✾81✾

100 11 12
                                    

Jimin

Es war das sanfte Kitzeln kräftiger Sonnenstrahlen, das mich allmählich aus der breiten Dunkelheit meines Schlafes zurück in die Realität holte.

Träge schlug ich meine Augen auf, blinzelte angestrengt aufgrund der plötzlichen Helligkeit, die sich beinahe spöttisch im gesamten Raum ausbreitete und durch die warmen Wandfarben nur noch heller leuchtete.

Ein verächtliches Schnauben entwich unwillkürlich meinen Lippen. Ich wusste nicht, ob es Ironie des Schicksals war, dass es genau am Morgen nach meiner dunkelsten Nacht keine Barriere für die Sonne gab, die die bittere Helligkeit überall auf die Welt entsandte, aber ich konnte nicht anders als verbittert darüber zu schmunzeln.

An sich wäre es das perfekte Bild gewesen- das Licht strahlte unermüdlich und hatte die Dunkelheit vertrieben, genauso wie die unendlich schwere Last auf meinen Schultern. Ich sollte doch erleichtert sein, glücklich, wenigstens befreit...

...aber alles was ich fühlte, war Trägheit, als würde selbst mein Blut nur noch dick in meinen Adern fließen und mich grade noch so am Leben halten.

Es war genau das passiert, wovor ich mich immer gefürchtet hatte. Die Mauern waren eingerissen, mein Schmerz, mein Abgrund lag offen und erinnerte mich mit jedem Atemzug an genau die Dinge, an die ich nicht erinnert werden wollte. Es war so schon hart genug.

Ich hatte es lediglich für Yoongi getan, damit er sich endlich besser in meiner Nähe fühlte, näher als zuvor, auch wenn ich dafür Teile meiner Selbst hatte einreißen müssen. Ich hatte mich schuldig gefühlt, wollte meine Zweifel mir selbst gegenüber loswerden und hatte mir damit selbst weh getan, um jemand anderem helfen zu können.

Gestern noch hatte ich darüber nachdenken müssen, dass es sich richtig anfühlte, auch wenn es schmerzhaft war....

Heute war ich mir da nicht mehr so sicher.

Was würde dieser nun offene Schmerz mir bringen, außer dass ich ihn halbwegs mit Yoongi teilen konnte, jetzt wo er Bescheid wusste...

Aber das war etwas, was ich nie gewollt hatte.

Nicht umsonst hatte ich jahrelang geschwiegen, mich zurückgehalten und eine hübsche Maske getragen... Es war eine Sache mit meiner Situation zu leben, allerdings eine ganz andere das Wissen darum noch jemand anderem zuzumuten.

Dabei war es nicht wirklich die Überforderung, die mich daran dann stören würde und den anderen vom klaren Denken abbrachte, es war das Mitleid, was aus meinen Worten resultieren würde.

Ich wollte es nicht haben.

Mitleid war das schlimmste von alldem- so unnütz und unnötig, wo es mich doch nur auf der Stelle festhalten würde, anstatt mir den Schubs in Richtung Ausweg zu geben. Und mit dem Mitleid kam wohl dann der dringliche Wille etwas zu ändern, für mich.

Ich schätzte diese Reaktion, so zeigte sie mir, dass meine schweren Worte begleitet von dem endlosen Reißen in meinem Herzen nicht unverstanden verhallt waren, doch genauso graute es mich vor den Folgen, welche dieser Drang mit sich bringen würde.

Einen Ausweg, ja den suchte ich und Yoongi jetzt vielleicht auch, aber ich war mir nicht sicher, ob ihm bewusst war, dass ich es nicht noch einmal verkraften würde so intensiv und ausführlich über alles zu reden. Denn gestern war mir klar geworden, dass es das Drücken in meiner Brust nur zehnmal schlimmer machte.

Jedes Wort, das meinem Mund entkommen war, jede Silbe über totgeschwiegene Dinge hatte mich umso deutlicher realisieren lassen, dass da kein Ausweg war. Zumindest nicht in naher Zukunft, nicht bis die Schule und mein unfertiger Abschluss mir Ketten an die Füße heftete und mich zum Ertragen zwang.

𝑀𝑖𝑟𝑟𝑜𝑟 | 𝑌𝑜𝑜𝑛𝑚𝑖𝑛 |Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt