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Wieder hänge ich an dem Pfeil, ich fliege ihm hinterher. Dann sticht er ein. Nicht dort, wo ich ihn haben wollte. Er flog an dem Krug vorbei, durch den Henkel. Er zog den Krug mit. Nun hängt beides an der Wand. Der Pfeil darin, und der Krug vom Henkel aus baumelnd an dem Pfeil. Das erste Mal, dass ich mein Ziel verfehlte. Ich habe nicht getroffen, wo ich wollte. Eigentlich sollte der Pfeil in Mitte des Kruges einstechen, genau unter Thranduils, doch das tat er nicht. Auch wenn es für mich selbst schade ist, Thranduil weiß nicht, dass ich eigentlich an einer anderen Stelle treffen wollte. Für ihn könnte es so aussehen, als wäre es so geplant gewesen. Wäre dies nicht durch Zufall so gekommen, wäre es bestimmt noch viel schwieriger gewesen, gezielt so zu treffen. Mit diesen Gedanken nehme ich mir einen zweiten Pfeil, schieße ihn, und treffe dieses Mal genau dort, wo ich ihn haben wollte. Gut, denke ich, komplett versagt habe ich schon mal nicht. Immerhin habe ich den zweiten Pfeil getroffen. Auch Thranduil nickt zufrieden. Er sieht den ersten hoffentlich als Absicht an. Ich lächle. Meine Nervosität senkt sich ein wenig. „Das war schon ganz gut, jetzt versuch es schneller, auf verschiedene Ziele.", gibt Thranduil vor.

Ich tue, was er sagt. Ich suche mir meine eigenen Ziele. Ich drehe und wende mich, in alle Richtungen. Jedes meiner Ziele treffe ich ohne Zögern und ohne einen einzigen Fehler. Ich werde mit der Zeit immer schneller, doch auch geübter. Ich glaube, dass diese Übung hier gar nicht so schlecht ist. Ich werde sicherer und besser, auch die Pfeile kann ich nun in sehr schneller Geschwindigkeit aus meinem Köcher vom Rücken hervorziehen und in den Bogen spannen. Nachdem ich all meine Pfeile verschossen habe, ergreift Thranduil wieder das Wort: „Sehr gut. Das Einzige, was ich noch zu überprüfen verlange wäre, dass du im Laufen und Springen schießt. Das ist sehr wichtig, denn es könnte jederzeit sein, dass es zu einer Situation kommt, in der du dies gleichzeitig tun musst." Das habe ich noch nie. Ich werde es versuchen. Mit jedem Pfeil, den ich soeben schoss, kam mir wieder das Selbstvertrauen zurück. Ich gehe los, um die Pfeile wieder einzusammeln. „Das brauchst du nicht, dafür hast du keine Zeit, andere werden es für dich tun, hier, nimm Legolas' Pfeile.", sagt Thranduil. Verwundert drehe ich mich wieder zu ihm um. Da reicht er mir die Pfeile. Ich sage: „Danke." Das ist das erste Wort gewesen, welches ich allein mit ihm wechselte. Wieder lächelt er mich an. Dieses Mal aber nicht so wie die letzten Male, dieses Mal wirkt es viel freundlicher. Allgemein bin ich positiv überrascht. Ich hätte es mir viel schlimmer vorgestellt mit ihm hier allein zu sein. Davor die Zeit, habe ich ihn immer eher kalt, streng und ein wenig egoistisch wahrgenommen, doch anscheinend täuschte ich mich. Zumindest soweit ich das beurteilen kann. In alleiniger Gegenwart zu mir ist er jedenfalls sehr viel liebenswerter. Auch ich lächle, dieses Mal ein echtes Lächeln. Ohne jegliche Art von Unsicherheit.

Ich werde zu einer Art Parkour geführt. Es ist ein Nachbau von einem Wald, in dem viele Felsen stehen. Zwischendrin sind Puppen aufgebaut, die wohl Orks oder irgendwelche andere Angreifer darstellen sollen. Bereit stehe ich auf der Startposition. Darauf wartend, dass Thranduil mir die Anweisung gibt loszulaufen. Hoffentlich läuft hier gleich niemand in meine Nähe. In der Geschwindigkeit, in der ich laufen und schießen muss, habe ich nur sehr kurz bis gar keine Zeit, mir mein Ziel, oder in diesem Fall, meinen Gegner, genauer anzuschauen. Es kann auch sein, dass sich eine Puppe bewegt, um die Schwierigkeit zu erhöhen, meinte Thranduil. Doch was, wenn mein Pfeil nicht eine sich bewegende Puppe, sondern einen Elb trifft? Das will ich mir gar nicht vorstellen. Dazu komme ich auch nicht, denn in genau diesem Moment gibt mir Thranduil das Startsignal. Ich laufe los. Leichtfüßig, so wie die Elben nun mal sind, ist nur das Zupfen der Sehne meines Bogens, und das Eintreffen Legolas' Pfeile in die Puppen zu vernehmen. Überraschenderweise bereitet mir diese Übung nicht die geringsten Probleme. Ich laufe, springe und schieße gleichzeitig, als hätte ich nie etwas anderes gemacht. Auch wenn es Legolas' Pfeile sind, fühlt es sich nur sehr wenig, bis überhaupt nicht anders an. Sie sind zwar perfekt für ihn angefertigt worden, jedoch merke ich selbst nur einen sehr geringen Unterschied. Wahrscheinlich kommt dieses Gefühl mit der Zeit, momentan bin ich noch zu unerfahren. Am Ende der Strecke angekommen, ist nur noch ein Pfeil übrig. Ich wundere mich und drehe mich um, um nachzusehen, ob ich irgendeine Puppe übersehen habe. Genau in diesem Moment schnellt eine von oben auf mich herab. Noch gerade rechtzeitig kann ich ausweichen und schließlich auch der letzten Puppe, den letzten Pfeil, an die Stelle, an der womöglich das Herz sein müsste, schießen. 

Legolas & DuWhere stories live. Discover now