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Auf einmal nehme ich noch etwas anderes wahr. Etwas, das auf uns zukommt. Nach kurzem Blickkontakt mit Legolas drehen wir uns beide gleichzeitig um und sehen zum Eingang. Dort steht die Elbin, die vergangene Nacht den Menschenjungen mitgenommen hat. Sie hält einen kleinen Zettel in der Hand und sagt: „Das hier habe ich in seinem Umhang gefunden, ich dachte, dass ihr euch das bestimmt anschauen wollt." Dann überreicht sie mir das Papier. Bevor sie wieder geht, gibt sie Legolas Bescheid, dass wir den Jungen in drei bis vier Stunden wieder abholen können. Wir bedanken uns und schauen dann gespannt auf den Zettel. Neugierig öffne ich ihn. Es scheint eine Art Brief zu sein. Hier steht geschrieben:

Hallo,

wenn dieser Brief hier gefunden wurde, ist entweder etwas Schreckliches passiert oder ich verlor einfach nur meinen Umhang. Sei es das Letztere würde ich den Finder sehr darum bitten ihn mir zurückzubringen, denn er war ein Geschenk meines Vaters und dadurch ist er mir sehr wichtig. Passierte jedoch etwas Schreckliches bittet meine Mutter um alles in der Welt darum, mich zurück nach Hause zu begleiten. Sie macht sich ständig Sorgen, wohin ich auch gehe, und deshalb existieren diese Zeilen hier auch erst überhaupt. Es passiert schnell, dass ich mich verlaufen könnte oder noch tragischere Sachen geschehen könnten, pflegt sie stets zu sagen. Wir wohnen in einem kleinen Haus am Ortsende von Hofwingen, in direkter Nähe zum Düsterwald. Es ist leicht zu finden, denn meist spielen viele Kinder ringsum unser Haus, darunter auch meine beiden jüngeren Brüder. Vielen Dank schon im Voraus.

Mit freundlichen Grüßen, Thomas (auch Tom genannt).

Ungläubig lese ich mir das Geschriebene ein zweites Mal durch. Ich kann es nicht fassen. „Legolas, das ist das Beste, was hätte passieren können! Wir können seine Familie kontaktieren. Wir haben alle nötigen Informationen hier stehen.", sage ich erfreut. Vorhin erst dachte ich über so eine Sache nach, es hat mir eine kleine Hoffnung geschenkt. Und es wurde wahr. Fantastisch. Legolas dagegen studiert noch einmal sorgfältig den Brief und seufzt anschließend. Auf einem Schlag verwandelt sich meine Freude in Besorgnis und ich sehe Legolas fragend an. „Ich weiß wo Hofwingen liegt, ich bin selbst schon dort gewesen. Es ist sogar noch näher von hier als Sternental... jedoch liegt es in der komplett entgegengesetzten Richtung.", erklärt Legolas und sieht mich eindringlich an „Wir müssen morgen früh aber nach Sternental aufbrechen und haben keine Zeit jetzt noch nach Hofwingen und wieder hierher zurückzureiten." Betrübt senke ich meinen Blick. Dann schlage ich leise vor: „Und wenn jemand anderes dies für uns tut und wir der Familie mit allen Geschehnissen eine Nachricht hinterlassen?" „Ja, das würde gehen.", antwortet Legolas „Dann lassen wir den Jungen lieber dort, wo er jetzt ist. Hier im Palast ist sein Körper in Sicherheit. Die Familie sollte entscheiden, was mit ihm geschieht." Ich nicke zustimmend und falte den Brief wieder zusammen.

Wir rüsten unsere Waffen auf und machen uns auf den Weg nach unten. Zuerst geben wir der Elbin über unser Vorhaben Bescheid und sie schlägt uns höflich vor: „Gerne behalte ich den Jungen für die Zeit hier, bis die Familie eintrifft. Sobald er fertig ist, lege ich ihn in eines unserer schönsten Betten." Erleichtert bedanken Legolas und ich uns bei ihr. Dann jedoch, um keine Zeit zu verlieren, gehen wir in einen Abteil des Palastes, den ich noch nicht kannte. „Ich gebe meinem schnellsten und besten Reiter die Aufgabe, die Familie oder zumindest ein Elternteil aus Hofwingen abzuholen.", erklärt Legolas.

Als wir ankommen, werden wir sofort höflich begrüßt. Ich erkenne ein paar Elben wieder, sie waren gestern, als Legolas mir das Bogenschießen lehrte, auch anwesend und haben trainiert. Besonders im Kopf geblieben ist mir der Elb, der mir meine Pfeile zurückbrachte. Freundlich lächelt er mich an und ich tue es ihm gleich. Legolas ist inzwischen schon auf der anderen Seite des Saales angelangt und redet mit einem Elb, höchstwahrscheinlich mit dem, dem nun die Aufgabe erteilt wird. Er schaut kurz zur Seite und erblickt mich. Gut möglich, dass die beiden gerade über mich sprachen, denn nun sieht auch Legolas herüber und winkt mich zu ihnen. Als ich dazu trete, verneigt sich der Elb vor mir und stellt sich vor: „Seid gegrüßt, Prinzessin Sternentals, mein Name ist Glornal und ich hörte von eurem Anliegen. Selbstverständlich werde ich diese Aufgabe für euch übernehmen und mein Bestmögliches tun, um schnell wieder vor Ort zu sein." Er richtet sich wieder auf und schaut abwechselnd zu Legolas und mir. Dann fügt er hinzu: „Wenn Sie gestatten, würde ich mich gleich jetzt auf den Weg machen." Legolas lächelt Glornal an, legt seine Hand auf seine Schulter und sagt: „Auf dich ist immer Verlass, mein Freund, ich danke dir." Auch ich bedanke mich: „Vielen Dank, ich wünsche einen angenehmen Ritt und dass alles gut geht." Nach einem letzten entschlossenen Lächeln ist er auch schon auf und davon. „So, jetzt schreiben wir noch eine Nachricht für die Familie, in der wir erklären, was vorgefallen ist und dann können wir auch schon alles für morgen Früh vorbereiten. Wir sollten so früh wie möglich losreiten, damit wir möglichst vor Anbruch der Dunkelheit in Sternental ankommen.", sagt Legolas und geht zurück zum Ausgang. Ich komme nickend hinterher und versuche die neugierigen Blicke der anderen Elben nicht zu beachten.

Legolas & DuWhere stories live. Discover now