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Jimin

Als ich meine geschwollenen Augen öffnete, dämmerte es bereits und verwirrt sah ich mich in dem von Schemen überhäuften Raum um, nur um festzustellen, dass ich mich in Yoongis Schlafzimmer befand. Vorsichtig setzte ich mich auf, wobei jegliche Muskeln in meinen Körper zogen und schmerzten. Ich fühlte mich wie gerädert und ein bitterer Geschmack belagerte meinen Mund, der mich leicht würgen ließ. 

Ich blinzelte die gierigen schwarzen Punkte aus meinem Sichtfeld und ließ meine Füße auf den angenehm warmen Boden sinken. Die Matratze gab keinen Ton von sich, als ich mich erhob, allgemein war der Raum in eine sanfte Stille getaucht, die der in meinem Kopf glich. Tapsend setzte ich einen Schritt vor den anderen, wobei die ersten eher einer Herausforderung nahe kamen, da die Welt nicht still zu stehen vermochte. 

Doch schlussendlich schaffte ich es aus der Tür und folgte den zarten Geräuschen im Flur, einer lockenden Melodie ähnlich, die mich ins Wohnzimmer führten. Im Gegensatz zum Schlafzimmer erleuchteten kleine Lampen den Raum, schufen eine warme Atmosphäre, die mich wohlig seufzen ließ. „Jimin?", kam der überraschte Ausruf nur wenige Meter von meinem Standpunkt entfernt und keine drei Sekunden später stand Yoongi auch schon vor mir und besah mich mit vor Sorge kreisrunden Augen.

„Wie geht es dir?", fragte er einfühlsam, während seine Hände warm auf meinen Oberarmen ruhten, bereit mich wenn nötig in eine feste Umarmung zu ziehen. „Besser.", erwiderte ich kurz, verdrängte einfach jegliche aufkommende Gefühlsregung, aus Angst erneut unter der Last zusammenzubrechen. Ich sah die Skepsis in seinem Blick, doch zu meinem Glück hakte er nicht weiter nach und führte mich stattdessen zu dem hellen Sofa.

Ich ließ mich darauf fallen, spürte wie die Müdigkeit noch immer an mir nagte, doch ließ ich mir das nicht anmerken. Einen Moment breitete sich eine bedrückende Stille aus, nur der Fernseher war ein fröhlicher Kontrast, der aber bald auch nichts mehr gegen die Unruhe unternehmen konnte, die mich allmählich ergriff. Ich traute mich nicht zu Yoongi zu sehen, heftete meinen Blick einfach auf den Boden, wo ich die kleinen Dreckkrümel so genau beobachtete, als würde ich eine wissenschaftliche Untersuchung an ihnen durchführen. Dabei spürte ich ganz genau Yoongis Präsenz neben mir, spürte die selbe Ruhelosigkeit bei ihm, die mich etwas unwohl fühlen ließ.

Dann schob sich auf einmal eine Hand in mein Sichtfeld und leicht erschrocken schaute ich automatisch auf, nur um seinem forschendem Blick zu begegnen. Zart legte sich seine Hand auf meine, streifte den kleinen Verband, den er mir umgelegt haben musste, während ich geschlafen hatte. „Hör mal, Jimin... ich weiß, ich hab gesagt, dass ich dich nicht wieder drängen werde, aber denkst du nicht, du solltest mal darüber reden?", fragte er leise, fast schon zaghaft und das ließ mein Herz unwillkürlich zehnmal schneller schlagen.

Ich erinnerte mich daran, an alles. Die ganzen Bilder schlugen sich unausweichlich einen Weg in meinen Kopf, belagerten ihn und brachten all die Gefühle wieder hervor, die ich so verzweifelt versuchte zu vergessen. Ich wollte nicht wieder zusammenbrechen, wollte die Last nicht schon wieder spüren, dieses tiefe schwarze Loch, das mich allem beraubt hatte.

Meine Hände begannen zu zittern, als wären sie an eine Stromquelle angeschlossen, während ich spürte wie die Tränen sich wieder an die Oberfläche kämpften. Ich wollte es nicht. Ich wollte nicht schon wieder die Verzweiflung und Trauer spüren, die mich atemlos zurückließ, wollte es nicht mehr ertragen, ich konnte es einfach nicht mehr.

„Hey.", drang seine zarte Stimme an mein Ohr und ein leichtes Lächeln umspielte seine Lippen. Seine Hand legte sich sanft an meine Wange, strich die wenigen Tränen beiseite, die mir wiedermal entkommen waren. „Ich bin da." Wie ein Echo vibrierte dieser Satz in mir, wiederholte sich immer und immer wieder. Es setzte sich in meinem Kopf fest und hinterließ ein Gefühl von Wärme. 

Das brachte das Fass zum Überlaufen und während sich ein harter Schluchzer meiner Kehle entrang, suchte ich verzweifelt nach Halt in seinen Armen. Wie selbstverständlich schlossen sie sich um mich, umhüllten mich wie eine dicke Dicke, die mich vor der beißenden Kälte meiner eigenen Gedanken beschützte. Beruhigend strich er mir über den Rücken, drückte meinen Kopf eng an seinen süß duftenden Hals. 

„Ich kann das alles nicht mehr.", schluchzte ich gebrochen und merkte, wie ich dem schwarzen Abgrund in meinem Inneren immer näher kam. Er lockte mich mit Versprechungen von Erlösung und Gefühllosigkeit, doch ich wusste, dass es mich endgültig zerstören würde, wenn ich dem jetzt nachgeben würde. „Ich will das nicht mehr.", hauchte ich atemlos, während meine Tränen bereits schon wieder versiegten. Ich hatte heute schon viel zu viel geweint und das zeigte mir mein Körper nun deutlich, da er keine Tränen mehr produzieren konnte.

„Was, Jimin? Was kannst du nicht mehr?" Ich hörte eindeutig die Angst aus seiner Stimme, hörte die grenzenlose Sorge und wenn ich nicht so am Boden wäre, würde mein Herz jetzt sicherlich ein paar lebhafte Sprünge machen.

Vorsichtig löste ich mich aus der Umarmung, senkte den Blick und lauschte dem einzigen Chaos in meinem Inneren. Konnte ich es ihm sagen? Konnte er mir vielleicht sogar helfen? Eine leise Stimme bejahte sofort. Sie war lieblich, umkreiste mich wie die Erde die Sonne und versprach mir wie einst der leere Abgrund Erlösung. Es war verlockend endlich mal ein paar Dinge los zu werden und gleichzeitig spürte ich, wie ich der Stimme nicht nachgeben konnte. Etwas tief in mir verbot es mir, raubte mir den Atem sobald ich nur daran dachte ein einziges erlösendes Wort in meinen Mund zu nehmen. 

„I-ich kann nicht.", hauchte ich nach Atem ringend und mit bebender Lippe, erneut der Verzweiflung nahe. „Schhh, ist schon gut, mach dich bitte nicht fertig. Ich werde dir die Zeit geben, die du brauchst, aber bitte erinnere dich immer daran, dass ich für dich da bin. Sag nur ein einziges Wort und ich lasse alles stehen und liegen und höre dir zu." Liebevoll strich er mir eine lange dunkle Strähne aus der Stirn, besah mich mit dem wärmsten Blick, der mir jemals begegnet war. „Wie habe ich dich nur verdient?", flüsterte ich leise und konnte es nicht fassen, wie unglaublich verständnisvoll er immer war. Es musste ihm wahrscheinlich enorme Willenskraft kosten ständig so auf mich einzugehen, mir Raum zu lassen, obwohl er mir doch so dringend helfen wollte, auch wenn ich es derzeitig noch nicht zulassen konnte. 

„Du hast alles Glück dieser Welt verdient, Jimin."

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Hey Leute, ich meld mich auch endlich mal wieder^^

Es freut mich zu sehen, wie diese Story langsam aber sicher immer weiter wächst. Ich hätte nie im Leben erwarten schon nach so kurzer Zeit um die 600 Reads zu erreichen und das hab ich nur euch zu verdanken <3

Allerdings will ich mal wieder ein paar Gedanken loswerden, die mich schon wieder beschäftigt haben. Wie ihr vielleicht mitbekommt, werden in dieser Story ziemlich sensible Themen behandelt und ich weiß, dass es für manche sogar sehr bedrückend sein kann. Aber mir ist es wichtig genau diese Gedanken aufzuschreiben, euch zu zeigen, wie schlimm es sein kann mit derartigen Problemen umgehen zu müssen. Es kann sehr sehr belastend für die Psyche sein, aber ich möchte euch dabei trd sagen, dass ihr niemals allein seid. Mir ist es eine Herzensangelegenheit mal über solche fast totgeschwiegenenen Angelegenheiten zu schreiben, mal deutlich zu machen, wie schwer es nicht nur die Betroffenen haben und ich hoffe einfach, dass ich einen guten Weg dabei finde.

Dennoch will ich damit auch gleich sagen, dass ihr immer zu mir kommen könnt, wenn ihr etwas auf dem Herzen habt. Ich bin vlt selber noch nicht grade alt und super erfahren, aber ich musste schon ein paar Dinge miterleben auf die ich echt verzichtet hätte. Also bitte zögert nicht mir zu schreiben, wenn ihr reden wollt <3

𝑀𝑖𝑟𝑟𝑜𝑟 | 𝑌𝑜𝑜𝑛𝑚𝑖𝑛 |Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt