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Jimin

Geschafft von dieser mehr als nur kräftezehrenden Woche betrat ich endlich das Haus und seufzte ein Mal tief, als mir wie immer die warme Luft entgegenschlug. Wie sonst auch entledigte ich mich meines Mantels und meiner Schuhe und schleppte mich dann halb die Treppe hinauf. In meinem Zimmer angekommen, schmiss ich meinen Rucksack nur in die Ecke und erwartete, dass er bis Montagmorgen einfach dort liegenbleiben würde. Ich streckte meine angespannten Muskeln und ließ mich dann kurzerhand einfach auf mein Bett fallen, dass mich mit weichen Polstern empfing. Es fühlte sich an wie der Himmel und seufzend schloss ich meine überreizten Augen.

Doch viel Ruhe blieb mir nicht, als ich nur wenige Minuten später das charakteristische Klacken unserer Haustür vernahm. Mit gerunzelter Stirn hob ich meinen schweren Kopf und sah blinzelnd auf den kleinen Wecker auf meinem Nachttisch. 14.26 Uhr, eigentlich dürfte Mom noch gar nicht kommen...

Jetzt etwas neugierig, entschied ich mich wieder aufzustehen und nach unten zu gehen. Doch wie bereits zu erwarten, war es nicht Mom, die grade ihre Sachen ablegte, sondern Dad. „Oh, du bist wohl schon da?", fragte ich ihn und folgte ihm in die Küche, wo er sich kurz umsah. „Ja, hab heute etwas eher Schluss gemacht." Er legte sein Handy auf den mittelgroßen Holztisch und wandte sich dann mir zu. Ich sah die Anspannung in seinen Zügen und das leichte Glitzern von Schweiß auf seiner Stirn, aber ich wusste dass ihm seine Arbeit manchmal zu schaffen machte und sorgte mich nicht weiter darum.

Was mich jedoch ein wenig überraschte, war der Ausdruck in seinen Augen. Anders als sonst glänzten sie nur müde, doch sonst waren sie klar. Es zeigte mir, dass er diesmal nichts getrunken hatte und erfüllte mich mit leiser Freude, da ich mich so in seiner Anwesenheit halbwegs entspannen konnte. 

Zum Glück bemerkte er nie, dass ich ihn so ausgiebig musterte, weshalb er sich einfach umdrehte und den Kühlschrank öffnete, um zu schauen, was sich so darin befand. „Hast du schon etwas gegessen?", fragte er dann, noch immer mit dem Rücken zu mir und suchte sich ein paar Dinge aus den kleinen übersichtlichen Fächern des Kühlschranks, bevor er ihn wieder schloss und sich mir zuwandte. Ich schüttelte nur den Kopf als Antwort auf seine Frage und lehnte mich locker gegen den Türrahmen. „Wie wärs, wenn ich schnell duschen gehe und wir dann zusammen was machen?" Ich blinzelte überrascht von diesem Angebot, da ich aber merkte, wie sich der Hunger in mir regte, gab ich ihm meine Zustimmung.

„Okay, du könntest ja schonmal anfangen und das Gemüse etwas vorbereiten, damit es schneller geht, ich bin in zehn Minuten wieder da." Damit verließ er die Küche wieder und ließ mich etwas erstaunt zurück. Ich freute mich ein wenig über diese kleine aufmerksame Geste, vor allem, da wir uns seit Tagen nicht mehr so gut verstanden hatten. Euphorie erfasste mich und ich lächelte etwas dümmlich vor mich hin, während ich mir die Hände gründlich wusch und mich dann daran machte das Gemüse wie gewünscht, vorzubereiten.

Leise vor mich her summend schnitt ich grade etwas Rettich, während ich in Gedanken versuchte herauszufinden, wann ich mich das letzte Mal so wohl hier gefühlt hatte. Seit Yoongi in der Stadt war, lief bei mir gefühlt alles drauf und drunter, aber heute, heute war ein Mal alles in Ordnung. Mein Vater war nicht betrunken, was es im Gegensatz zu anderen Tagen erträglich machte in seiner Nähe zu sein. Jedoch zeigte mir das mal wieder, wie sehr Alkohol einen doch zerstören konnte. Er hatte einen wahnsinnigen Effekt auf meinen Vater und das nicht grade im positiven Sinne. Ich wünschte mir es könnte immer so sein, denn tatsächlich fühlte es sich momentan so an, wie in den Jahren, wo ich noch nichts von der ganzen Scheiße gewusst hatte. Wir waren einfach eine ganz normale Familie, mit ganz normalen Problemen.

Wie sehr ich mir diesen Zustand wieder herbeiwünschte, wie sehr ich mich nach meiner damaligen Unwissenheit sehnte und doch konnte ich die Zeit nicht zurückdrehen, was mir natürlich bewusst war, aber dennoch träumte ich manchmal davon. 

„Und wie weit bist du?" Der Körper meines Vaters erschien im Türrahmen der Küche und schreckte mich damit mal wieder aus meinem ewigen Gedankenkarusell. „Ich bin fast fertig mit schneiden. Du kannst den einen Teil ja schonmal braten und ich kümmere mich um das Fleisch.", schlug ich vor und erntete von ihm nur ein zustimmendes Nicken, bevor wir uns gemeinsam an die Arbeit machten. „Wie war die Schule?", fragte er dann nach einer kurzen Weile des stillen Arbeitens und warf mir einen interessierten Blick zu. „Ziemlich anstrengend. Die Weihnachtszeit naht und damit auch das Ende des Halbjahrs, weswegen die Lehrer jetzt gefühlt noch mehr von uns verlangen. Sie schieben alles auf die Prüfungsvorbereitung, obwohl die erst im nächsten Jahr stattfindet."

„Mhm, kommst du denn klar?" Ich versteckte meine Überraschung über seine offensichtliche Neugier und freute mich darüber, dass er tatsächlich mal echtes Interesse an mir zeigte. „Ja, ich denke schon. Wie kommt es eigentlich, dass du schon so früh da bist?" Ich setzte den letzten Schnitt an und schob dann das fertig geschnittene Gemüse zu dem anderen kleinen Berg, den ich vorhin schon geschafft hatte. Dad hatte in der Zeit eine große Pfanne herausgesucht und wartete jetzt nur darauf, dass sich das Öl darin erhitzte. 

„Ich hab meine Überstunden abgebaut, damit ich mich in Ruhe fertig machen kann. Heute Abend ist die Firmenweihnachtsfeier und da wollte ich Zuhause wenigstens noch ein bis zwei Stunden Ruhe haben." Ich nickte verstehend und tat nebenher das Gemüse in die jetzt heiße Pfanne, woraufhin ein scharfes Brutzeln ertönte. Dann überließ ich es Dad sich darum zu kümmern, während ich mich dem Fleisch zuwandte. 

Etwa zwanzig Minuten später waren wir dann auch mit dem Kochen fertig und gemeinsam machten wir es uns an dem Tisch in der Küche bequem, um uns unser selbst zubereitetes Essen schmecken zu lassen. Es herrschte eine entspannte Atmosphäre und ich genoss die Ruhe, die sich ausnahmsweise mal in meinem Kopf einstellte.  

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Und was denkt ihr? Ist es halbwegs nachvollziehbar? 🙈🙈

𝑀𝑖𝑟𝑟𝑜𝑟 | 𝑌𝑜𝑜𝑛𝑚𝑖𝑛 |Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt