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Jimin

Die nächsten zwei Tage glichen einem wahren Rausch aus Schlaf und Phasen benebelnden Bewusstseins. Die Stunden vergingen, die Sonne ging auf, nahm ihren Lauf über den Himmel und versank irgendwann in sanften Pastelltönen am Horizont, was sich einfach wiederholte.

Und ich.....

..... ich sah zu.

Stumm hatte ich den Blick auf den prächtig schwebenden Ball der Sonne gerichtet, verfolgte dessen Bewegungen, wenn mich die Schmerzmittel nicht doch in einen unerwarteten Schlummer schickten.

Doch so war es okay für mich, so schmerzte es wenigstens nicht und ich müsste nicht befürchten jederzeit an der drohenden Dunkelheit in mir zu ersticken, falls meine Gefühle so präsent werden sollten, dass sie wie eine unaufhaltbare Welle über mich schwappten und endgültig mit sich auf den Grund zogen.

Deshalb weinte ich auch nicht mehr. Seit meine Mutter noch in dieser einen Nacht geholfen hatte die Wunden zu versorgen, hatte ich nicht mehr geweint. Die Sekunde als die kühle Flüssigkeit des Desinfektionsmittels meine Haut zum Explodieren gebracht hatte, als ich mich schreiend in die arme Hand meiner Mutter hatte krallen müssen, das war der letzte Moment gewesen, in dem ich eine Träne vergossen hatte.

Seitdem trieb ich auf einem See der Gleichgültigkeit. Zumindest versuchte ich mir das so oft wie es eben ging einzureden. Denn ich wollte nicht, dass all diese anderen Gefühle wieder über mir einbrechen würden, wollte nicht diese atemlose Hoffnungslosigkeit und Verzweiflung spüren, die mich nur grundlos weiter zu einem Ort drängte, an dem ich schon längst angekommen war.

Doch es war etwas anderes diesen Ort mit offenen Augen zu sehen und ihn zu begrüßen als meine Lider zu verschließen und meine reine Vorstellungskraft walten zu lassen. Denn ehrlich gesagt wollte ich nicht an diesen dunklen Ort, wollte nicht dorthin blicken, wo die dicken Nebelschwaden meiner Seele mir entgegen schwappten wie kitzelige Finger verbrennenden Gifts.

Also verschloss ich sie, malte mir meinen See der Gleichgültigkeit und jedes Mal, wenn eine der heimtückischen Algen aus der Tiefe nach mir griff, mich versuchte festzuhalten und zum Grund allen Übels zu ziehen... wenn sie den Schmerz mit sich brachte, der immer wieder ganz heimlich an meinen schlaffen Muskeln zuckte.... dann schloss ich ihn weg- den Schmerz. Auch wenn ich es nicht aus eigener Kraft schaffte und mich einzig auf die starken Medikamente verlassen konnte, so war mir diese Schwäche mittlerweile egal.

Was zählte es auch noch? Schwäche existierte nur in dumpfer Anwesenheit von Stärke. Sie bedingten sich einander, gingen ihren Weg jeher Hand in Hand. Doch meine Stärke hatte mich verlassen, nein..... ich hatte sie losgelassen und damit der Schwäche die Überhand gegeben.

Aber wen interessierte es nun noch, ob ich stark oder schwach war?

Die Antwort war erschreckend schlicht.

Niemanden.

Denn auch wenn meine Mutter allen Anschein machte mich nach diesem Vorfall so weit es eben neben der Arbeit ging zu unterstützen, wusste ich, dass sie keinen Gedanken darüber verlieren würde ob ich nun schwach oder stark war, ob ich weiterhin kämpfen würde oder aufgab.

Sie würde sich nicht damit beschäftigen, aus dem einfachen Grund, dass ihr das Ausmaß dieses einen Abends nicht bewusst war. Nie hatte ich mit ihr so reden können wie...... wie mit Yoongi, hatte mich ihr dementsprechend nicht anvertraut, daher konnte sie gar nicht wissen, wie sehr ich versucht hatte wirklich stark für uns zu sein.

Und wie hätte es nicht anders sein sollen, hatte ich dadurch alles verloren.

Also war mir die Schwäche über die letzten zwei Tage völlig egal geworden und irgendwie war das auch okay für mich.

𝑀𝑖𝑟𝑟𝑜𝑟 | 𝑌𝑜𝑜𝑛𝑚𝑖𝑛 |Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt