete Krankenpflegerin. Sie kochte eine hervorragende Brühe, doch das einzige, was Hannah bei sich behalten konnte, waren ein paar Salzstangen. Auch Hannahs Mutter Tina ging es schlecht, erholte sich jedoch wesentlich schneller als Hannah. Hannah lag auf dem Sofa und döste vor sich hin. Zuvor war sie im Badezimmer verschwunden und übergab sich. ‚Ich werde nie wieder etwas von der Tanke essen', beschwerte sie sich und versuchte in kleinen Schlucken Tee zu sich zu nehmen. „Geht es wieder, meine Kleine?", fragte Tante Gretchen und tupfte ihre Stirn mit einem feuchten Waschlappen ab. „Mhh, geht so.", murmelte Hannah und schloss ihre Augen. Tante Gretchen ließ Hannah ein wenig schlafen und kümmerte sich um Tina, die schon wesentlich fitter aussah. „Danke Gretchen, dass du das alles für uns machst. Und vielen Dank auch für die Suppe. Die hat wirklich gut getan. Wie geht es Hannah?" „Oh Schätzchen, die ist bei weitem noch nicht so fit wie du. Ich glaube sie fiebert noch ein bisschen. Soll ich noch einmal mit Pad raus gehen?" Tina winkte ihre Frage ab. „Nein, du tust schon so viel für uns, Gretchen. Ich kann ein bisschen frische Luft ertragen und gehe mit ihm Gassi." Tante Gretchen und Tina zogen sich leise an und gingen gemeinsam mit Pad an die frische Luft, während Hannah vor sich hin schlummerte.

Zur selben Zeit saß Paddy zusammen mit Maite und Angelo in der Sitzecke im Nightliner. Er wusste nicht in welche Stadt sie gerade unterwegs waren, aber es interessierte ihn auch nicht so wirklich. Im Gedanken war Paddy bei Hannah. Diese hatte sich vor ein paar Tagen mit schwacher Stimme bei ihm gemeldet und erzählt, dass sie krank das Bett hütete. Seitdem versuchte er jeden Tag bei Hannah anzurufen, doch immer, wenn er anrief, ging sie nicht an ihr Handy und schrieb ihm später, dass sie geschlafen hat oder sie war so müde und erschöpft, dass sie nur einige Minuten miteinander telefonierten. Er wollte schließlich, dass Hannah sich so schnell wie möglich erholte. Am liebsten wäre Paddy bei Hannah, um sie gesund zu pflegen und einfach bei ihr zu sein. Er wusste aber, dass es nicht ging und so zog er Konzert für Konzert durch, auch wenn er zurzeit überhaupt keine Lust mehr auf die Shows hatte. „Ist Hannah immer noch krank?", fragte Maite und begutachtete ihren Bruder, der genervt eine SMS schrieb. „Ja, scheint so." „Hast du mir ihr gesprochen?" „Nein, habe ich nicht.", sagte Paddy genervt. „Sie geht nicht ans Telefon." Maite platzte der Kragen. Schon seit Tagen hatte Paddy schlechte Laune und ließ diese meistens an seinen Geschwistern aus. „Paddy, jetzt reiß dich mal zusammen. Hannah wird auch wieder gesund. Hör endlich auf hier schlechte Laune zu verbreiten. Das nervt." Angelo schaute zwischen seinen älteren Geschwistern hin und her. Er war bei weitem nicht so gestresst wie Paddy oder Maite und verstand nicht immer, was ihr Problem war. „Fuck off!", meckerte Paddy und verzog sich in seine Schlafkabine. Er wusste selbst nicht was mit ihm los war. Eigentlich sollte er der glücklichste Mensch auf Erden sein; er hatte musikalischen Erfolg, seine Fans, vor allem die Weiblichen, lagen ihn zu Füßen, er hatte keine Geldprobleme und zudem eine Freundin, die ihn über alles liebte. Hannah war zurzeit tatsächlich die einzige Person, die ihn wirklich zum Lachen brachte, nicht das gekünstelte Lachen, das er auf der Bühne oder bei Interviews von sich gab, sondern ein Lachen, das vom Herzen kam. Jetzt, wo Hannah jedoch krank war, bemerkte Paddy selbst, dass Hannah eine der wichtigsten Personen in seinem Leben war und es nervte ihn selbst, dass er für sie nicht da sein konnte, so wie Hannah es für ihn war, wenn auch nur am Telefon. Paddy starrte an die Decke und war von sich selbst angepisst. Wie von selbst nahm er sein Handy in die Hand und versuchte Hannah nochmals zu erreichen.

Hannah wurde von ihrem Handy geweckt. Ohne die Augen zu öffnen ging sie an ihr Handy. Mit krächzender Stimme brachte sie ein „Hallo?", hervor. „Hey, sorry ich wollte dich nicht wecken. Wie geht es dir?" Auf der einen Seite war er froh, dass er Hannah endlich erreichte, auf der anderen Seite plagte ihn sein schlechtes Gewissen, dass er Hannah vom Schlafen abhielt. „Alles, gut. Ich schlafe eh den ganzen Tag. Auf die paar Minuten Schlaf kann ich für dich verzichten. Mir geht es immer noch bescheiden, aber hey, ich muss schon gar nicht mehr so viel kotzen." „Immerhin nimmst du das Ganze noch mit Humor." „Aber genug vom kotzenden Murmeltier. Wie geht's dir?" ‚Beschissen, ich weiß nicht was mit mir los ist. Ich bin unmotiviert, du fehlst mir, lass uns zusammen abhauen und alles hinter uns lassen. Ich will einfach weg und meine Ruhe vor allem...außer vor dir', schoss es Paddy durch den Kopf. „Ach, du weißt ja wie das ist. Ist alles gerade ein bisschen stressig, aber sonst geht es mir gut. Ich hoffe, dir geht es bald wieder besser. Ich mache mir echt Sorgen." „Das weiß ich doch und ich weiß auch, dass du vieeeel lieber hier sein und mir beim Kotzen die Haare halten willst, aber glaub mir, ich denke auf der Bühne stehen ist wesentlich angenehmer." „Na, wenn du das sagst..." Hannah hörte in Paddys Stimme einen verdächtigen Unterton. „Ist wirklich alles in Ordnung?", fragte sie, worauf Paddy schnell mit einem „Ja, klar. Sicher!" antwortete. „Dann ist ja gut. Ich freu mich schon, dich und deine Geschwister mal wieder auf der Bühne zu sehen." „Ich freu mich einfach dich wieder zu sehen."; gestand Paddy, der Hannah lächeln hörte. Dann wurde es am anderen Ende der Leitung still. Hannah überkam ein Schwindelgefühl und merkte, wie ihr die Galle hochkam. „Du...ich glaub, ich muss auflegen." Sie atmete tief durch die Nase ein und aus und konzentrierte sich auf ihren Körper. „Ich merk schon, ich liebe dich.", sagte Paddy. „Ich dich auch.", nuschelte Hannah und legte so schnell es ging auf. Paddy hörte nur noch ein Würgen, bevor die Leitung unterbrochen wurde. „Paddy, bist du hier?" Maite trat vorsichtig an Paddys Schlafplatz heran. Doch er hatte überhaupt keinen Bock zu reden. Langsam zog Maite den Vorhang zur Seite. „Paddy, wanna talk?" „Not, now." Paddy blies seine Wangen auf und fixierte wieder die Decke. „Come on, Paddyboy. What's the matter?", versuchte es Maite erneut, doch sie fing sich nur eine zickige Abfuhr ein. „Man, nichts...kannst du....just leave me alone, ok?" Maite starrte ihren Bruder an. Paddy hingegen ignorierte Maite gekonnt, so dass ihr nichts anderes übrig blieb, als ihn in Ruhe zu lassen.

Nach einer Weile summte Paddys Handy:

"Sorry. Keine Angst, ich finde dich nicht zum kotzen. Eher im Gegenteil. Tut mir leid, dass unser Gespräch gerade so enden musste. Ich wünsche dir viel Spaß auf der Bühne. You rock! 1000 Küsse, dein Murmeltier."


"Mach dir keine Sorgen, so habe ich das bestimmt nicht verstanden :) Erhol dich weiterhin gut. Love, P."

Zwischen Liebe und FreundschaftWhere stories live. Discover now