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Jimin

Kaum fiel das harte, unnachgiebige Holz der Tür hinter mir ins Schloss, hielt ich einen Moment inne. Die Worte, die ich noch vor wenigen Augenblicken zu meiner Mutter gesagt hatte, flirrten immer und immer wieder durch meinen Kopf.

„Ich habe sonst nie schlecht über meine Familie gedacht...

...aber das, was grade hier passiert, lässt mich manchmal wünschen niemals hier aufgewachsen zu sein."

Es war in gewisser Weise die Wahrheit und doch bereute ich diese Worte auf irgendwie.

Ich hatte niemals vorgehabt Mom damit absichtlich zu treffen, sie zu verletzen, sie an ihrer Rolle als Mutter zweifeln zu lassen...

Aber in diesem Moment hatte sich mein Mund anscheinend selbstständig gemacht und etwas ausgesprochen, das bis eben ganz tief in meinem Herzen vergraben gewesen war.

Es stimmte... gerade in den letzten Wochen war es für mich nicht leicht gewesen mit allem umzugehen und ja.... manchmal wünschte ich mir dem einfach so entfliehen zu können...

...trotzdem war ich jedes Mal geblieben- aus vielen Gründen.

Deshalb stockte mein Atem als ich an das geschockte Gesicht meiner Mutter dachte, welches ich beim Umdrehen noch gesehen hatte.

Doch die Fugen der Zeit lagen nicht in meinen Händen- ich konnte es nicht ungeschehen machen und völlig bestreiten konnte ich es auch nicht. Dennoch hätte ich es niemals sagen sollen.

Ein gequältes Seufzen floh über meine Lippen in die beißende Kälte hinaus, hinterließ einen zarten Schleier von Dampf, der nur ein Blinzeln später in nichts außer der reinen Luft überging. Ich sah dabei zu, immer wieder, fühlte mich dadurch seltsam gestresst, sodass ich mir aus Gewohnheit fahrig durch die dunklen Haare strich.

Der Dampf war wie meine Worte- verschwunden, sobald sie meinen Mund verließen und doch war deren Wirkung so spürbar präsent, wie als würden die kleinen Wassertröpfchen meinen Körper umschließen und mich erdrücken, ohne dass ich es merken würde.

Ich hatte einen riesigen Fehler gemacht und gleichzeitig auch irgendwie wieder nicht. Es war einfach zum verrückt werden!

Missmutig ließ ich meine Hand aus meinen Haaren gleiten und versuchte mich auf etwas anderes zu konzentrieren als das Gespräch mit Mom, wenn man es denn überhaupt als solches bezeichnen konnte. Ich hatte ihr ja schließlich überwiegend Vorwürfe gemacht.

Stattdessen nahm ich nun meine Umwelt bewusster wahr- die erschreckende Kälte, die sich bereits in meine Knochen zu fressen begann, den harten Wind, der meine Wangen zart rosa glänzen ließ, den grauweißen Schnee, der sich durch die Abgase der wenigen Autos in dieser Straße bereits dunkel verfärbt hatte und die Autos an sich, die mit ihren starren Reifen das verstreute Salz über die Gehwege spritzten, einzelne Gesprächsfetzen und sogar das Knirschen des Schnees unter den Füßen der Leute, die hier vorbeikamen.

Für sie musste ich ein bizarres Bild abgeben- ein zerstreut wirkender Junge mit einer vollgepackten Tasche auf der Schulter und mit dem Rücken an die Tür gelehnt als würden ihn seine eigenen Beine nur noch schwerlich tragen.

Ich versuchte mich nicht darum zu kümmern, lenkte meinen Blick nur starr auf den Schnee vor meinen Füßen und war bereits schon wieder kurz davor mich in meinen Gedanken zu verlieren, weshalb ich auch die nährkommenden Schritte kaum bemerkte.

„Jimin?", überrascht von dieser plötzlichen Ansprache schreckte ich auf. Mein Herz raste unnatürlich schnell und der Schock schien mir wohl deutlich ins Gesicht geschrieben zu sein, denn sofort veränderte sich Yoongis Ausdruck und er kam vorsichtig näher.

𝑀𝑖𝑟𝑟𝑜𝑟 | 𝑌𝑜𝑜𝑛𝑚𝑖𝑛 |Where stories live. Discover now