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Der letzte Tag brach in Irland an. Den Abend zuvor konnten Hannah und Paddy sich nach der ganzen Faulenzerei noch aufraffen, um in einem Fischerrestaurant unweit des Cottages essen zu gehen, so dass sie mit vollem Magen glücklich ins Bett fielen. „Hast du alles?", fragte Paddy und inspizierte nochmals sämtliche Räume. „Ja, ich denke schon." Sie wühlte in ihrer Handtasche und machte den provisorischen Schlüssel-Handy-Portmonee-Check. „Jepp, ich habe alles." „Mrs. Hayes ist bestimmt auch gleich da." Paddy nahm fürsorglich ihr Gepäck und ging nach unten, während Hannah noch einmal auf die Toilette ging. Gemeinsam verstauten sie ihre Taschen im Auto und warteten vor dem Cottage auf Mrs. Hayes. „Ein Glück fahren wir heute.", sagte Hannah und lachte, als sie Paddys entsetztes Gesicht sah. „Hat es dir etwa nicht gefallen?" Sie ging auf ihn zu und umarmte ihn liebevoll. „Was denkst du denn? Der Urlaub war hervorragend. Wenn es danach ginge, würde ich gar nicht wegwollen, aber es sieht so nach Regen aus, deswegen bin ich froh, dass wir heute fahren." Erleichtert atmete Paddy aus und strich Hannah über den Rücken. „Na dann bin ich ja beruhigt." Die innige Umarmung der beiden wurde durch Mrs. Hayes gestört, die mit gröhlendem Motor vor dem Cottage zum Stehen kam. Sie stieg aus ihrem alten Wagen und ging freudestrahlend auf Paddy und Hannah zu. „Ich hoffe, sie warten noch nicht allzu lange. Hatten sie einen angenehmen Aufenthalt?", fragte Mrs Hayes und Hannah nickte eifrig. „Es ist traumhaft schön hier." „Das freut mich zu hören Frau Kelly. Sie können jederzeit wieder vorbeikommen." Paddy übergab Mrs. Hayes die Schlüssel und bedankte sich ebenfalls. „Dann haben sie eine angenehme Heimfahrt." Mit diesen Worten verabschiedete sich Mrs. Hayes und ließ erneut ihren Motor aufschreien. "Na dann wollen wir mal los Frau Kelly." Hannah knuffte Paddy in die Seite und stieg in das Auto.

Die ersten Regentropfen fielen vom Himmel, als Paddy noch in dem kleinen Tante-Emma Laden halt machen wollte und mit einem großen Blumenstrauß und einer Flasche Scotch zurück kam. „Was hast du denn noch vor?", fragte Hannah verwirrt und begutachtete den Blumenstrauß. „Wirst du gleich sehen." Er überreichte ihr den Blumenstrauß und die Scotchflasche und fuhr in die Ortsmitte, um vor dem Pub halt zu machen. „Los, komm mit.", forderte Paddy Hannah auf, die immer noch nicht Verstand, was gerade vor sich ging. Beide betraten den Pub, der, anders als beim ersten Mal als sie hier waren, vollkommen leer war. „Ah, Mr. Kelly, was verschafft uns die Ehre?", fragte Vincent, der eifrig dabei war, Gläser zu polieren. „Ich wollte mich nochmals für ihre Hilfe bedanken." „Und das ist die Kleine, die sie schützen wollten?", fragte Vincent ungeniert. Paddys Wangen nahmen einen rosa Ton an, während er nickte. „Ja, darf ich vorstellen. Das ist Hannah." Hannah lächelte und gab Vincent die Hand. Sie war leicht überfordert und total überrumpelt über Vincents Aussage. „Hier das ist für Sie." Paddy hielt ihm den Scotch hin, den er freudig annahm. „Ist denn die Kellnerin auch da?", fragte Paddy und schaute sich suchend um. „Du meinst Angie? Moment." Vincent rief nach der Kellnerin, die mit einer Schürze aus der Küche kam und anfing zu lächeln, als sie Paddy und Hannah erblickte. Paddy überreichte ihr zum Ausdruck der Dankbarkeit den Blumenstrauß. Auch Hannah bedankte sich nochmals bei Angie, die sichtlich verlegen war. „Wenn ihr nochmal hierherkommen solltet, dann kommt ruhig vorbei. Dann bekommt ihr Irish Stew aufs Haus." Hannah und Paddy verabschiedeten sich herzlich von Angie und Vincent und machten sich auf den Weg zum Flughafen.

Am Flughafen gaben sie ihr Gepäck auf und checkten ein. „Erste Klasse?", fragte Hannah erstaunt und starrte auf ihre Boarding card. „Naja, wir fliegen zusammen. Wer weiß, was in Köln los sein wird. Ich dachte, wir gönnen uns einfach den Luxus." „Danke!", sagte Hannah verlegen, „Du weißt aber, dass ich das nicht brauche, oder?" „Natürlich weiß ich das. Ich brauche es doch eigentlich auch nicht." Paddy legte ihr einen Arm um die Schulter, während sie zum Gate liefen. Draußen wurde es immer stürmischer und der Himmel verdunkelte sich mehr und mehr. Allein, dass es regnete, machte es Hannah schwer überhaupt in den Flieger zu steigen. Nach kurzer Wartezeit konnten sie ihre Sitze im Flieger einnehmen. Hannah staunte wie viel Beinfreiheit sie in der ersten Klasse hatte und war froh darüber, dass die wenigen Menschen, die ebenfalls in der ersten Klasse ihre Plätze hatten, mit sich selbst beschäftigt waren. Die meisten Passagiere waren Geschäftsleute, die einen feinen Anzug trugen und über ihren Unterlangen hingen. Hannah hatte einen Fensterplatz und schaute nervös nach draußen. „Ist alles in Ordnung?", fragte Paddy und nahm Hannahs Hand. „Ich bin nicht so der große Fan vom Fliegen", gestand sie, „Und schon gar nicht, wenn es draußen so stürmisch ist und regnet." „Hannah, jetzt kennen wir uns schon so lange, aber das höre ich zum ersten Mal von dir. Du hast Flugangst?" Hannahs Wangen erröteten: „Ich....naja...also...so halb? Hey, das ist nicht lustig!" Paddy nahm erneut ihre Hand und küsste sie. „Dass ich noch neue Seiten an dir kennen lerne. Keine Angst, ich bin ja da." Hannah verdrehte die Augen, drückte Paddys Hand jedoch fester, als das Flugzeug startete. Sie versuchte sich zu entspannen, lehnte sie sich an Paddys Schulter und schloss die Augen. Hin und wieder schreckte sie hoch, wenn das Flugzeug durch ein Luftloch flog. Dennoch ließ sie Paddys Hand nicht los. Der Landeanflug war zu Hannahs Glück unproblematisch. Paddy wartete mit Hannah bis nur noch wenige Passagiere an Bord waren, Zog sich eine Baseballcap tief in das Gesicht, ehe sie das Flugzeug verließen. Schon von weiten sah Hannah Tom, der unauffällig auf die beiden wartete. Sie begrüßten Tom per Handschlag: „Schön euch beide so erholt wieder zu sehen. Das mit eurem Gepäck habe ich bereits geklärt. Wir können gleich zu den Autos." „Autos?", fragte Hannah. „Müssen wir noch jemanden mitnehmen?" „Oh nein, Hannah. Es ist besser, wenn ihr getrennt fahren würdet." „Ehm...ok.", gab Hannah von sich und sah fragend zu Paddy, der sich jedoch verkrampfte und starr geradeaus blickte. Hannah fuhr bei Tom mit, während Paddy von jemanden gefahren wurde, den Hannah noch nicht kannte.

Als sie Schloss Gymnich erreichten verstand Hannah, warum Tom meinte, dass sie getrennt fahren sollten. Vor den Toren waren gefühlt hundert Fans, die anfingen zu schreien, als sich das Auto näherte. Sie klopften an die Fensterscheiben, kreischten und versuchten trotz getönter Scheiben einen Blick in das Innere des Wagens zu erhaschen. Hannah saß auf dem Rücksitz und rutschte immer tiefer ins Polster. „Alles ok dahinten?", fragte Tom und suchte Hannahs Blick im Rückspiegel. „Geht so. Seit wann campieren hier denn so viele Fans?" Tom schnaufte verächtlich. „Seit der Pressekonferenz tauchen hier immer mal wieder ein paar Fans auf. Seitdem sie jedoch wissen, dass alle zurzeit im Schloss hausen, ist das hier zu einer Pilgerstätte geworden." Hannah schluckte schwer und erschrak, als sie in der Masse zwei junge Frauen sah, die ihr ziemlich bekannt vorkamen.

Zwischen Liebe und FreundschaftWo Geschichten leben. Entdecke jetzt