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Jimin

Erst Stunden später, als bereits die Sonne ihren Weg hinter den Horizont gefunden und der Mond nun voll und prächtig über den Wolken schaukelte, betrat ich wieder mein Zimmer. Es war dunkel und kühl, schließlich hatte Mom über die Tage meine Heizung komplett runtergedreht, doch ich freute mich irgendwie wieder hier zu sein, wirklich zu spüren, dass dieser Ort ganz allein nur mir gehörte.

Und trotzdem hatte ich das Gefühl irgendwas würde fehlen. Nein, nicht nur irgendwas, sondern ein ganz bestimmter irgendwer. Die letzten Stunden war ich soweit mit Mom beschäftigt gewesen- hatte ihr von dem Urlaub und den wunderschönen Bergen erzählt, hatte mit ihr einfach nur entspannt geredet, während ein Tee vor unserer Nase dampfte und einen süßlichen Geruch verströmte und zum Abend hin hatten wir die Chance ergriffen und einfach zusammen gekocht. Es war unheimlich toll gewesen so normal miteinander umzugehen, zu reden, zuzuhören und schlicht beieinander zu sein- es hatte mir das gegeben, was sonst nur Yoongi mir geben konnte- das Gefühl geliebt und geachtet zu werden.

Aber jetzt, hier hinter der verschlossenen Tür meines Zimmers, konfrontiert mit einer dunklen, jedoch keinesfalls bösen Stille, kehrten meine Gedanken sofort wieder zu ihm zurück. Nie zuvor hätte ich geglaubt, dass Liebe sich auch so anfühlen konnte- so rein und warm, verlässlich und immerwährend. Egal, wie lang unser Abschied heute Nachmittag gedauert hatte, wie viele Küsse und Zärtlichkeiten wir noch ausgetauscht hatten, es fühlte sich an als wäre das vor Tagen passiert, nicht erst wenige Stunden zuvor.

Ich vermisste ihn, vermisste den Gedanken nur meinen Kopf drehen oder in das nebenliegende Zimmer schauen zu müssen, um sein weiches Antlitz bewundern zu können, vermisste die Sicherheit, die mich in seinem haltgebenden Griff immer ereilte, vermisste diese tiefbraunen Augen, in denen sich meine gesamte Welt widerspiegelte.

Seufzend ließ ich die noch immer an meiner Schulter baumelnde Tasche darüber gleiten und hörte noch das bestätigende Plumpsen als diese zu Boden sank, bevor ich mit wenigen Schritten mein kühles Bett erreichte und mich müde darauf fallen ließ. Selbst das kleine Licht auf meinen Nachtschrank anzuschalten, kostete mich auf einmal enorm viel Überwindung. Doch die Müdigkeit war nur körperlicher Natur, denn mein Kopf und mein Herz standen niemals still. Und wie als hätten sie sich abgesprochen, konnten sich beide nur noch auf diese gewisse karamellblonde Person mit diesem unheimlich süßen Lächeln und den funkelnden Augen konzentrieren.

Eine Weile lang ließ ich diese Gedanken einfach zu- weil es schöne Erinnerungen waren, Erinnerungen an Situationen, in denen wir zusammen gelacht, zusammen geweint, zusammen geliebt hatten. Mein Herz sprang dabei in wilden Kreisen, hüpfte und klopfte als würde es die zwar gering erscheinende und doch wahnsinnig große Entfernung zu ihm spüren.

Lächelnd legte ich meine Hand auf meine Brust, erfühlte das kräftige Wummern darunter und schwelgte gradezu in meinen Gefühlen. Es machte mich glücklich zu wissen, dass er da war.... vielleicht nicht hier in diesem Haus, in diesem Zimmer oder in diesem Bett direkt neben wir, wo ich meine Arme fest um ihn schlingen konnte, aber er war da.... genau in diesem nun schnell zuckenden Muskel.

Dennoch vermisste ich ihn und vor allem die Nähe der letzten Tage. Ich hätte es vorher nie vermutet, aber jeden Morgen neben diesem einen Menschen aufzuwachen, seinen Körper direkt neben einem zu spüren und schon nach dem ersten Blinzeln dieses schöne Gesicht erblicken zu können, war die wohl erfüllendste Empfindung, die man erfahren konnte. Es ließ das Morgenlicht der Sonne einfach noch heller strahlen, ließ die entsandte Wärme noch viel wärmer erscheinen, ließ einfach all die Probleme in den Hintergrund treten. In diesem Augenblick könnte nichts perfekter sein.

Es war genau diese Sehnsucht, die mich ergriff, wenn ich an unsere gemeinsamen Morgen dachte, die mich schlussendlich nach meinem Handy tasten ließ. Ich brauchte nicht lange, um seine Nummer in meiner Kontaktliste zu finden; sie stand ganz oben- mit einem Stern als Favorit und einem Herz meinerseits markiert. Lächelnd tippte ich kurzerhand darauf, führte meine nun etwas schwitzige Hand zu meinem Ohr und lauschte dem leeren Tuten mit pochendem Herz und einem dämlichen Grinsen im Gesicht, das augenblicklich nur noch breiter wurde, als seine Stimme klar und deutlich zu mir drang.

𝑀𝑖𝑟𝑟𝑜𝑟 | 𝑌𝑜𝑜𝑛𝑚𝑖𝑛 |Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt