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„Kannst du eigentlich Auto fahren?" Hannah blieb vor Joeys Kombi stehen und musterte Paddy skeptisch. „Na hör mal. Meinst du Joey würde mir die Autoschlüssel geben, wenn ich nicht fahren könnte?" Elegant setzte sich Paddy ans Steuer, Hannah tat es ihm gleich und setzte sich auf den Beifahrersitz. Das Wetter war herrlich an diesem Tag. Die Sonne schien und obwohl eine herbe Meerbrise wehte, war es angenehm warm. Paddy konzentrierte sich aufs Fahren, während Hannah aus dem Fenster schaute und die Gegend betrachtete. Sie fuhren über holprige Landstraßen und kamen an vielen Getreidefeldern vorbei: „Die Landschaft erstaunt mich immer wieder aufs Neue. Es ist so schön idyllisch hier", sagte Hannah nach einer Zeit und schielte zu Paddy, der grinste: „Meine Heimat. Die kann nur idyllisch sein." „Wenn du nicht da bist, vielleicht", neckte Hannah ihn. Er lächelte sie für einen Moment an und konzentrierte sich dann wieder auf den Verkehr. „Oh, darf ich das lauter machen?", fragte Hannah und zeigte auf das Radio, aus dem gerade >Every breath you take< ertönte. Als Paddy nickte, drehte sie das Radio laut auf, öffnete das Fenster der Beifahrerseite und ließ den Fahrtwind durch ihre Hände gleiten. Beim Refrain fing Hannah an lauthals mitzusingen. Es erstaunte Paddy immer wieder wie gelassen und frei Hannah wirkte. Ihre ausgewogene Art bewunderte und schätzte er sehr an ihr. „Du singst echt schräg", lachte er und schaute sie einfühlsam von der Seite an. Sie streckte ihm die Zunge raus und ließ sich nicht beirren: „Hauptsache es macht Spaß. Du weißt was Spaß ist, oder Grinch?" Paddy kniff ihr in den Oberschenkel, worauf sie zusammenzuckte und einen quiekenden Ton von sich gab: „Dich zu ärgern macht Spaß." Er lachte und fing ebenfalls an zu singen, was Hannah freudig beobachtete. Zusammen trällerten sie die Hits aus dem Radio mit, wobei Paddy wesentlich mehr Lieder und vor allem die Songtexte kannte als Hannah.

In Cork angekommen standen sie vor einem riesigen Lebensmittelgeschäft. „Ich denke hier werden wir alles bekommen", sagte Hannah und studierte noch einmal die Einkaufliste. Gemeinsam betraten sie den Laden und arbeiteten nach und nach die Einkaufsliste ab. „Wo zur Hölle finden wir denn bitte Irish Mist? Was ist das denn überhaupt?" Paddy fing an wie ein kleines Kind zu quengeln: „Ich hasse einkaufen. Brauchen wir noch viel? Ich will nach Hause." Hannah verdrehte die Augen. „Echt jetzt? Du benimmst dich wie Sean! Nein viel schlimmer noch! Wir brauchen nur noch diesen Mist und dann sind wir fertig." „Das ist Whiskey. Komm mit." Er nahm ohne zu zögern Hannahs Hand und stürmte mit ihr durch die Gänge bis sie in der Spirituosenabteilung ankamen. Gekonnt suchte Paddy den Whiskey, nahm diesen aus dem Regal und strahlte ohne Hannahs Hand loszulassen: „Können wir dann endlich bezahlen und los?" Hannah schaute ein letztes Mal auf die Liste und nickte. Nachdem sie bezahlt hatten, verfrachteten sie die Einkäufe im Kofferraum. „Wollen wir noch etwas trinken, bevor wir zurückfahren?", fragte Paddy. Hannah schaute auf ihre Uhr. „Ich glaube, das können wir uns noch genehmigen, oder?" Sie besorgten sich frisch gepressten Orangensaft und liefen am Fluss entlang. Eine Weile gingen sie schweigend nebeneinander her. „Was denkst du?" Hannah schaute Paddy von der Seite an, der vor sich hin grübelte und mit den Schultern zuckte. „Über vieles." Sie ließ nicht locker und fragte genauer nach, woran er dachte. „Hauptsächlich über mich und Joelle. Ich glaube, du hast recht. Ich werde einfach zu ihr fahren. Ich will das einfach mit ihr klären." Hannah nippte an ihrem Orangensaft und nickte zusprechend: „Das ist richtig so. Dann fühlst du dich bestimmt auch besser." „Oder schlechter", fügte Paddy noch hinzu und schaute traurig auf den Boden. „Aber bestimmt besser als jetzt." Hannah hakte sich bei Paddy unter: „Wie war das mit dem Selbstmitleid?" Er lächelte schräg: „Du bist echt unmöglich, weißt du das? Bei dir kann ich aber auch nichts sagen, ohne dass irgendein Spruch von dir kommt." „Ich will nur nicht, dass es dir schlecht geht. Ich mache mir Sorgen um dich und weißt doch, dass ich es nicht sehen, kann wenn du leidest. Das weißt du doch, oder? " Paddy nickte, während Hannah zufrieden lächelte. Nachdem sie ihre Säfte ausgetrunken hatten, gingen sie zurück zum Wagen und fuhren zurück nach Cobh. Auf der Rückfahrt hingen beide ihren Gedanken nach. Während Hannah über die Gartenparty nachdachte, überlegte Paddy krampfhaft, wie er Joelle gegenübertreten sollte und ob es richtig wäre einen Schlussstrich zu ziehen.Hannahs einfühlsamen Worte bestärkten seinen Beschluss jedoch immer mehr.

Zwischen Liebe und FreundschaftWhere stories live. Discover now