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Geschockt schauen Legolas und ich uns an. Auch die Pferde sind unruhig. Was war das? Es kam von rechts. Jedoch ist nichts zu erkennen, denn abseits unseres Weges herrscht tiefe Dunkelheit. Angst kommt in mir hoch. Ich wende mich wieder zu Legolas. Auf seinem Gesicht steht jetzt klare Entschlossenheit und nicht ein Hauch von Furcht ist zu erkennen. Für ihn ist klar, was und warum auch immer dort in der Tiefe des Waldes geschrien hat: Er muss dorthin und nachsehen. Genau so muss es gewesen sein, als er mich rettete. Nun sieht Legolas wieder zu mir. Sofort ändert sich sein Gesichtsausdruck, als er sieht, dass ich mich fürchte. Nachdenklich und besorgt. Als würde er überlegen, ob es besser wäre, ohne mich loszugehen, mich dafür aber allein zu lassen, oder mich trotz meiner Angst mitzunehmen. Es muss schnell gehen, denn wer weiß was in diesem Moment in der Tiefe vor sich geht. Also nehme ich meinen ganzen Mut zusammen und fasse den Entschluss mitzukommen. Ich setze nun ebenfalls einen entschlossenen Gesichtsausdruck auf und nicke Legolas entgegen. Er versteht sofort, sichtlich erleichtert. Leise und vorsichtig befreien wir unsere Bögen von unseren Rücken. Dann schreiten wir, fast geräuschlos, in die Richtung, aus welcher der Schrei kam. Legolas vor mir, in voller Konzentration, lauschend und Ausschau haltend. Ich, immer noch etwas ängstlich aber entschlossen anzugreifen, wenn es nötig sein sollte.

Immer noch ist nichts zu erkennen. Trotz des hellen Mondes, der mit der Zeit aufgegangen war, ist es so dunkel, dass gerade so die Hand vor Augen zu sehen ist. Wir müssen uns auf unsere anderen Sinne verlassen. Plötzlich höre ich hinter mir ein leises Knacken. Ich spüre, dass es kein Elb sein kann, denn sie bewegen sich viel leichter und eleganter. Also ist es höchstwahrscheinlich eine Bedrohung. Ich weiß, dass es zu spät wäre und zu lange dauern würde jetzt einen Pfeil in den Bogen einzulegen und zu schießen. Der vermeintliche Angreifer kommt immer näher. Also ziehe ich, ohne, dass ich weiß, wie damit umzugehen ist, einen Dolch aus der Nische an meinem Rücken. Ohne jegliche Geräusche wende ich mich in Höchstgeschwindigkeit um und gleite von Pamina. Gerade in diesem Moment schnellt ein Ork um die Ecke und kommt auf mich zu gerannt. Ohne zu zögern, werfe ich meinen Dolch nach ihm. Im Nachhinein frage ich mich, woher ich diesen Mut nahm, einfach drauf loszuwerfen, aber es ist geschehen. Ich wusste, wenn ich jetzt nicht handle, greift der Ork mich oder auch Legolas an. Wieder fühle ich mich wie bei meinem ersten Bogenschuss. Ich hänge an dem Dolch, fliege mit meinem Blick hinterher. Auch der Dolch trifft sein Ziel, das Herz des Orks. Blut spritzt hörbar aus der eingestochenen Stelle und daraufhin fällt der Ork mit einem letzten, erstickenden Grunzen zu Boden. Ich habe das erste Mal getötet. Ich bin etwas fassungslos. Es war viel zu einfach. Jetzt spüre ich wie Legolas hinter mir steht, abschussbereit um mir zur Hilfe zu kommen. Jedoch brauche ich diese Hilfe nicht, ich habe es allein geschafft. Ich vernehme von ihm ein leise gehauchtes: „Wow." Unsicher gehe ich auf den toten Ork zu, um meinen Dolch zu holen, Legolas dicht hinter mir. Ich höre ihn murmeln: „Hier müssen irgendwo noch mehr sein, Orks gehen niemals allein fort, immer nur in Gruppen.", oder „Das Schreien kann unmöglich von einem Ork gekommen sein."

Als ich bei dem Ork ankomme, ziehe ich angespannt meine Waffe aus ihm heraus. Sie ist mit schwarzem, noch warmem Blut verschmiert. Angeekelt betrachte ich es. Legolas, der mich beobachtet, sagt nun mit einem schmalen Lächeln: „Ja, das Blut der Orks ist pechschwarz, das ist durchaus gewöhnungsbedürftig, aber so wie es aussieht, müssen wir dir nichts mehr beibringen. Sowohl das Kämpfen mit dem Dolch, als auch das Bogenschießen beherrschst du perfekt." Er hat Recht. Meine Bedenken der letzten Nacht erwiesen sich als das genaue Gegenteil. Aber woher kann ich das? Ich habe zuvor noch nie eine Waffe in den Händen gehalten. Legolas sieht meine Verwirrung und vermutet: „Vielleicht bist du dazu bestimmt. Dein Talent würde dazu passen, denn du kannst es, ohne es vorher je ausprobiert zu haben." Von Bestimmungen habe ich schon einmal gehört, aber ich? Das kann ich mir nicht vorstellen. Legolas sieht meine Zweifel und sagt darauf: „So habe ich auch geschaut, als mein Vater mir das erzählte. Auch ich konnte ohne Übung von Anfang an mit Bogen und Dolchen kämpfen wie niemand anders." Erstaunt sehe ich ihn an. Mir fällt auf, dass wir uns ziemlich ähnlich sind. Hat das etwas zu bedeuten? Plötzlich ändert sich wieder der Gesichtsausdruck von Legolas und er sagt entschlossen: „Wir müssen jetzt weiter, herausfinden was dort geschrien hat. Wir müssen es schnell finden. Uns bleibt bestimmt nur wenig Zeit, wenn es nicht schon zu spät ist." Ich nicke und sofort marschieren wir zurück zu unseren Pferden. Immer auf der Hut einen Angriff zu starten oder abzuwehren. Auch Pamina und Arod spüren, dass hier etwas ungutes vor sich geht und lauschen ebenfalls gespannt den Geräuschen des Waldes.

Als wir die Hoffnung um das Wesen schon fast aufgegeben haben und umdrehen wollen, raschelt plötzlich etwas im Gebüsch direkt vor uns und ein erstickter Laut ist zu vernehmen. Die Pferde schrecken zurück, doch Legolas und ich gleiten hinab und spannen jeweils einen Pfeil in unseren Bogen. Ein letztes Mal, genau vor dem Gebüsch schauen wir uns an, nicken einander zu und springen dann gleichzeitig, jederzeit schussbereit und darauf gefasst was uns erwarten könnte, in das Gebüsch hinein.

Legolas & DuWo Geschichten leben. Entdecke jetzt