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Jimin

Mit einem lauten Schrei riss ich meine Augen auf und saß kerzengrade im Bett. Schweiß rann mir in kleinen Bächen über den gesamten Körper und durchnässte das weite Shirt, das mir bereits hartnäckig am Körper klebte. Die Stimmen in meinem Kopf sangen noch immer ihren schrecklichen Chor und verzweifelt presste ich mir die Hände gegen die Ohren. „Hört auf!", jammerte ich schluchzend, wiegte mich hin und her und kniff die Augen fest zusammen. „Hört auf, hört auf, HÖRT AUF!" Doch es gab kein Entrinnen, immerzu hörte ich mein eigenes fröhliches Lachen, dann herzzereißendes Weinen, Schreien... all das vermischte sich, brannte mir in den Ohren, trieb mich in den nackten Wahnsinn.

Dann plötzlich packten kühle Finger meine Handgelenke und erschrocken riss ich meinen Kopf zur Seite, nur um in Yoongis dunkel glänzende Augen zu sehen. Tiefe Augenringe zeichneten sich darunter ab und seine Haut wirkte ein wenig blass. All dies wurde jedoch von der Sorge in seinen braunen Iriden überschattet und augenblicklich geriet mein Herz außer Takt.

Mein Körper stellte jegliche Bewegungen ein und selbst die schreienden Stimmen verstummten, während ich in seinen Augen versank. Stille hüllte uns ein, ließ meinen Herzschlag überlaut in meinen Ohren erklingen, doch weder ich noch er rührten sich vom Fleck. Für einen Moment schien es als würde die Zeit stehen bleiben, alles verschwamm zu dunklen Schemen, doch seine Augen leuchteten in der Dunkelheit. Sie erinnerten mich an die fehlenden Sterne in meinem Traum und ich wünschte mir diese zwei funkelnden Leuchtfeuer dort in dieser Finsternis gehabt zu haben. Ich war mir sicher, dass sie mir Hoffnung gemacht hätten, dass sie mir einen Weg aus dieser Verdammnis gezeigt hätten, doch stattdessen war der Himmel leer und einsam gewesen, genau wie ich.

„Hey.", flüsterte er leise und strich liebevoll eine nasse Haarsträhne aus meiner Stirn, während ein zartes Lächeln seinem Gesicht weiche Züge verlieh. Augenblicklich wich die Anspannung aus all meinen Gliedern und seufzend lehnte ich mich gegen seine warme Schulter. „Möchtest du es mir erzählen?", erklang seine sanfte Stimme nahe meines Ohres, doch ich schüttelte nur zaghaft mit dem Kopf. „Es reicht schon, wenn du einfach bei mir bist.", ich hob leicht den Kopf und erneut begegneten sich unsere Augen. Sein Lächeln vertiefte sich ein klein wenig und kühl legte sich seine Hand fest gegen meine Wange, gab mir ein Gefühl von Zuneigung und Schutz. 

Es war das völlige Gegenteil zu dem, wie ich mich Zuhause fühlte und ganz ehrlich... ich genoss dieses Gefühl zutiefst. Jedes Mal wenn ich bei ihm war, überflutete mich eine angenehme Ruhe, durchströmte meinen Körper und Geist, schloss ein paar kleine Risse in meiner zerschundenen Seele, die mein Leben schon bei mir hinterlassen hatten. All das bewirkte Yoongi bei mir und ich bekam langsam eine leise Ahnung davon, wie es sich anfühlte wirklich geliebt zu werden. Zwar taten dies meine Eltern auch, das wusste ich, allerdings war es nicht das gleiche. Bei ihnen war ich von zu viel Gräueln umgeben, die all die einstige Schönheit vertrieben hatten und nichts weiter als Verderben übrig ließen. Ich wusste sie hatten mich dennoch auf eine Art und Weise lieb, die nur Eltern für ihre Kinder empfinden konnten und doch verzehrte es mich nach mehr. Vielleicht klang das auch egoistisch und dumm, doch wünschte ich einfach, dass ich in meinen Eltern genauso einen Trost finden könnte, wie Yoongi es für mich tat. Er war einfach mein rettender Anker, mein Held, mein Schutzschild, der immer für mich da war und nie etwas im Gegenzug verlangte.

Vorsichtig hob ich meine Hand und strich bedächtig mit meiner Fingerkuppe über seine wahnsinnig schöne Haut. Ich spürte die winzigen Unebenheiten, spürte den leichten Schweißfilm und doch war er für mich das wunderschönste Wesen auf dieser Welt. „Du bist so unglaublich schön.", hauchte ich andächtig und ließ meinen Finger noch ein Stück weiter wandern. „Nicht nur deine Haut, dein Körper, nein. Dein ganzes Sein strahlt vor Schönheit, erleuchtet die Welt mit ihrem Glanz. Daneben bin ich nur ein schäbiges, flackerndes Lämpchen, alt, kurz vor dem Aufgeben. Doch irgendwie schaffst du es dein Licht auf mich zu übertragen, mir neuen Mut und neue Kraft zu geben. Du bist da, wenn ich dich am meisten brauche, leihst mir deine starken Schultern und doch kann ich es nicht ertragen meine tonnenschwere Last darauf abzuladen..." 

Entmutigt senkte ich meine Hand, lenkte meinen Blick an die fahle Wand, die nur durch das zarte Scheinen des Mondes von draußen erleuchtet wurde. Doch noch bevor ich meine Hand endgültig fallen lassen konnte, wurde sie von seinen schlanken Fingern ergriffen und in einem festen, aber keinesfalls unangenehmen Griff eingeschlossen. Mein Blick schoss wieder zu ihm und ich wurde beinahe erschlagen von den ganzen Emotionen, die sich in seiner Miene widerspiegelten.

„Das bist du auch, Jimin. Du bist eine wundervolle Seele und ich glaube fest daran, dass auch du strahlen kannst. Derzeit scheint es vielleicht unmöglich für dich, doch glaub mir auch diese Zeiten werden vergehen und dann kannst du auch strahlen, wie die Sonne selbst." Seine berührenden Worte trieben mir die Tränen in die Augen und blinzelnd sah ich ihm entgegen. „Dank dir.", flüsterte ich heiser und näherte mich ihm ein wenig. Ein Kribbeln setzte sich in meinem Bauch fest, während ein noch nie da gewesener Mut mich ergriff und mich noch ein Stück näher rücken ließ.

Wieder kehrte Stille ein und unsere Augen trafen sich erneut, erzählten sich gegenseitig die geheimsten Gefühle und zum ersten Mal hatte ich kein Problem damit. Ich fühlte mich einfach wohl, genoss diese Nähe zu ihm, genoss das Gefühl von ehrlicher Zuneigung, das ich so schmerzlich vermisste. 

„Du bist wirklich eine unglaubliche Person, Jimin.", seine Hand fuhr über meine Wange zu meinen Haaren und vergrub sich dort in den längeren, dunklen Strähnen, was mir einen wohligen Schauer über den Rücken schickte und ich kurz genüsslich die Augen schloss. „Noch nie in meinem Leben bin ich so jemandem wie dir begegnet. Deine Stärke ist unbezahlbar und ich schätze das Vertrauen, das du in mich setzt. Ich kann nur erahnen, wie schwer es für dich sein muss, was für eine Last du tragen musst, aber ich bin und werde immer für dich da sein und wenn du bereit bist, werde ich dir helfen, wo ich nur kann." Tränen stiegen in mir auf, malten meine Umgebung in verwaschene Schemen, während ein dicker Kloß meine Kehle verstopfte. Ein unbeschreibliches Gefühl erfasste mich, ließ meinen Körper schweben und meinen Kopf leicht werden. Zum ersten Mal seit gestern Nacht vergoss ich Tränen nicht aus Trauer oder Verzweiflung. Nein, es war ein völlig anderes Gefühl und es ließ mich kurz atemlos zurück. Seine bedingungslose Unterstützung bedeutete mir die Welt, erwärmte mir das gerissene Herz. Er heilte meine Wunden, fügte mich wieder zusammen und ließ mich wieder erstrahlen.

Schwer traf unser Atem gegeneinander, vermischte sich zu einem Ganzen, das mich erfüllte und mir Kraft gab. Zitternd nahm ich einen tiefen Atemzug, nahm mir die Zeit tief in mein Herz zu blicken. Es war erfüllt von ihm; von ihm und meiner Zuneigung zu ihm. Doch das Wort Zuneigung konnte nicht ganz das erfassen, was ich fühlte. Da war so viel mehr, es ging so viel tiefer als bloß das.

Ich realisierte, dass ich mehr als nur Zuneigung für ihn empfand, dass ich ihn nicht nur mochte, sondern auch
............ liebte. 

Ein wenig erschrocken über diese Erkenntnis weiteten sich meine Augen, als könnten sie selbst nicht fassen, was ich grade nur gedacht hatte. Es klang ein wenig verrückt in meinen Gedanken und doch erkannte ich die Wahrheit dahinter. Ein undefinierbares Gefühl ergriff mich, versetzte mich in einen Zustand der Schwebe, in der meine Gedanken mein ganzes Sein ausfüllten. Es war seltsam und neu, noch nie in meinem Leben hatte ich derartiges gefühlt und das verschlug mir die Sprache.

„Ist alles okay?", fragte Yoongi zärtlich und riss mich damit aus meinen Überlegungen. Ich schüttelte unmerklich den Kopf und konzentrierte mich wieder auf seine ruhige Ausstrahlung, um mich selbst irgendwie wieder zu beruhigen. „Ja, alles gut, ich bin nur müde.", gab ich leise zurück und meine Worte wurden augenblicklich von einem herzhaften Gähnen untermalt. „Dann lass uns schlafen gehen." Ich nickte zustimmend, krabbelte wie Yoongi wieder unter die dicke Decke und wartete schon sehnsüchtig auf seine Arme, die sich auch gleich darauf fest um mich schlossen und mich kaum hörbar seufzen ließen. „Danke.", murmelte ich noch leise, bevor meine Lider schon schwer wurden und mich die Müdigkeit überrollte.

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Was denkt ihr über diese neue Entwicklung? Geht es euch zu schnell oder sind Jimins Gefühle für euch nachvollziehbar?

Lasst mir doch einfach mal kurz nen Piep da, damit ich weiß, wie ihre das Voranschreiten der Story so findet 🙈🙈

Und hiermit auch wieder ein ganz fettes Danke an all diejenigen, die hier so fleißig mitlesen. Ich weiß ich mache relativ viele Updates, aber da sind einfach so viele Ideen in meinem Kopf, die ich unbedingt mit euch teilen möchte xD

𝑀𝑖𝑟𝑟𝑜𝑟 | 𝑌𝑜𝑜𝑛𝑚𝑖𝑛 |Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt