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Jimin

Die ersten Minuten vergingen in völligem Schweigen.

Yoongis Blick lag konzentriert auf der nass glitzernden Fahrbahn vor ihm, während ich meinen nachdenklich aus dem Fenster schweifen ließ.

So zog Seoul still an uns vorbei. Natürlich hörten wir auch innerhalb des Autos den Lärm der Straßen, des geschäftigen Treibens, doch hier...

...hier bei uns war alles still.

Normalerweise beunruhigte mich Stille sehr schnell. Ich war ein Tänzer- mein Körper lebte durch die Musik, den Bass und das Gefühl vollkommen losgelöst zu sein. Stille verhieß immer ein Ende..... oder auch ein Anfang. Genau dann, wenn die Füße fest auf dem Boden standen, die Arme erhoben in Position und man den eigenen Atem tief in sich spüren konnte. Das war eine nervenaufreibende Stille- manchmal gut und verheißungsvoll, manchmal erwartete man einfach nur ihr Ende.

Aber wenn dann wirklich das Ende kam...

...wenn die Musik verklang und die Bewegungen stoppten....

...dann war die Stille ein trauriger Beweis für die raue Realität.

Und während wir die letzten Häuser des Stadtrands passierten, wandte ich mich vom Fenster und meinen Gedanken ab und folgte dem Wunsch solcher Stille nicht weiter Raum zu geben tief in mir. Ich schaltete das Radio an.

Zittrig sprang die Elektronik an, stockte kurz, bevor klare Töne durch den mittlerweile kuschlig warmen Innenraum des Autos tanzten.

Ich lachte.

Nicht, weil ich vollkommen verrückt war oder wegen dem gelegentlichen Zittern der Musik, das die Worte manchmal seltsam verzerrte...

Nein, ich lachte, weil es Weihnachtslieder für Kinder waren, die mir da um die Ohren schwirrten.

„Was ist?", grinste auch Yoongi, der mir einen kurzen amüsierten Blick zuwarf und dann wieder nach vorne sah.

„Du hörst ne CD mit Kinderliedern?", kicherte ich vergnügt und musste mich dabei abhalten frohlockt mitzusingen. Es war lange her, seit ich sowas gedankenlos genossen hatte.

„Es sind WEIHNACHTSlieder und die kann man in jedem Alter hören, auch wenn da auf der Hülle kleine glitzernde Wichtel rumtanzen." Wieder musste ich lachen und schüttelte dabei den Kopf.

„Vielleicht ein verloren geglaubter Traum von dir?", kicherte ich. „Du wolltest bestimmt als Kind auch gerne so einen tanzenden Wichtel spielen, hast die Rolle aber wegen deiner zwei linken Füße nie bekommen." Jetzt musste auch er lachen.

„Das Rumgehüpfe zählt nicht halb so viel wie das stimmliche Talent!" Und damit begann er lauthals mitzuträllern.

Tränen stiegen mir dabei in die Augen, während ich am liebsten mein Handy gezückt und von seiner Gesangseinlage eine wunderbar peinliche Aufnahme gemacht hätte. Am besten noch mit Bild, da er nun überschwängliche Gesten mit seinen Händen vollführte, es gleichzeitig aber trotzdem irgendwie schaffte das Auto auf der Spur zu halten.

Ich lachte immer weiter, auch wenn mein Bauch mittlerweile krampfte, dennoch war es so herrlich Yoongi dabei zuzusehen, wie er die Kinderlieder textsicher mitsang und dabei komische Grimassen zog.

Das erste Lied ließ ich ihn allein performen, genoss den Anblick, der sich mir bot aufs äußerste und stieg beim zweiten Song dann kichernd mit ein.

𝑀𝑖𝑟𝑟𝑜𝑟 | 𝑌𝑜𝑜𝑛𝑚𝑖𝑛 |Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt