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Yoongi

Ungläubig und wie erstarrt verfolgte ich Jimins Gestalt, die nach nur wenigen Sekunden blitzschnell hinter einer Ecke verschwand. Ich blinzelte mehrere Male, kam jedoch nicht gegen den immer stärker werdenden Drang zu weinen an und so purzelten bald darauf unzählige Tränen über meine wegen der kurzen Nacht strapazierten Haut.

Jimin....

Jimin hatte mich grade verlassen.

Atemlos wandte ich mich von der Tür ab, meine Augen brannten und mein Herz befand sich wie in einer imaginären Faust, die unerbittlich drückte und drückt und drückte. Bis ich irgendwann das Gefühl hatte daran zu ersticken.

Verzweifelt gruben sich meine Finger in meine Haare, riss an den sensiblen karamellfarbenen Fäden, doch so sehr ich auch zog und zerrte, der Druck aus meinem Inneren verschwand nicht.

Jimin....

.....er war fort.

Er war einfach fort, hatten sich meinem schlüpfrigem Griff entrissen und alles in Trümmern zurückgelassen.

Er hatte mich zurückgelassen.

„Yoongi?" Eine zarte Stimme ließ mich aufhorchen. Für einen kurzen Moment wallte eine Flut der Hoffnung in mir auf.

Jimin. Er war wieder hier, er war hier und würde mir erklären, dass all das nur ein doofes Missverständnis war, dass er sich geirrt hatte, dass er sich einen dummen Scherz erlaubte. Egal was es war, ich würde ihm verzeihen. Weil ich ihn wirklich verdammt liebte.

Doch umso niederschmetternder war die Enttäuschung als ich mich in einer schnellen Bewegung der nun leicht offen stehenden Tür zuwandte und dort nicht die vertraute Silhouette des Dunkelhaarigen erblickte.

Stattdessen stand dort sein bester Freund- die Schultern hängend, die Finger zögerlich ineinander verhakt, während er sich mir mit vorsichtigen Schritten näherte.

„Yoongi?" Erneut entfloh mein Name seinen blassen Lippen. Es war wie ein Weckruf, eine Erinnerung an die Existenz der Realität, in der grausames geschah.

Ich hatte es nie für möglich gehalten, hatte die Liebe immer als eine ganz besonders starke Kraft angesehen- eine Macht, die unvorstellbares schaffen konnte, die auch in düsterster Nacht ein Firmament aus Licht am Himmel erschuf, die vermochte zu heilen und zu vergeben.

Aber in Wirklichkeit war die Liebe wie eine zarte Blume am Wegesrand. Schnell und kräftig blühte sie in den härtesten Umgebungen, verlieh dem Grau des Betons und Steins einen Hauch von Leben, ein wenig Farbe. Es war ihr möglich die Augen kleiner Kinder zu faszinieren, aber selbst sie war machtlos im Angesicht ungeduldiger Finger, die ihre Existenz einfach so beendeten.

Sie war empfindlich, die Liebe. Sie selbst war den Mächten des Lebens untertan und das spürte ich grade am eigenem Leib. Als hätten Jimins zarte Finger die Wurzeln unserer Blume gepackt und einfach herausgerissen.

„Yoon-"

„Tae...", unterbrach ich den unsicheren Jungen direkt vor mir. Mit trüben Blick sah ich in sein schmerzliches Antlitz, erkannte Trauer und Mitleid in seinen Zügen liegen.

„Tae...", schniefte ich erneut, die ersten Tränen begannen bereits wieder haltlos über meine Wangen zu rinnen.

„E-er.... e-er hat mich verlassen, Tae. Jimin hat mich verlassen."

Sanft nickend überbrückte der Braunhaarige die letzten Zentimeter und bettete mich in eine feste Umarmung. Ganz liebevoll strichen seine Hände über meinen Rücken- da, genau über meinem Herzen, als würden nur seine zarten Berührungen ausreichen, um den Schmerz darunter vergehen zu lassen.

𝑀𝑖𝑟𝑟𝑜𝑟 | 𝑌𝑜𝑜𝑛𝑚𝑖𝑛 |Where stories live. Discover now