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Yoongi

Seit ungefähr zwei Stunden saß ich nun hier auf einem der starren Plastikstühle des Krankenhauses und betrachtete Jimins schlafendes Gesicht. Tae hatte sich ebenfalls einer der im Zimmer stehenden Stühle geschnappt und saß auf der gegenüberliegenden Seite des schmalen Bettes. Ähnlich wie ich konnte er seine Augen nicht von seinem besten Freund abwenden, wobei mir sein immerzu wippendes Bein verriet wie sehr er sich um ihn sorgte.

Auch mich ließ die Sorge nicht kalt, aber noch viel mehr machte mir mein Gewissen zu schaffen. Wie von ganz allein flog mein Blick zu Jimins Armen, die durch die halblangen Ärmel des Krankenhaushemdes sichtbar auf der Decke lagen. In einem davon mündete der Zugang zu mehreren Infusionen, von denen ich wusste, dass sie unter anderem starke Schmerzmittel enthielten und der andere Arm....

....der andere war bedeckt durch einen dichten weißen Verband.

Unweigerlich schnürte es mir deswegen die Kehle zu und ich dachte an das vorige Gespräch mit dem Arzt, kurz bevor ich zu Jimin ins Zimmer gelassen wurde.


„Sind Sie der Freund von Park Jimin?" Augenblicklich erhob ich mich von dem Stuhl, auf dem ich zuvor gefühlte Ewigkeiten gewartet hatte und streckte dem Mann im weißen Kittel automatisch meine Hand entgegen.

„Ja, Min Yoongi." Der Arzt ergriff meine ausgestreckten Finger mit sanftem Druck.

„Nun Mr Min, ehrlich gesagt steht es mir eigentlich nicht direkt zu Sie über den Zustand des Patienten zu informieren, jedoch erreichen wir keinen in unseren Daten verzeichneten Vormund. Eine Schwester allerdings meinte Sie würden dem Patienten nahestehen und waren am Unfallort anwesend." Ich nickte unsicher.

„Geht... geht es ihm denn soweit gut?" Der Arzt atmete etwas geräuschvoll ein und mir wurde klar, dass er selbst nicht ganz wusste, inwieweit er mich nun informieren durfte. Zu meinem Glück jedoch schien er sich nicht ganz so verbissen an die Krankenhausrichtlinien zu klammern und nahm kurzerhand auf dem Stuhl neben mir Platz.

„Die Kopfwunde war nur recht oberflächlich, weshalb dort keine weiteren Maßnahmen ergriffen wurden. Das CT war zudem ebenfalls unauffällig, jedoch lässt sich eine leichte Gehirnerschütterung nicht ausschließen.", erklärte mir der Mann ruhig, weshalb ich tief durchatmete und versuchte meine innere Anspannung abzuschütteln, die mich nun schon seit einiger Zeit nicht mehr losließ.

Die nächsten Worte des Arztes hatten jedoch genau den gegenteiligen Effekt.

„Was mir zugegebenermaßen etwas Sorge bereitet, sind die Schnittverletzungen an Arm und Brust." Mein Atem stockte völlig und ich sah mit geweiteten Augen zu dem Mann mittleren Alters neben mir. Arm und Brust? „Wissen Sie etwas über den Ursprung dieser Verletzungen?" Mit einem dicken Kloß in der Kehle schüttelte ich den Kopf.

„I-ich.... nein, leider nicht." Wieder nickte der Arzt, er schien etwas besorgt, weshalb meine Herzfrequenz augenblicklich in die Höhe schoss.

„Wir haben auch diese Wunden versorgt, jedoch haben wir den Schnitt am Arm nähen müssen. Da er bereits vorher schon verbunden und notdürftig behandelt wurde, ist er vermutlich bereits vorher entstanden. Und Sie wissen wirklich nicht, wie es dazu kommen konnte?"

Mit jedem weiteren Wort verdichtete sich der Kloß in meinem Hals, ich hatte das Gefühl bald daran zu ersticken.

Wie als wäre das alles nicht schon schlimm genug erinnerte ich mich an heute Morgen und die Auseinandersetzung mit Jimin im Klassenraum. Ich erinnerte mich daran wie ich aus dem Affekt heraus nach seinem Arm gegriffen hatte und seine Reaktion. Die Schmerzen, die ich in seinen Augen gesehen hatte. Es ergab nun alles Sinn.

𝑀𝑖𝑟𝑟𝑜𝑟 | 𝑌𝑜𝑜𝑛𝑚𝑖𝑛 |Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt