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Nachdem Hannah und Paddy gefrühstückt hatten, packte Hannah schnell ihre Kulturtasche, während Paddy in ihrem Zimmer auf sie wartete und es sich, alle viere von sich gestreckt, auf ihrem Bett bequem machte, die Arme hinter dem Kopf verschränkt. Wie so oft blieb sein Blick bei den Schnapsschüssen hängen, die ihn und Hannah zeigten. Gern dachte er an die unbeschwerte Zeit zurück. Wie einfach damals alles war. Immer wieder stellte er sich vor, wie es wohl gewesen wäre, wenn Paddy wie jedes normales Kind zur Schule gegangen und in einem Haus wie Hannah gewohnt hätte. Hätte er dann Hannah kennen gelernt? Auf der einen Seite konnte er sich nicht vorstellen, wie ein Tag mit geregelten Ablauf von statten ging, auf der anderen Seite war er von den ganzen Trubel mehr und mehr genervt und sehnte sich nach ein wenig Normalität. Ganz in seinen Gedanken vertieft, merkte Paddy nicht, wie Hannah ihr Zimmer betrat: „Na, woran denkst du?" Sie hockte sich zu ihrer Taschen und verstaute die letzten Sachen in dieser. Als Paddy nicht antwortete, legte sie sich ebenfalls aufs Bett und schmiegte sich an ihn. „Beschäftigt dich irgendetwas?" „Fährst du mit mir in den Urlaub?", fragte er und fixierte einen Punkt an der Decke. „Ja, klar. Ich frage mal euren Manager und lasse mir einen Termin bei dir geben. Vielleicht habe ich ja Glück und ich kann dich in zwei Jahren für ein eine Woche buchen", witzelte Hannah rum. Doch Paddy verzog keine Miene. „Ich meine es Ernst. Lass uns verreisen. Nur wir zwei." Hannah seufzte: „Ach, Paddy. Du glaubst nicht wie gerne ich das mit dir machen würde, aber...wir sollten realistisch bleiben. Stehen nicht weitere Tourtermine in Europa an? Wo soll denn da Zeit sein für eine Reise?" Als Paddy nichts weiter dazu sagte, plagte Hannah das schlechte Gewissen. War sie zu direkt mit ihrer Antwort? „Wir genießen jetzt erstmal die paar Tage zusammen, ok? Es ergibt sich bestimmt nochmal ein Urlaub...irgendwann." „Mhh...ja...irgendwann." „Ach komm schon. Sei nicht so...bitte?" Hannah kuschelte sich näher an ihn ran „Sei nicht sauer." Sie vergrub ihr Gesicht in seiner Halsbeuge, was Paddy eine Gänsehaut bescherte. Er drückte sie fest an sich und küsste sie auf die Stirn. „Ich bin doch gar nicht sauer." Die beiden genossen für einen kurzen Moment die Zweisamkeit, ehe sie nach Gymnich aufbrachen.

„Hier, du fährst.", sagte Paddy und warf Hannah die Autoschlüssel entgegen, die sie gekonnt auffing. Er zog sich den Baseballcap tief ins Gesicht, stieg auf der Beifahrerseite ein und rutschte tief in den Sitz. „Verkriechst du dich jetzt so, weil du Angst vor meinem Fahrstil hast oder weil du nicht gesehen werden willst?" Hannah hatte erst vor kurzem ihren Führerschein bestanden, versuchte jedoch jede Gelegenheit zu nutzen, um ihre Fahrkünste zu verbessern. Paddy grinste: „Sowohl als auch." Sie verpasst ihn einen Schlag auf seine Schulter und startete den Wagen. Mühelos manövrierte sie das Auto aus der Parklücke, um dann aber an der Ampel den Motor abzubocken, was Paddy auflachen ließ. Hannah wurde rot und startete den Motor neu. „Hey, diese Röte habe ich ja schon lange nicht mehr gesehen." Er beugte sich zu ihr rüber und strich ihr über den Oberschenkel. „Man, Paddy. Du weißt ganz genau, dass..." „Was? Dass du noch röter werden kannst?" „Psst! Ich muss mich konzentrieren", versuchte sie das Thema zu wechseln. Ihr Gesicht brannte. Dennoch versuchte sie sich noch intensiver auf die Straße zu konzentrieren. „Du bist echt süß, wenn du versuchst deine Verlegenheit zu überspielen." Paddy gab ihr einen Kuss auf die Wange und ließ sie in Ruhe Auto fahren. Schweiß gebadet und die Hände in das Lenkrad gekrallt hielt sie im Hof von Schloss Gymnich und machte große Augen. „Wow, ich habe das Anwesen viel kleiner in Erinnerung." „Du, Hannah?", fragte Paddy und stupste sie an. „Mhh?" Du kannst jetzt den Motor ausmachen. „Blödmann!" Paddy grinste, während sie den Zündschlüssel drehte und sich in den Sitz zurück fallen ließ. „Und hier wollt ihr jetzt wohnen? Ich verlaufe mich hier doch nur." Hektisch stieg Hannah aus dem Wagen und begutachtete den Eingangsbereich des Schlosses. Etwas verlegen folgte Paddy ihr blieb an der Wagentür stehen. „Ziemlich prollig, oder?", fragte er sie und schaute zu einen der Türme hinauf. „Wenn man den Bus und das Hausboot kennt....vielleicht so ein bisschen." Hannah deutete mit ihren Fingern ihre Definition von "ein bisschen" an und grinste. „Gibst du mir später eine Schlossführung?" „Auf jeden Fall. Ich kenne selbst noch nicht alles. Wenn du willst, können wir uns zusammen ein Zimmer aussuchen. Wir müssen uns wohl mit dem zufrieden geben, was noch frei ist. So wie ich meine Geschwister kenne, haben sie sich schon ihre Zimmer ausgesucht, als ich nicht da war. Also...dann mal los." Paddy ging auf Hannah zu, nahm ihre Hand und ging mit ihr zusammen in das Schloss.

Hannah kam aus dem Staunen gar nicht mehr heraus. Allein der untere Bereich war riesig. Wie sollte man sich hier nicht verlaufen? Überall liefen Möbelpacker durch die Gegend und räumten ein Möbelstück nach den anderen hin und her. In einem großen Zimmer, das mit Parkett ausgestattet war und einen Kamin besaß, saßen alle zusammen und hingen über Pläne, die den Grundriss des Schlosses zeigten. „Hallo!", rief Hannah in den Raum und erschrank vor ihrem eigenen Echo. Paddys Geschwister blickten auf. Als Maite Hannah sah, war sie außer sich und begrüßte ihre Freundin herzlich. „Wie schön, dass du da bist. Ich habe schon alles für heute geplant. Los, ich zeig dir mein Zimmer." Ohne Hannahs Antwort abzuwarten, zog Maite ihre Freundin hinter sich her und rannte förmlich durch die Gänge. Paddy schaute seiner kleinen Schwester und Hannah hinterher. ‚So viel Zeit alleine werde ich mit Hannah wohl nicht verbringen können; von wegen Zweisamkeit', dachte er. Wie gerne hätte Paddy die kompletten Tage Hannah ganz alleine für sich gehabt. Er wusste, dass es Maite zurzeit nicht so gut ging und verstand auch in gewisser Weise, dass sie ihre Freundin brauchte. Trotzdem konnte Paddy seine Eifersucht nicht unterdrücken. Einmal mehr wünschte er sich weit weg von seinen Geschwistern zu sein. Erschrocken über seine Gedanken, schüttelte Paddy den Kopf und gesellte sich zu seinen Geschwistern, um sich einen Überblick über die die Räumlichkeiten zu verschaffen.

Zwischen Liebe und FreundschaftWhere stories live. Discover now