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Hannahs Nerven lagen blank. Nach dem Ausraster von Paddy, konnte sich Hannah auf nichts mehr konzentrieren, so sehr sie es auch versuchte. Kira und Sandra waren sehr verständnisvoll und wollten sie in jeglicher Hinsicht ablenken. „Oh man Kira. Es tut mir total leid. So hast du dir deinen Besuch in Köln bestimmt nicht vorgestellt." Doch Kira lächelte sie liebevoll an. „Mach dir darüber keine Sorgen. Du bist erstmal wichtiger." „Und ich bin so froh, dass meine selbst gekochte Tomatensuppe bei dir im Magen geblieben ist.", scherzte Sandra und knuffte Hannah in die Seite. „Habt ihr etwas dagegen, wenn ich schlafen gehe? Ich bin total im Arsch." Sandra und Kira nickten. „Geh nur, schlaf dich erstmal aus." Hannah machte sich bettfertig und schlief tatsächlich schneller als gedacht ein. Sandra und Kira beschlossen sich noch einen Film anzuschauen. Kira saß nachdenklich auf dem Sofa, während Sandra ihre DVD-Sammlung durchschaute. „Ich will echt nicht in Hannahs Haut stecken.", sagte sie nachdenklich. „Na, frag mich mal. Ich wäre wahrscheinlich schon Amok gelaufen.", erwiderte Sandra. „Pretty Woman?" Kira nickte und so machten es sich die beiden bequem. Der Film war jedoch eher Nebensache, da sich die beiden mehr unterhielten als den Film zu schauen. Um halb zwei beschlossen sie dann schließlich schlafen zu gehen, als es an der Tür klingelte. Kira und Sandra schauten sich verwundert an. „Wer klingelt denn mitten in der Nacht?" Kira lugte aus dem Fenster und erkannte Tom, der sich müde durchs Gesicht fuhr und an seinem Auto lehnte. „Ich glaube, ich weiß es." Ohne zu zögern, drückte Kira auf den Summer und öffnete die Tür. „Bist du verrückt? Wer weiß, wer das ist...oh mein Gott!", sprudelte es aus Sandra hervor, als sie Paddy erkannte, wie er die letzten Stufen herauf kam. Kira nahm Paddy sofort in die Arme. „Wo ist Hannah?", fragte er und begrüßte Sandra ebenfalls. „Die schläft schon eine Weile. Sie war nach deinem netten Telefonat echt fertig, du Penner!" „Da wusste ich auch noch nicht, was Sache ist.", versuchte er sich zu verteidigen. Sandra zog fragend die Augenbrauen hoch. „Maite hat es mir erzählt." „Du weißt ja, wo Hannahs Zimmer ist, oder?", fragte Kira und schob Sandra beiseite. Paddy ging geradewegs zu Hannah ins Zimmer und öffnete leise die Tür. Er schaltete die kleine Nachttischlampe an und setzte sich behutsam auf die Bettkante. Hannah schließ tief und fest. Eine tiefe Sorgenfalte zierte ihre Stirn. Sanft strich Paddy ihr über die Stirn, bevor er sich zu ihr legte. Die lange Autofahrt über konnte er vor Aufregung nicht schlafen. Doch jetzt wo er Hannah sah, wie sie friedlich schlief, löste sich die Anspannung und er bemerkte wie müde er war. So wie er war, legte er sich leise hinter Hannah und küsste sie auf die Haare. Seine Hand ruhte auf ihrer Hüfte, doch Hannah zog seine Hand vor ihren Bauch, wie eine Decke, mit der sie sich zudecken wollte. „Paddy, wir bekommen ein Baby.", nuschelte sie kaum hörbar. „Ich weiß. Lass uns morgen darüber reden, ok?", antwortete er und drückte Hannah näher an sich. „Mhh, ok. Ich bin froh, dass du da bist." Er wusste nicht ob Hannah wach war oder wie so oft im Schlaf vor sich hin murmelte, doch darüber wollte er sich erst morgen Gedanken machen.

Hannah wurde als erstes wach. Als sie Paddys Gewicht seines Armes spürte, wusste sie, dass sie das gestern nicht geträumt hatte und er gestern Nacht wirklich noch bei ihr aufgetaucht war. Sie kuschelte sich noch enger an ihn und spielte verträumt mit seinen Fingern, bis Paddy ihre Hand ergriff. „Paddy, bist du wach?", fragte sie vorsichtig. „Mhh, ja. Wie geht's dir? Hast du gut geschlafen?" „Besser als die Tage davor." „Willst du mir jetzt genauer erzählen, was los ist?" „Das habe ich dir doch gesagt. Ich bin schwanger." Nun war es Paddy, der verlegen mit Hannahs Hand spielte. „Und wie denkst du darüber?" Hannah drehte sich zu Paddy, um ihn anschauen zu können. Er sah müde und verbraucht aus. Seine Augen waren gerötet und dunkle Augenringe untermalten seine Müdigkeit noch mehr. „Wenn ich ehrlich bin, ich weiß es tatsächlich nicht. Ich fühle mich nicht bereit für so eine Verantwortung und habe Angst, wenn ich...also wenn wir uns dafür entscheiden, alleine da zustehen. Was ist mit meinen Studium? Was ist mit eurer Musik? Würden wir das alles unter einen Hut kriegen?" Paddy drehte sich auf den Rücken. „Wow, du hast dir schon echt viele Gedanken darüber gemacht, stimmt's?" Hannah kuschelte sich in seine Armbeuge. „Naja, ich hatte auch 48 h mehr Zeit als du. Warte." Sie sprang aus dem Bett und holte die ganzen Broschüren und das Ultraschallbild von ihrem Schreibtisch. „Ich war mit Kira ja beim Frauenarzt und sie hat mir das alles mitgegeben. Ich denke, da drin ist alles echt gut erklärt. „Paddy überflog einige Broschüren und pustete leicht überfordert seine Wangen auf, bis er auf das Ultraschallbild aufmerksam wurde. „Ist das...?", fragte Paddy und Hannah nickte. „Du hälst es falsch herum. Paddy runzelte die Stirn. „Da gibt es ein unten und oben?" Sie lächelte und drehte es in seiner Hand. Sie deutete auf zwei kleine Wölbungen. „Das sind die Gliedmaßen." Sie zeichnete mit ihrem Finger einen Bogen nach. „Das da ist die Wirbelsäule, das ist quasi unten und die große Blase da ist der Kopf." Paddy betrachtete das Bild und war erstaunt darüber wie viel man mit Hannahs Erklärung doch erkennen konnte. „Oh man." Er lächelte und schüttelte den Kopf. „Was ist denn?", fragte Hannah verwundert. „Hast du dir diesen Riesenschädel mal angeschaut? Das sind quasi zwei Dickköpfe in einem." Hannah lächelte. „Ich finde ja eher, es sieht eher nach deinem Quadratschädel aus." Paddy legte das Bild zur Seite, seufzte und nahm Hannah fest in die Arme. „Gib mir ein bisschen Zeit, ok? Ich muss das auch erstmal alles verarbeiten. Gibt es irgendwie eine Deadline oder so?" „Ehm, ich habe nächste Woche nochmal ein Beratungsgespräch bei meiner Ärztin." „Ok, verstehe.", sagte Paddy und versuchte seine Gedanken zu ordnen.

Nachdem sich Hannah und Paddy ausgesprochen hatten, saßen sie gemeinsam mit Kira und Sandra beim Frühstück. Diesmal verzichteten sie Hannah zu Liebe auf Eier und Speck und tischten ein wenig Wurst, Käse und Brötchen auf. Sandra hätte am liebsten Hannah und Paddy über ihre Entscheidung ausgefragt, doch Kira trat ihr auf die Füße und schüttelte unmerklich den Kopf. „Kira, kannst du mir bitte den Käse rüber reichen?", fragte Sandra. Kira nickte und reichte diesen Sandra, nahe genug an Hannah vorbei, die diesen Geruch gleich wahrnahm und sofort anfing zu würgen. Sie presste sich die Hand vor den Mund und rannte los. Kira und Sandra, die das schon kannten aßen unberührt weiter, während Paddy die beiden fragend ansah. „Morgenübelkeit?", gab Sandra Paddy zu verstehen. Kira fing an zu lachen. „Ihr habt aber schon darüber geredet oder hast du schon vergessen, dass sie Schwanger ist? Das ist ganz normal bei einer Schwangerschaft." Bevor Paddy nach seiner Freundin schauen konnte, kam sie schon zurück und lächelte verlegen. „Sorry, aber der Käse stinkt total widerlich:" „Pff. Du hast einen Knall. Das ist stinknormaler Butterkäse, der hat ja mal so null Aroma.", lachte Sandra und biss genüsslich in ihr Brötchen. „Ist noch etwas von der Tomatensuppe da?", fragte Hannah und durchforstete den Kühlschrank. „Klar, da in der Tupperdose." Hannah füllte eine große Schale mit der Suppe und stellte sie in die Mikrowelle. Paddy traute seinen Augen kaum, als Hannah mit der Riesenschüssel langsam wieder an den Tisch ging und gierig die Suppe in sich hineinschaufelte. Fassungslos schüttelte er den Kopf. „Du bist echt unglaublich."

Zwischen Liebe und FreundschaftWhere stories live. Discover now