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Zusammen trugen Hannah und Maite sämtliche Leckereien zu den Nachbarn hinüber. Ann kam ihnen freudestrahlend entgegen und begrüßte Maite herzlich. Hannah stellte sich zunächst vor und auch sie wurde herzlich begrüßt. Nachdem sie die Salate auf einer langen Tafel abstellten kam auch gleich Colin, um den beiden Mädchen hallo zu sagen. Ohne groß danach gefragt zu haben, hatten Maite und Hannah bereits ein Guiness in der Hand und standen mit weiteren Bekannten von Ann und Colin an einem Stehtisch. Hannah staunte nicht schlecht. Die Iren waren alle durchweg sehr herzliche und aufgeschlossene Menschen, mit denen man sich prima unterhalten konnte. Nach und nach trudelten mehrere Gäste ein: „Von wegen das ist eine kleine Feier, Maite. Es scheint als ob ganz Cobh eingeladen wäre." Maite grinste: „Das sind eben die Iren. Hier kennt sich doch jeder. Es kann also gut sein, dass ganz Corb hier ist oder zumindest die Hälfte. Soll ich dich ein bisschen herumführen?" „Ja sehr gerne. Hier wird es mir langsam zu voll." Gemeinsam schlenderten sie über das große Grundstück. Der Garten sah auf den ersten Blick sehr verwildert aus. Erst beim genaueren Hinsehen erkannte man die Liebe zum Detail. Ein Teich, an dessen Ufer Schilfrohr wuchs, beherbergte Mulche, Frösche und Fische. Die Kinder, darunter auch Sean, suchten begeistert nach Kaulquappen und rannten um den Teich herum. Ann und Colin haben Lampions in die Apfelbäume gehängt und Bierbänke aufstellt, die alle liebevoll mit Windlichtern und kleinen Blumenvasen geschmückt waren. Sie haben selbst einen Getränkewagen organisiert, der die Gäste mit ausreichend Flüssigen versorgte. Jeder der Gäste brachte eine Kleinigkeit für das Buffet mit, so dass die lange Tafel immer voller wurde und bestimmt keiner mit leeren Magen nach Hause gehen würde. An den Bierbänken, die nicht weit weg vom Teich platziert waren, trafen sie auf den Rest der Kellys. Kathy, Patricia und Barby sprachen mit Ann, während sich John und Jimmy mit Colin unterhielten. Joey und Angelo hingegen sprachen mit einem jungen Paar, das Hannah noch nicht vorgestellt wurde. Über alle Köpfe hinwegblickend suchte Hannah Paddy, da sie ihn im Gegensatz zu den anderen auf Anhieb nicht entdecken konnte. Als sie Sean kreischen hörte, erblickte sie jedoch Paddy, der seinen Neffen lachend hochnahm und im Kreis drehte. Die anderen Kinder lachten und forderten Paddy auf, auch sie einmal „fliegen" zu lassen, was Paddy auch unweigerlich tat. Hannah beobachtete ihn, wie er lachend mit den Kindern spielte und sichtlich Spaß daran hatte den Clown zu spielen. ‚Er wird später bestimmt mal ein guter Vater sein', dachte Hannah, ehe sie von Maite aus ihren Träumen gerissen wurde. „Oh, man. Diesen Blick kenne ich doch. Du hörst mir wieder mal nicht zu. Woran hast du gedacht? " Hannah errötete leicht und lächelte Maite verlegen an: „Ich habe nur Paddy und die Kinder beobachtet. Er kann echt gut mit Kindern." Maite seufzte: „Ja, das stimmt. Sean ist ganz vernarrt in ihn." Paddys Blick wanderte zu Maite und Hannah und winkte den beiden zu, ehe er von Sean und zwei weiteren Jungen umgeworfen wurde. Die beiden lachten und setzten sich zu Patricia. Hannah konnte jedoch nicht widerstehen und beobachtete Paddy weiterhin, während Maite bereits in einem Gespräch mit ihren Schwestern vertieft war.

Da sie eh nicht richtig wusste, über was Patricia sprach, stand sie auf und ging zu Paddy, der versuchte, sich spielerisch von den Kleinkindern loszureißen: „Meine Rettung!", schrie er und lachte, als Sean sich auf seinen Bauch setzte und in die Hände klatschte. Hannah lachte ebenfalls. „Sean, ich glaube du bist der eindeutige Sieger." Sean stand auf und grinste über beide Ohren. „Guys I need a break, now." Er stand auf und klopfte sich die Hose ab, dabei musterte er Hannah von oben bis unten. Als Hannah dies bemerkte fragte sie verwirrt: „Was ist?" Paddys Wangen nahmen einen leichten, roten Ton an: „Nichts. Ich habe dich nur noch nie so gesehen...also..." Verlegen kratzte er sich am Hinterkopf: „Du siehst echt super aus. Das Kleid steht dir wirklich sehr gut." Nun war es Hannah, der die Hitze in den Kopf stieg. Mit Komplimenten konnte Hannah immer noch nicht wirklich umgehen. „Danke, du Spinner." Paddy schmunzelte: „Darf ich die Lady auf einen Drink einladen?" „Oh sehr gerne." Er hielt ihr einladend den Arm hin, den sie dankend annahm. Sie grinsten sich an und machten sich gemeinsam auf den Weg zum Getränkewagen.

„Also dann. Auf den heutigen Abend", sagte Paddy und prostete Hannah zu, was sie lächelnd erwiderte. Die Feier war voll im Gange. Vor allen wussten die Iren, wie man ausgiebig und feuchtfröhlich feierte. Am späten Abend trommelte Colin einige seiner alten Freunde zusammen und fing an irische Folklore zum Besten zu geben. Viele der Lieder kannten auch Maite und Co, die es sich nicht nehmen ließen selbst einige Lieder auf den Instrumenten zu spielen und in den Gesang mit einstimmten. Barby war Feuer und Flamme und fing an über den Rasen zu Tanzen. Hannah, die in bester Partylaune war, ging auf Barby zu und ließ sich einige Tanzschritte zeigen. Diese konnte sie sich schnell merken, so dass auch Hannah lachend mit Barby zur irischen Volksmusik tanzte. Elegant drehten sie sich im Kreis und schwebten förmlich über den Boden. Beide jungen Frauen strahlten eine pure Freude aus. Maite und Paddy schauten Hannah und Barby aus sicheren Entfernung zu. Paddy kam aus dem Staunen gar nicht mehr heraus. Er kannte Hannah nun schon so lange. Sie tanzten vor Jahren gemeinsam im Regen, stritten sich, schütteten sich gegenseitig ihr Herz aus, lachten und teilten einige ihrer tiefsten Gedanken, aber so hatte er Hannah noch nie gesehen. Wie sie sich bewegte und dabei lachte, die anderen um sich herum vergaß und dabei so eine herzliche und natürliche Ausstrahlung innehielt; es fiel ihn wie Schuppen von den Augen, als er ein heftiges Kribbeln in der Magengrube wahrnahm. Wie in Trance klebte Paddys Blick auf Hannah und nahm jeden Schritt von ihr wahr. Dabei bemerkte er nicht, dass Maite ihn schon seit längeren beobachtete. Sie machte auf sich aufmerksam, in dem sie ihn leicht mit ihrer Schulter anrempelte: „No way! Echt jetzt?" Paddy wendete ungern den Blick von Hannah ab und schaute seine Schwester fragend an: „Was?" Maite grinste breiter denn je: „Du stehst auf sie! Und jetzt versuche das bloß nicht abzustreiten. Ich kenn dich jetzt lange genug, ich weiß wie du damals Joelle angehimmelt hast. Dieser Blick!" Paddy wurde rot: „Ach, quatsch. Was du schon wieder denkst." Er machte eine leichtfällige Handbewegung und griff nach seinem Bier. Maite wurde nun ernster und legte eine Hand auf seine Schulter: „Wen willst du eigentlich etwas vor machen? Ich sehe es doch. So wie du sie anschaust." Paddy lehnte sich nach vorne und schüttelte den Kopf: „Was ist mit Joelle?" „Du machst dir doch nicht ernsthaft darüber Gedanken, oder? Paddy, solche Gefühle kannst du dir nicht aussuchen. Wenn es passiert, dann passiert es halt. Willst du deshalb mit Joelle reden?" Er schaute seine Schwester verwundert an: „Woher weißt du...", doch er fing an zu grinsen, „Warum frage ich eigentlich. Was hat dir Hannah erzählt?" Maite ruderte energisch zurück: „Glaub mir, sie hat mir rein gar nichts erzählt, nur dass ihr beide etwas zu klären hättet und du das mit ihr persönlich klären willst. Es wundert mich, dass Hannah so dichthalten kann." Paddy wagte nochmals einen Blick zu Hannah und fing an zu lächeln, das jedoch erlosch, als er zu Maite schaute: „Selbst, wenn ich mehr empfinden würde. Sie hat Ben und ist glücklich und ich werde mich bestimmt nicht in ihre Beziehung einmischen." „Da gibt es kein wenn. Ich bin froh, dass du es endlich selber checkst, dass du mehr für Hannah empfindest als brüderliche Gefühle." Paddy lächelte müde: „Genau, was ist besser als eine Beziehung, die nicht läuft? Richtig, für jemanden Gefühle haben, der bereits in festen Händen ist." Maite wollte gerade etwas erwidern, als er ihr ins Wort fiel: „Komm nicht einmal auf die Idee mit Hannah darüber zu sprechen! Maite ernsthaft, halte dich daraus. Ich will weder meine Freundschaft zu ihr noch irgendetwas in ihrer Beziehung kaputt machen." Maite nickte stumm und lehnte ihren Kopf an seine Schulter: „Ach Paddyboy, ich würde dir so gerne helfen."

Völlig erschöpft tanze Hannah zu Maite und Paddy rüber, griff nach Paddys Glas und nahm einen ordentlichen Schluck von seinem Bier: „Ah, das tut gut. Warum schaut ihr denn so bedröppelt? Habt ihr keinen Spaß? Los kommt mit Tanzen." Maite lachte: „Ich muss erstmal für kleine Mädchen, ich komme aber gleich zu dir und Barby." Sie schaute noch einmal zu ihrem Bruder und lächelte ihn aufmunternd an. Hannah stand direkt vor Paddy und reichte ihm die Hand: „Darf ich, bitten?" Paddy zögerte einen Moment: „Ich kann doch gar nicht tanzen!" „Ach, quatsch keine Opern. Nun komm schon." Ihrem Lächeln konnte Paddy einfach nichts abschlagen. Er ergriff ihre Hand und ließ sich von ihr auf den Rasen führen, der als Tanzfläche diente.

Zwischen Liebe und FreundschaftWo Geschichten leben. Entdecke jetzt