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Still sitzen wir da. Immer noch geschockt und überwältigt von dem eben Erfahrenem. Wir, Legolas und ich, sollen den Düsterwald von seinem Schatten befreien und die Orks vernichten. Wir. Wieso dann nicht zusammen? Wenn wir es beide machen sollen, wenn wir doch beide dazu bestimmt sind. Wieso dann einzeln? Begründet wurde es damit, dass die Kraft dann wohl stärker sein soll. Daran glaube ich nicht. Ich habe noch nie ohne Legolas gekämpft, was passiert, wenn ich nun im Alleingang versage? Große Nervosität baut sich in mir auf. Allein schon bei der Vorstellung, allein durch die Trist des Düsterwaldes zu laufen und sämtlichen Orks zu begegnen lässt mich vor Angst fast zusammenbrechen. Auch Legolas scheint ganz und gar nicht begeistert davon zu sein. Er will protestieren, doch was bringt das? Die Könige haben gesprochen und wir müssen uns daran halten. Das wissen wir genau. Da lässt sich nichts ändern. Oder... vielleicht könnten wir sie überzeugen, indem wir ihnen zeigen, wie gut wir zusammen kämpfen können? Wenn wir überhaupt die Möglichkeit dazu bekommen könnten, was sehr unwahrscheinlich ist. „Gut, ich wähle zuerst Legolas, dann nimm du meine Tochter mit und prüfe ihre Künste im Umgang mit Pfeil und Bogen.", sagt mein Vater. Thranduil nickt. Na großartig. Ist ja nicht schon so, dass ich aufgeregt genug bin. Jetzt muss ich auch noch zuerst zu ihm. Da wäre es noch viel unangenehmer zu versagen. Noch nie war ich allein mit Legolas' Vater. Hoffentlich wird es nicht allzu schlimm. Auch Legolas war noch nie allein in der Gegenwart meines Vaters. Wieso können wir nicht alles zusammen machen, das würde das alles so viel einfacher machen. Und außerdem wäre ich vermutlich nicht annähernd so nervös wie jetzt.

Schweren Herzens stehe ich auf und wende mich zu Thranduil. Dieser schaut mich mit demselben Lächeln, wie schon vorhin, an. Was das zu bedeuten hat, kann ich mir immer noch nicht denken. Bevor Legolas zu meinem Vater geht, sagt er: „Aber unsere Waffen, sie liegen noch in unseren Räumen. Sollten wir sie nicht zuvor herholen? Damit sind wir geübt." „Ja, das ist ein guter Punkt", antwortet mein Vater. Kleine Hoffnung lodert in mir auf, denn wenn wir unsere Waffen holen dürfen, würde sich die Möglichkeit ergeben, wenigstens ein kurzes Gespräch mit Legolas, unter vier Augen, zu führen. Doch schnell wird meine Hoffnung von meinem Vater zunichte gemacht, als er fortfährt: „aber ihr braucht sie nicht zu holen, wir lassen sie euch bringen. Los und jetzt schnell, wir haben nicht ewig Zeit!" Für einen kurzen Moment schauen Legolas und ich uns noch einmal an. Bei uns beiden steht das Leid ins Gesicht geschrieben. Wir sind nicht mit einer Trennung einverstanden. Doch da werden wir auch schon voneinander weggerissen und in entgegengesetzte Richtungen gezerrt.

Angespannt gehe ich nun hinter dem König des Waldreiches her, bis wir an einem, mir bisher unbekanntem Raum, ankommen. In diesem Teil des Palastes war ich nur sehr selten bis gar nicht, denn mir wurde schließlich verboten zu lernen mit Waffen umzugehen. Jetzt jedoch muss ich mein Können unter Beweis stellen. Als ich mich in dem Raum umsehe, fallen mir viele Kleinigkeiten auf, die ich womöglich gleich versuchen muss, abzuschießen. Auch mein Bogen liegt schon bereit, auf einem kleinen Tisch in der Mitte des Raumes. Legolas seiner, liegt daneben. Gerade als ich darauf zugehen möchte, bricht Thranduil das Schweigen, welches zuvor herrschte: „Ich wusste es hat sich etwas an dir verändert." Ich sehe ihn an und merke, wie er wieder meine Augen mustert. Auch sehe ich wieder dieses Lächeln. Irgendwas sagt mir, dass er mit dieser Veränderung nicht nur meine Augen meint. Und wenn ich so darüber nachdenke, habe ich mich wirklich sehr verändert im Laufe der letzten Zeit. Von dem Mädchen, welches hilflos, dem Tode nahe, im Wald von den Orks gejagt wurde, zu einer Kämpferin, die nun selbst zur Jägerin der Orks wird. Es ist komplett gegensätzlich. Auch ich sehe tief in Thranduils Augen. Sie haben dasselbe blau wie die von Legolas, nur wirken sie nicht sanft, sondern eher kalt und als würde auf ihnen irgendeine Last liegen. Sein Lächeln verschwindet in dem Moment, in dem ich über seine Augen nachdachte. „Dann zeige mir nun zu was dich deine Bestimmung gemacht hat.", befiehlt Thranduil. Ich nehme mir meinen Bogen und hänge mir den Köcher mit den Pfeilen um. Bevor ich jedoch schießen darf, fragt der König: „Mein Sohn gab dir dieses Exemplar, nicht wahr? Es kommt aus unseren Hallen." Ich nicke und erinnere mich zurück an die ganzen Waffen in den Regalen. Legolas' Vater nimmt mir meinen Bogen aus der Hand und zieht einen Pfeil aus meinem Köcher. Er spannt ihn ein und schießt perfekt auf einen kleinen, hölzernen, viele Meter entfernten Krug. „Ein sehr schöner Bogen.", bewertet Thranduil. Wieder nicke ich. Ich bin erstaunt wie gut er mit einem, so gesehen, fremden Bogen umgehen kann. Ich dachte immer, er sei nur so gut im Kampf mit dem Schwert. Zumindest hörte ich davon. Er gab mir den Bogen zurück. Nun bin ich dran. Ich bin angespannt, ja. Aber ich muss mich jetzt konzentrieren. Meine Hände dürfen nicht zittern, sonst verfehle ich mein Ziel. Wieder, so wie als ich das erste Mal einen Pfeil schoss, fixiere ich mich vollkommen auf mich selbst. Ich ziele auf denselben Krug, auf den Thranduil schoss und lasse dann die Sehne des Bogens los.

Legolas & DuWhere stories live. Discover now