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Die Diskussion am Tisch wurde zu Jimmys Leidwesen immer lauter. „Ich glaube, das ist ein guter Zeitpunkt um zu verschwinden.", flüsterte Paddy Hannah ins Ohr und versuchte mit seinem Blick Maite und Angelo darauf aufmerksam zu machen, ihnen zu folgen. Die beiden verstanden sofort, nahmen ihre Teller und brachten diese in die Küche, ehe sie klammheimlich aus der heiklen Diskussion flüchteten. Als sie außer Hörweite waren, atmeten sie laut aus. Maite blieb mitten in einem großen Flur stehen. „Hell, no. Wo müssen wir lang, wenn wir in mein Zimmer wollen?" Hannah zuckte mit den Schultern. „Ich habe es schon auf den ersten Hundert Meter aufgegeben mir überhaupt irgendwelche Wege zu merken. „Da lang." Angelo ging einige Schritte voraus und die anderen folgten ihm, bis Maite ihre Tür erkannte. „Dann mal herein spaziert.", sagte Maite und machte eine einladende Bewegung. „Das habt ihr also die ganzen Stunden gemacht." Paddy begutachtete das Werk von Maite und Hannah und blies die Wangen auf. „Nicht schlecht. Kannst du das auch mit meinem Zimmer machen?", fragte er Hannah und schaute sie erwartungsvoll an. „Nur wenn du mir dabei hilfst." Paddy strahlte. „Boah Leute, echt. Nehmt euch ein Zimmer." Angelo lachte und ließ sich in einen Sessel plumpsen. Hannah streckte ihm die Zunge aus und tat es ihm gleich, während Paddy sich vor ihr auf den Boden setzte und sich an ihre Schienbeine anlehnte. Angelo war der erste, der das Wort ergriff: „Was hat sich Jimmy nur dabei gedacht? Es war doch klar, dass Kathy nicht erfreut darüber sein wird." „Was Jimmy mit seinen Haaren macht, ist ja wohl immer noch seine Entscheidung.", stellte Maite klar. „Wenn es ihm gefällt, dann soll er das machen." „Hast du schon mal daran gedacht, wie unser Vater darauf reagieren wird?", überlegte Angelo laut. „Ändern kann man das ganze eh nicht mehr oder willst du Jimmy die Haare wieder dran kleben?" Jimmy und seine neue Frisur waren bei den vieren noch lange Thema. Hannah verstand die ganzen Trubel nicht. Wenn Jimmy etwas Neues ausprobieren wollte, dann war das sein gutes Recht. Natürlich assoziierte man mit der Kelly Family lange Haare, aber war das denn so wichtig? Ihre eigene kleine Diskussion wurde von einem Schreien und knallenden Türen unterbrochen. „How dare you, son? What's wrong with you?" „Leave me alone. It's my hair and moreover my life. So what?", hörten sie nur noch Jimmy brüllen, ehe das Geschrei verstummte und das letzte Mal eine Tür knallte. „Oh man, I told you though. Ernsthaft, ich habe es von niemanden von uns erlebt, dass jemand gegenüber unseren Vater so laut wurde. Ihr etwa?" Angelo schaute seine Geschwister an, die im stumm zustimmten. Hannah lief ein kalter Schauer über den Rücken. Auch sie hatte es noch nie erlebt, dass Dan so laut wurde. Er war schon immer sehr autoritär und bestimmend, aber so? „Dan kriegt sich doch bestimmt wieder ein, oder?", fragte Hannah vorsichtig in die Runde. Als sie jedoch in die fragenden Gesichter blickte, verstummte sie und versuchte das Thema zu wechseln. „Wo habt ihr denn jetzt eure Zimmer?" Angelo grinste. „Also ich bin zumindest auch hier auf dem Flur untergekommen." „Und du Paddy?" Hannah strich ihm über die Schultern. Paddy schaute sie verlegen an. „Ich habe mir noch keins ausgesucht." „Wie jetzt?" „Naja, ich dachte, wir suchen eins zusammen aus und da du mit Maite beschäftigt warst..." Hannah merkte, wie sie rot wurde, während Maite und Angelo sich angrinsten. „Ich würde vorschlagen, ihr sucht euch erstmal ein Zimmer. Nicht, dass ihr draußen im Park schlafen müsst.", sagte Maite und zwinkerte ihrer Freundin zu. Paddy streckte sich und stand auf, was Hannah ihm gleich tat. „Wenn ihr in zwei Stunden nicht wieder hier seid, dann fahnden wir nach euch.", witzelte Angelo rum. „Oder sollten wir euch lieber nicht suchen, weil ihr mit etwas anderem beschäftigt seid?" „Shut up, man!" Paddy war seinen kleinen Bruder einen entnervten Blick zu, während Maite grinste. „Lasst euch Zeit. Wir sehen euch dann später." Paddy nahm Hannahs Hand und gemeinsam schlenderten sie die Flure entlang. Immer wieder lauschten und klopften sie an die Türen, damit sie nicht aus Versehen jemanden störten. Am Ende des Gangs klopften Paddy und Hannah an die letzte Tür. Da sich keiner meldete, öffneten sie diese und schalteten das Licht an. Hannah fand dieses Zimmer gleich sympathisch. „Das sieht doch gemütlich aus. Es ist nicht so groß wie die anderen und hier gehe ich bestimmt nicht verloren.", scherzte Hannah, und zog Paddy mit in das noch unbewohnte Zimmer. Der Boden war mit einem beigen Teppich ausgelegt, der so weich war, dass man mit jedem Schritt in diesem versank. Das Zimmer hatte vier große Fenster, die von cremefarbenen Gardinen umrandet wurden. Die helle Farbe der Wände war passend zu Gardinen und Teppich abgestimmt, während der obere Teil der Wände in einem kräftigen rot gestrichen worden war, wodurch das Zimmer moderner wirkte. Wie in Maites Zimmer auch, stand ein großes Himmelbett auf einem kleinen Podest, das bereits frisch bezogen war. Sämtliche Möbel waren in weiß gehalten. „Irgendwie wirkt das alles hier so unpersönlich." Paddy sah sich in dem Zimmer und beäugte alles skeptisch. "So wie es hier aussieht, können wir auch gleich ins Hotel ziehen." Hannah ließ sich nicht beirren und fühlte sich in ihrem Element: „Ach, deine Sachen sind ja auch noch nicht hier. Schau, in die Nische kannst du deine Gitarren stellen. Wenn wir den Tisch dort hinüberstellen, könntest du hier noch einen Schrank hinstellen. Und wenn du noch ein paar Fotos aufstellst und vielleicht ein paar Pflanzen, ist das alles schon viel wohnlicher. Noch gemütlicher wird das natürlich mit Kissen und vielleicht einer Kuscheldecke für das Sofa." Paddy beobachtete seine Freundin und hörte ihr aufmerksam zu. Ihr Elan löste in ihm eine tiefes Glücksgefühl und ein Kribbeln im Bauch aus. Als Hannah im Raum stehen blieb und überlegte, wie sie welches Möbelstück umstellen konnte, legte Paddy seine Arme um ihren Bauch und legte sein Kinn auf ihrer Schulter ab. „Solange du dich wohlfühlst, bin ich auch zufrieden." Hannah genoss seine Nähe und legte ihre Hände auf seine. Sie schaute sich nochmals im Zimmer um: „Also was meinst du? Bleiben wir hier?" „Mhh." Paddy vergrub sein Gesicht in Hannahs Haaren. Er sog den angenehmen Duft ihres Shampoos ein, ehe er leichte Küsse auf ihren Hals hauchte. Die saften Berührungen lösten bei Hannah eine Gänsehaut aus, die Paddy nicht verborgen blieb und ihn grinsen ließ. Hannah gab Paddy einen Kuss auf die Wange. „Wollen wir unsere Sachen holen und uns ein bisschen einrichten?", fragte sie und lachte, als sie Paddys enttäuschtes Gesicht sah. „Ach komm schon. Wir haben doch alle Zeit der Welt." Sie drehte sich zu ihm um und legte ihre Hände um seinen Nacken, während er seine auf ihrer Hüfte ablegte. Hannah strahlte ihn an, stellte sich auf die Zehenspitzen und gab ihren Freund einen innigen Kuss. Paddy seufzte und schlang seine Arme fester um Hannah. Abrupt löste sie sich aus dem Kuss und grinste ihn an: „Also los." Gespielt beleidigt zog Paddy eine Schnute und festigte seine Umarmung. „Ach komm schon, du kannst mich doch nicht so wahnsinnig machen und dann so plötzlich aufhören." Doch Hannah ließ sich nicht beirren, gab ihm einen flüchtigen Kuss und befreite sich aus seinem Klammergriff. „Du siehst doch, dass ich das kann!" Hannah sah Paddy spöttisch an und war im Begriff das Zimmer zu verlassen. „Na, warte." Mit schnellen Schritten war Paddy hinter ihr und versuchte sie von hinten zu packen. Hannah fing an zu lachen und beschleunigte ihren Schritt. Als es Paddy jedoch gelang sie von hinten zu umarmen, fing sie glücklich an zu quieken. Gemeinsam machten sie sich auf, um ihre Habseligkeiten zu holen.

Zwischen Liebe und FreundschaftWhere stories live. Discover now