62

429 21 4
                                    

Hannah stand in einer riesen Suite, die durch die ersten Sonnenstrahlen des Frühlings durchflutet wurde. Die cremefarbenen Polstermöbel gaben dieser Räumlichkeit eine gemütliche Atmosphäre. „Ich dachte, du suchst dir ein Zimmer aus und nicht gleich die Präsidentensuite.", sagte sie zu Maite. Sie ging durch die Suite, streifte mit ihrer Hand über die Möbel und kam aus dem Staunen gar nicht mehr heraus. Neben einem großzügigen Wohnbereich, besaß die Suite einen kleinen Essbereich mit einem runden Massivholztisch und gepolsterten Stühlen und einen Schlafbereich, der durch ein Podest vom Wohnbereich getrennt wurde. Hannah ging die Stufen zum Schlafbereich hinauf und blieb vor dem riesigen Himmelbett stehen. „Maite, das ist alles so...so...surreal." Während Hannah alles genau betrachtete, beobachtete Maite jeden Schritt ihrer Freundin. „Soll ich dir mal etwas verraten? Das ist eine von den Kleineren." Abrupt blieb Hannah in ihrer Bewegung stehen und starrte Maite an. „Das ist nicht dein Ernst? Wahnsinn! Und du hast dich für diese hier entschieden?" Maite nickte. „Die reicht doch, meinst du nicht?" Hannah drehte sich um ihre eigene Achse. „Vollkommen. Sind deine Sachen schon da? Dann können wir dich hier ein bisschen einrichten und es ein wenig wohnlicher machen." Maite grinste breit: „Das war der Plan." Gezielt ging sie auf einige Kartons zu, die in einer Ecke standen und öffnete einen der Oberen. Die beiden waren einige Stunden damit beschäftigt, Maites persönlichen Dinge in die Schränke einzusortieren. So fanden mindestens 20 Bilderrahmen auf einer Kommode und einer Ablage Platz, ebenso wie Schneekugeln und Kerzen, die nach Vanille dufteten. Die Fensterbretter und einige tote Ecken wurden mit Zimmerpflanzen versehen und Maites Lieblingsbücher fanden ihren Platz in einem großen Eichenregal. Das große Himmelbett wurde mit einer cremefarbenen Tagesdecke und dazu passenden Kissen ausgestattet. Maite hat selbst an große, weiche Hochflorteppiche in beigen Tönen gedacht, die sie sowohl im Wohn- als auch im Schlafbereich auslegten. Hannah stemmte ihre Hände in die Hüfte und betrachtete ihr Werk, nachdem sie mit Johns Hilfe die Gardinen aufgehängt hatten. „Hier lässt es sich doch jetzt aushalten, was meinst du? Kannst du dich hier wohlfühlen?", fragte sie Maite. Auch Maite bewunderte nun die Suite, die nun um einiges wohnlicher aussah, und nickte zufrieden. Geschafft ließen sich die beiden im Wohnbereich nieder. „Ich kann es immer noch nicht glauben, dass ihr nun hier wohnen werdet.", sagte Hannah und schüttelte leicht den Kopf. „Wem sagst du das? Ich kann es selbst gar nicht glauben." Hannah drehte sich zu ihrer Freundin, den Kopf auf ihrer Hand gestützt und schaute Maite Ernst an: „Maite, wie geht es dir? Kommst du mit allem mittlerweile besser klar?" Das Lächeln verschwand aus Maites Gesicht. Sie mied Hannah Blick und fixierte einen Punkt auf dem Boden. „Ich denke schon. Klar, ist das alles sehr stressig und belastend. Viel schlimmer ist es aber zu sehen, wie alle anderen darunter leiden. Alle sind ausgelaugt." „Hast du denn irgendeinen Ausgleich zu dem ganzen Trubel?" Maite schnaufte verächtlich: „Was soll ich denn deiner Meinung nach machen? Und vor allem wo soll ich mir denn die Zeit hernehmen?" Hannah nickte verständnisvoll. „Ja, tut mir Leid. Die Frage war echt dumm." Sie zögerte, ehe sie zum nächsten Satz ansetzte: „Sag mal, schreibst du eigentlich Tagebuch oder so etwas? Vielleicht kannst du etwas Stress ablassen und schreiben kannst du auch im Tourbus; einfach alles von der Seele schreiben." „Daran habe ich tatsächlich noch nie gedacht." Skeptisch kratzte sich Maite am Hinterkopf. „Und du meinst, das bringt etwas?" Hannah nickte. „Ich will jetzt nicht klugscheißermäßig daher kommen, aber ich hatte eine Vorlesung, in der ein Thema unter anderem auch das Führen von Tagebüchern war. Es hilft Gefühle zu ordnen und einen klaren Kopf zu kriegen. Es gibt eine Studie, in der gezeigt werden konnte, dass es Menschen, die ein Tagebuch führten, psychisch stabiler waren, als welche, die es nicht taten." Als Maite immer noch skeptisch dreinblickte, fügte Hannah noch hinzu: „Du musst ja auch nicht so ein typisches Tagebuch führen. Was haltest du davon, wenn du Briefe schreibst? Du musst sie ja nicht adressieren oder so, es geht nur um das Schreiben. Probiere es wenigstens, ok? Ich mache mir nur Sorgen. Und jetzt, wo ihr echt nonstop unterwegs seid..." Maite dachte über Hannahs Worte nach: „Ok, dir zu Liebe." Hannah lächelte ihre Freundin an und wollte gerade etwas erzählen, als Angelo anklopfte und die Mädchen zum Essen rief.

Den Weg zum Esszimmer konnte sich Hannah bei besten Willen nicht merken: „Leute, ernsthaft. Ich habe eh ein Orientierungssinn wie ein Stockbrot. Hat jemand einen Lageplan für dieses Schloss?" Joey lachte: „Wir könnten wie im Krankenhaus bunte Striche auf den Boden malen, nur für dich. Dann findest du immerhin alleine zur Küche und zurück" Alle lachten über Joeys Witz und auch Hannah musste schmunzeln. Als sie in die Runde schaute, bemerkte sie, dass Jimmy fehlte: „Sagt mal, wo ist eigentlich Jimmy? Ich habe den heute ja noch gar nicht gesehen." „Er hat eben angerufen und meinte, er ist noch unterwegs, wollte aber eigentlich zum Essen hier sein.", sagte Patricia und gab Hannah einen Teller, auf dem Eintopf hin und her wankte. Hannah nickte, nahm den Teller entgegen und setzte sich zu Paddy, der sie anlächelte und unter dem Tisch ihre Hand nahm. „Guys?", ertönte es aus dem Flur, als alle gerade dabei waren zu essen. „What the hell! Are you nuts?", sagte Joey, der erschrocken seinen Löffeln fallen ließ und starrte mit großen Augen auf den Eingangsbereich des Esszimmers. Alle schauten zur Tür und das, was Hannah sah, verblüffte sie. „Jimmy was hast du getan?" Patricia sprang auf und ging auf Jimmy zu. „Is it real? Oh no, Jimmy!" Gelassen schaute Jimmy in die geschockte Runde und strich sich über die blondgefärbten, kurzen Haare. „Ich brauchte eine Veränderung. Also mir gefällt es." Er nahm sich einen Teller, tat sich etwas von dem Eintopf auf und setzte sich auf einen freien Stuhl, während er von allen Augenpaaren seiner Familie verfolgt wurde. „Jimmy, you look like shit.", sagte Joey. „Ich schneide mir die Haare bestimmt nicht ab. Dich könnte man jetzt echt mit einem Backstreet Boy verwechseln." Jimmy zuckte mit den Schultern. Völlig unbeirrt aß er sein Essen. „Leute, jetzt glotzt nicht so. Es sind nur ein paar Haare." „Also, ich finde, es steht dir.", sagte Hannah und lächelte Jimmy an. Und auch Paddy und Maite stimmten Hannah zu: „Gewöhnungsbedürftig, aber nicht schlecht. Du siehst aus wie ein ganz anderer Mensch.", sagte Paddy und setzte sein Essen fort. Kathy war jedoch alles andere als begeistert. „Hättest du mit deinen Unsinn nicht noch wenigstens bis morgen warten können? Morgen wollen wir Fotos für das neue Album hier auf dem Gelände machen. Was hast du dir dabei nur gedacht?" Doch Jimmy grinste nur: „Was ich mir dabei gedacht habe? Na ganz einfach; ich eine nette Frisur für das neue Albumcover haben." Maite verkniff sich ein Lachen und auch Paddy, Angelo und Hannah prusteten drauf los. Als sie jedoch die strenge Miene von Kathy und die ernsten Gesichter der anderen sahen, verstummten sie und konzentrierten sich besonders stark auf ihre Teller.

Zwischen Liebe und FreundschaftWo Geschichten leben. Entdecke jetzt