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Bevor ich mich ihnen zuwende lege ich noch meine Waffen an. Die Dolche, die nun auch, wie als wäre es nie anders gewesen, in meinen Händen liegen. Und der Köcher, mit den Pfeilen, der nun wieder an seinem Platz, an meinem Rücken, befestigt ist. Den Bogen halte ich fest. Er ist mein liebstes Stück. Er gehört ebenfalls um geschlungen, doch warte ich damit noch einen Moment. Alles ist wieder an seiner gewohnten Stelle. So fühle ich mich schon um einiges wohler und sicherer. Erst jetzt wende ich mich den schockierten Gesichtern zu. Drei Augenpaare sind auf mich gerichtet. Um diese unangenehme Situation zu überspielen sage ich: „Also ich wäre soweit, wir können unseren Weg fortführen." Dann lächle ich unsicher, denn niemand reagiert auf meine Worte.

„Schlimm scheint es gewesen zu sein. Viel entsetzlicher als ich je wagte es mir vorzustellen.", sagt Legolas bedauerlich. Tauriel nickt nur wie traumatisiert. Ich zucke mit den Schulter. „Es ist vorbei. Es kann nicht mehr rückgängig gemacht werden. Ich finde mich damit ab, ja?", versuche ich selbstbewusst zu klingen. Natürlich werde ich diese Verletzungen nie vergessen, sie werden immer ein Teil von mir und meiner Geschichte bleiben. Aber immer nur nachtrauern oder sich daran festzuklammern würde niemanden weiter bringen. Ich muss es in den Hintergrund drängen. Ich muss mich damit abfinden. Legolas tritt einen Schritt naher. Instinktiv weiche ich zurück. Ich will keinen Trost. Nicht jetzt. Legolas scheint verwundert über mein Ausweichen. „Wir müssen weiter.", flüstere ich eindringlich. Er nickt nur verständnisvoll. Ich denke, er versteht wieso ich nicht darauf angesprochen werden will. Trotzdem wird es ihn vermutlich nicht davon abhalten mich in einer ruhigeren Zeit danach zu fragen. Soweit es zu einer 'ruhigeren Zeit' kommen wird.

„Zimvar!", stößt Tauriel warnend aus. Schnell wenden Legolas und ich uns wieder zu Tauriel und Zimvar zu. Er zuckt wieder wie verrückt. Völlig unkontrolliert. „Seine Gedanken scheinen dadurch, dass er das gesehen hat, wieder durcheinander gebracht zu werden.", schlussfolgere ich und mustere ihn genauer. „Wenn auch nur unbewusst hat er anscheinend bemerkt, dass er der Schuldige ist. Ist er doch, oder? Er hat dir das angetan.", führt Legolas fort. Jetzt reden wir doch wieder darüber. Aber es lässt sich nicht vermeiden, also antworte ich: „Ja, größten Teils." „Bekommst du ihn wieder unter Kontrolle?", fragt nun Tauriel etwas hektischer. „Ich kann es versuchen.", sage ich und schließe die Augen. Ich werde beinahe erschlagen von dem riesigen Wirrwarr. Nein, es würde zu lange dauern und viel zu viel Kraft benötigen um das Chaos zu beseitigen. Somit öffne ich meine Augen sofort wieder. „Es ist zu viel. Ihn so hinzubekommen wie er eben noch war, war schon schwierig. Genauso würde ich es vermutlich sowieso nicht mehr schaffen. Es scheint abhängig von verschiedenen Faktoren zu sein. Gefühle, Erfahrungen, Erinnerungen und ähnliches.", versuche ich zu erklären. „Aber wir können ihn doch nicht einfach hier zurücklassen!", äußert Tauriel aufgebracht. „Nein,", erklingt jetzt Legolas Stimme, „das können wir nicht. Wer weiß wann er wieder zu sich kommt und in wie fern er sich verändert hat. Wir sollten ihn bei uns behalten." „Er ist zu unberechenbar. Und zu auffällig. Er würde uns eine Last sein. Aber ich will ihn auch nicht zurücklassen.", spreche ich meine Gedanken aus. „Gibt es nicht irgendeine Möglichkeit? Vielleicht kannst du ihn wenigstens ruhig stellen.", fragt Tauriel. Ich schüttle den Kopf: „Nicht alleine. Meine Kraft reicht nicht aus." Mein Blick wandert zu Legolas. Vielleicht könnte er mir helfen. Mir einen Teil seiner Kraft schicken. Oder die Kräfte verbinden. Legolas scheint zu verstehen. Er sagt entschlossen: „Gib mir deine Hände." Wie das funktionieren soll weiß ich nicht. Er scheint es aber zu spüren. Ich vermute ähnlich, wie ich spüre, was ich zu tun habe indem ich beispielsweise meine Augenfarbe ändern lassen kann. Ich reiche ihm meine Hände und dann schließen wir gemeinsam die Augen. Wieder sehe ich das übermäßig große Wirrwarr Zimvars. Es scheint immer weiter zu wachsen. Mittlerweile ist es mindestens fünfmal so groß wie ich. Aber etwas ist anders. Ich schaue nach rechts. Da steht doch tatsächlich Legolas neben mir. Überfordert mustert er die orange-gelb-roten Fäden die sich, in Form eines Wollknäuels und in sehr hoher Geschwindigkeit, hin und herbewegen. Dann nimmt er auch mich wahr. Ich nicke bestätigend. Hier zu sprechen traue ich mich nicht, wobei ich gar nicht weiß, ob das überhaupt möglich ist. Wenn ja, würde es Zimvars Gedankenfluss vermutlich umso mehr verwirren. Gleichzeitig betreten wir das Zentrum seiner Gedanken. Es ist so laut, dass es kaum möglich ist einzelne Gedanken zu verstehen. Ich verenge die Augen zu schlitzen um mich besser konzentrieren zu können. Dann sehe ich ihn. Meinen Gedanken. Wenn ich ihn entziehen könnte.. vielleicht würde es die Sache besser machen? Vielleicht würde es aber auch alles nur noch schlimmer machen. Aber ich weiß nicht, was ich sonst tun könnte. Legolas stellt sich dicht neben mich. Ich deute auf den dunkelsten aller Gedankenfäden. Er nickt verstehend. Wir müssen diesen Gedanken zu fassen bekommen.

Dies stellte sich jedoch als sehr viel komplizierter heraus als erwartet. Der Gedanke ist kräftig. Viel stärker als am Anfang als ich ihn losschickte. Und er wehrt sich. Ohne Legolas hätte ich es vermutlich nie geschafft. Als wir den Gedanken endlich beide zu fassen bekamen, konnten wir ihn aus der Konstruktion heraus ziehen. Sobald er Zimvars Gedankenstrom verlassen hat, löste er sich auf und ist verschwunden.

Sofort nachdem dies geschehen ist öffnen wir beide wieder die Augen. Die Waffen werden ebenfalls direkt gezogen, denn wir wissen noch nicht, von welchen Gedanken Zimvar nun geleitet wird. Von seinen eigenen, das steht fest. Doch ob sie gegen uns, oder für uns sind, das steht noch offen. Sicher ist Sicher, weshalb auch Tauriel einen Pfeil einlegt.

Legolas & DuWhere stories live. Discover now