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Ich reagiere abwendend auf sie. Ich bin mir nämlich immer noch nicht so sicher ob sie ein Freund oder Feind ist. Das letzte Mal sah ich sie als sie mir die Nebelgestalt zeigte, die direkt auf den Palast zu lief. Danach wurde ich festgenommen. Aber ohne sie hätten wir vermutlich erst viel später das Lager der Orks und der Nebelgestalt gefunden oder ich hätte um einiges länger gebraucht meine Fähigkeiten kontrollieren zu können. Hätte ich es überhaupt ohne den Absturz geschafft? Trotzdem wären mir die Schmerzen und Qualen nicht zugekommen. Ich bin mir unschlüssig. Ich erinnere mich daran, dass die Lichtkugel letztes Mal gesprochen hat. Oder war es die Nebelgestalt höchstpersönlich gewesen, die mir damals sagte, ich solle mich umdrehen? Nein, die Stimme der Nebelgestalt klingt anders. Viel bösartiger und lauter, viel lauter.

Die Lichtkugel schwebt vor mir herum und umkreist ebenfalls das Tor. Kann es mir vielleicht helfen die Lösung zu finden um das Tor zu öffnen? Direkt danach schnellt mir eine andere Frage in den Kopf: Kann ich die Lichtkugel kontrollieren? Das wäre komisch, schließlich habe ich um meine Fähigkeiten anzuwenden immer die Augen geschlossen, und das sind sie ja schon sowieso. Ich entschließe mich dazu, das Risiko lieber nicht einzugehen, nicht, dass es nicht funktioniert und ich sie dann verschrecke obwohl sie mir zu helfen versuchte. „Kannst du mir denn helfen?", frage ich vorsichtig, denn ich habe bisher selten oder noch gar nicht in meiner eigenen Gedankenwelt gesprochen. Nur Stimmen der anderen hörte ich. Hört sie mich? Dann dreht sie sich auf einmal ganz schnell und immer wieder um mich herum. Sie ist nicht mehr als Kugel wahrzunehmen, sondern eher als Ring, der mich umfasst. Teilweise verzerrt sich dadurch das Bild des Tors und mir wird leicht schwindelig. Es verunsichert mich und ich spreche noch weiter: „Wir müssen da durch, weißt du? Ich muss es öffnen, aber ich weiß nicht wie!" Aber es hört nicht auf. Es wird nur immer schneller. Ich fasse all meine Konzentration zusammen, das kann doch nicht sein.. ich bin hier um herauszufinden wie wir weiterkommen. Das Ding hält mich nur davon ab! Wagemutig versuche ich es von mir abzustoßen und gebe zeitgleich ein lautes „Hey!" von mir. Und es funktioniert! Sofort fliegt die Kugel weg und in einer atemberaubenden Geschwindigkeit knallt es.. es stoßt direkt auf das Tor! Es geht viel zu schnell, ohne, dass ich die Kugel noch hätte abbremsen können, kracht sie gegen das Tor und zerspringt in tausend kleine Funken. Sofort erfassen mich die Schuldgefühle und ich will rückgängig machen, was ich soeben tat. Aber es ist passiert.. immer noch fassungslos und etwas starr vor Schreck starre ich auf das Tor, was nun hell und an jeder Stelle glitzert und funkelt. Wunderschön. Eigentlich. Wüsste ich nicht, dass diese einzelnen Splitter vor einem Moment noch ein, in gewisser Weise, lebendiges, Ganzes gewesen ist. Habe ich sie.. getötet? Bei diesem Gedanken trete ich unbewusst ein paar Schritte zurück und entferne mich von dem Tor. Dadurch nehme ich wahr, dass sich auch die kleinen Splitter bewegen, nur ganz langsam und schwach, aber sie bewegen sich noch immer. Nach und nach sammeln sich einige und kreieren etwas. Verdutzt sehe ich zu wie sich die glitzernden Splitter zu einzelnen Buchstaben zusammenfinden und somit ein Wort bilden: „pelethen"

Gefährlich. Gefährlich? „Ich weiß, dass es gefährlich ist! Aber das darf und kann uns nicht aufhalten.", sage ich an der Grenze zur Verzweiflung und doch etwas trotzig. „Was kannst du noch alles? Wieso kannst du unsere Sprache? Wer bist du?!", frage ich nun aufdringlich. Davon abgesehen, dass es mich sowieso schon immer interessiert hat, weiß ich gerade nicht was ich weiter anderes tun könnte. Mir wird nicht geantwortet. Keine Stimme, kein weiteres Wort und auch keine Symbole. Ich muss es anders versuchen, die Lichtkugel, beziehungsweise nun, die Lichtsplitter, dürfen mich nicht weiter ablenken. Gezielt gehe ich wieder zum Tor. Ganz dicht, sodass ich jede noch so kleine Musterung genaustens erkennen kann. Ich taste auch über die Stellen, vielleicht finden meine Hände mehr als meine Augen. Und da spüre ich plötzlich etwas. Eine Einkerbung, ganz klein, nachdem ich sie nun jedoch gefunden habe, unübersehbar. Ich sehe mich um und stelle erstaunt fest, dass diese Einkerbung auf der anderen Seite liegt. Nicht dort, wo wir uns eigentlich befinden. Kann ich meine Energie trotzdem dorthin lenken? Ich will es ausprobieren. Konzentriert lenke ich meine Kraft auf diese eine, klitzekleine Stelle. Es ist mit dem Gefühl zu vergleichen, als würde ich auf diesen Punkt mit meinem Bogen schießen wollen. Alles andere blendet sich aus, und jeden Moment würde der Pfeil genau auf diese Stelle los zischen und eintreffen. Nur das ich keinen Bogen und keinen Pfeil benutze. Lediglich meine geistliche Kraft. Dies alles hier ist nicht real. Nur meine Gedankenwelt, aber so mächtig. So mächtig, dass es sich auf die reale Welt überträgt. Und das geschieht genau... jetzt!

Legolas & DuWhere stories live. Discover now