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Als Alec mit seiner Schwester und seinem Bruder durch die Tür einer von vielen Schulen in Brooklyn trat, hatte er mit absolut allem gerechnet, aber bestimmt nicht mit dem, was er nun vor seinen Augen tatsächlich sah.
Nachdem sie den Schrei wahrgenommen hatten, der halb Brooklyn zum zittern und beben gebracht hatte, hatten sie die Möglichkeit gehabt, den Schrei zu orten. Wie bei einem normalen Erdbeben gab es immer ein Hypozentrum, ein bestimmter Punkt, bei bestimmten Koordinaten, bei dem die Wellen ausgelöst worden waren. Er gab zu, dass diese Koordinaten in einer Schule lagen, hatte ihn bereits überrascht, wer hätte gedacht, dass die erste Banshee, die sich seit Jahrzehnten wieder in Brooklyn blicken liess, doch tatsächlich eine normale Mundieschule besuchte?
Er rechnete mit vielem, einer wildgewordenen Bibliothekarin, einer monströsen Mathematiklehrerin oder einer übernatürlichen Hilfe in der Kantine, was er vor sich sah, war nichts davon.
Sofort liess er seinen Bogen sinken, den er zuvor vorsichtig gespannt hatte, Jace und Izzy machten es ihm nach. Mit einem ratlosen Blick sahen sie ihn von der Seite an, erwartend, dass Alec etwas unternahm, doch alles, was er tun konnte, war gleich verwirrt wie die anderen beiden auf das Mädchen auf dem Boden der Toilette zu starren, die es bisher noch nicht über sich gebracht hatte aufzusehen. Ihre dunklen Haare verdeckten komplett ihr Gesicht, ihre Beine, die in schwarzen, dünnen Strümpfen steckten, hatte sie an sich gezogen, um ihren Körper möglichst klein wirken zu lassen. Eine typische Position für jemanden, der verdammt grosse Angst hatte. Für einen kurzen Augenblick vermutete Alec sogar, es wäre eine Falle und jeden Moment würde sich das Mädchen auf sie stürzen, doch dann hörte er es.
Ein leises Schluchzen.
Eine Welle an Mitleid überkam Alec, als er realisierte, dass das Schluchzen von ihr kam. Obwohl er nicht viel von ihr sehen konnte, so konnte sie kaum älter als er selbst sein, wahrscheinlich sogar eher jünger. Das einzige, was er nun hoffte, war, dass Jace oder Izzy sich ein Herz fassen würden und sie zu trösten beginnen würden, weil Alec weiss Gott nicht die richtige Person war, um jemanden zu trösten. Dafür hatte er definitiv zu wenig Einfühlungsvermögen.
"Izzy, willst du nicht ein Frauengespräch oder so etwas mit ihr führen?", knurrte er schliesslich und hoffte so sehr, sie würde seinem Vorschlag nachkommen. Aus irgendeinem Grund, den er selbst nicht kannte, ertrug er es nicht, das Mädchen noch eine weitere Sekunde weinen zu hören. Es schmerzte ihn wortwörtlich und er verstand nicht wieso, er kannte sie schliesslich nicht. Sie war eine Fremde, sie sollte ihm egal sein, wie ihm die Vampire oder gewisse Werwölfe waren. Ein fremdes Schattenwesen.
"Ein Frauengespräch? Alec, sie hat keinen Liebeskummer oder ihre Tage, sie ist eine verdammte Banshee.", zischte sie ihrem Bruder zurück.
Nun, wo Izzy Recht hatte, hatte sie Recht.
Und so standen sie, die drei Shadowhunter, für einige Minuten still vor dem fremden Mädchen in einer Schultoilette, bis Alec aufseufzte und über seinen Schatten sprang. Irgendjemand musste irgendetwas tun.
