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~Alice' Sicht~

Am nächsten Morgen wachte ich durch das Öffnen einer Türe auf und schlug alarmiert die Augen auf. Ich hatte mich kerzengerade aufgerichtet und schaute meinen Besucher erschrocken an. 

"Was tust du hier? Wie bist du an Bill und...", sagte ich, doch endete, als ich bemerkte, dass ich nicht mehr im Shell Cottage war. Mein Vater schaute mich nur misstrauisch an, bevor er sich mit steifer Haltung an die Kante meines Bettes setzte. 

"Warum um Merlins Bart bist du mit Potter gegangen? Der Lord hat mich danach gefragt und ich bin in Erklärungsnöte gekommen! Gott sei Dank war er zu beschäftigt die Malfoys zu quälen, als weiter zu fragen!", sagte er barsch und ich schaute ihn fassungslos an, bevor sich wieder die Wut in mir bildete. 

"Harry hat mich mit ihnen mitgenommen! Es hat mit Sicherheit auch so ausgesehen!", zischte ich wütend und verschränkte die Arme vor der Brust. 

"Potter!", knurrte Dad und schaute wütend auf die Bettdecke. 

Der restliche Vormittag verging schnell und auch der Unterricht war heute erträglich. Ich ging gerade auf einem leeren Gang, als ich einen stechenden Schmerz in meinem Magen spürte. Ich stöhnte schmerzhaft auf und hörte Schritte von hinten. Zu meiner Verwunderung stand dort Ginny und schaute mich fragend und wütend zugleich an. Ich stöhnte noch einmal und meine Schulsachen flogen aus meinen Taschen, als ich auf die Knie fiel. Ginnys Augen weiteten sich um einiges und sie kam eilig zu mir. 

"Alice, geht es dir gut?", fragte sie mich, aber ich kniff meine Augen vor Schmerz zusammen.

"Ella...ich glaube es ist so weit", presste ich mit Mühe hervor. Ginny atmete tief ein und legte meinen Arm um meine Schulter. 

"Komm, wir schaffen es gemeinsam in den Krankenflügel", sagte Ginny und gemeinsam gingen wir langsam in den Krankenflügel. 

"Madam Pomfrey!", schrie Ginny und Poppy hechtete aus dem Krankenflügel. 

"Ach du meine Güte! Kommen Sie schnell!", sagte diese und führte uns durch eine geöffnete Türe in ein großes Krankenbett. Ginny setzte mich vorsichtig darauf ab und schaute mich unsicher an. 

"Alice, es tut mir leid. So etwas hätten wir nicht von dir denken sollen. Es tut mir so leid. Ich schäme mich so deshalb", sagte Ginny und ich konnte erkennen, dass ihre Augen glasig wurden. 

"Es ist schon alles gut. Kannst du bitte Draco und...Dad holen?", fragte ich sie und stöhnte ein weiters Mal schmerzhaft auf. 

Ginny nickte knapp und lief aus dem Krankenflügel, um die besagten Personen zu holen. 

~Ginnys Sicht~

Schnell lief ich die Korridore entlang und musste mir eingestehen, dass mir eine große Last von den Schultern gefallen war, als Alice meine Entschuldigung angenommen hatte. Die ganze Zeit über war sie auf unserer Seite und wir haben ihr nicht vertraut. 

Mittlerweile war ich vor dem Gemeinschaftsraum der Slytherins angekommen und hämmerte mit meinen Händen an die Wand, mit der Hoffnung, dass mich jemand hören konnte. 

"Was um Salazar Slytherin ist hier los?", fragte ein aufgebrachter Draco der aus dem Gemeinschaftsraum heraustrat. 

"Alice steht kurz vor der Geburt! Jetzt geh schon!", wies ich ihn an und er lief schnellen Schrittes in den Krankenflügel. Kurz schaute ich ihm hinterher, als ich wenige Minuten später schwer atmend vor dem Büro des Schulleiters stand. Ohne zu klopfen trat ich in das Zimmer ein und sah einen Snape, der zusammenzuckte und mich wütend anschaute. 

"WEASLEY! Muss ich Ihnen wirklich Manieren beibr-"

"Professor! Es ist so weit! Alice bekommt ihr Baby!", sagte ich schnell und stützte mich mit meinen Händen auf den Knien ab. Schwer atmend schaute ich auf und sah gerade noch ein Stück des Umhangs des Schulleiters, der gerade durch die Tür hechtete. Auch ich lief Snape schnell nach und trafen auf Malfoy, der bereits ungeduldig vor der geschlossenen Türe wartete. 

"Wir dürfen nicht rein. Poppy ist ausgerastet, als ich einfach durch die Türe trat", erklärte Malfoy. 

"Wie würdest du bitte reagieren, wenn du so schlimme Schmerzen hättest?!", giftete ich ihn an. 

"Warum hast eigentlich gerade du Alice in den Krankenflügel gebracht. Ihr geht euch seit Wochen aus dem Weg!", fragte mich Malfoy spitz. 

"Wir haben uns ausgesprochen und außerdem ist eine Geburt wesentlich wichtiger als ein nutzloser Streit", erklärte ich und konnte sehen, wie Snape unruhig auf und ab lief. 

Nach einer guten halben Stunde hatten die schmerzhaften Aufrufe von Alice geendet und nach weiteren zehn Minuten öffnete uns Madam Pomfrey die Türe. 

~Alice' Sicht~

Endlich hatte ich die Geburt hinter mir. In meinen Armen hielt ich meine kleine Tochter. Sie hatte die strahlenden grauen Augen von Draco und meine Stupsnase. Sie hatte ganz kleine Finger und man hatte Angst, dass sie zerbrechen würde, wenn man sie auf die Arme nimmt. Sie war kerngesund und war sofort in meinen Armen eingeschlafen. Auch ich war erschöpft und hatte noch leichte Schmerzen. 

Auf einmal wurde die Türe aufgerissen und der Vater, der Großvater und die Patin der kleinen kamen hinein. Draco und Dad wirkten verschreckt und unsicher, während Ginny grinste wie ein Honigkuchenpferd und zu mir ans Bett kam. Sie stellte sich neben mich und schaute meiner kleinen Tochter in die Augen. 

"Sie ist wunderschön. So niedlich und...klein", sagte Ginny und strich ihr leicht über die Wange. Auch Draco war allmählich aus seiner Starre erwacht und setzte sich auf die Bettkante neben mich. Er schaute mich liebevoll an und seine Augen waren leicht mit Tränen gefüllt. 

"Du machst mich jedes Mal glücklicher", sagte er und nahm meine Hand. Ich lächelte ihn erschöpft an und bedeutete zu mir zu kommen. Er zögerte kurz und schaute auch unserer Tochter in die Augen. 

"Sie ist dir wie aus dem Gesicht geschnitten", sagte er und gab mir einen Kuss auf den Scheitel. Ich lächelte zufrieden und schaute nun zu meinem Vater, der noch immer starr am Bettende stand und sich an der Stange festhielt, als würde gleich der Boden unter seinen Füßen verschwinden. Draco nahm unsere kleine Tochter auf seine Arme und wiegte sie vorsichtig. Ich ließ ihn machen und schaute noch einmal zu Ginny, die Draco zufrieden anschaute. 

"Er ist gar nicht so ungeschickt", flüsterte sie und ich stimmte ihr zu. Draco ging langsam zu meinem Vater und schaute mich kurz an. Ich nickte und der neu gewordene Vater gab seine Tochter mit höchster Vorsicht meinem Vater in die Hände. Dad schaute Draco kurz fassungslos über sein Vertrauen an und nahm zögerlich sein Enkelkind in seine Hände. Er legte sie behutsam in seine Arme und schaute sie gebannt an. 

Er schaute sie zum ersten Mal an und ich konnte sehen, wie sich Freude in ihm breit machte. Er schaute sie gerührt an und konnte seinen Blick nicht von ihr lassen. Vorsichtig wiegte er sie hin und her und setzte sich ans Ende des Betts. 

"Also das hätte ich deinem Vater nun wirklich nicht zugetraut", sagte Ginny leise, doch ich war mir sicher, dass es mein Vater auch gehört hatte. Er jedoch schaute Ella zu, wie sie schlief. 

Wir saßen noch alle lange schweigend und beobachteten das neu geborene Kind, bis Poppy kam und alle rausschmiss. Mein Vater jedoch blieb und schaute mich mit einem Blick an, den ich noch nie wirklich bei ihm sehen konnte. 

Es war Liebe. Die Liebe zu mir und seiner Enkelin. 



𝔸𝕝𝕚𝕔𝕖 𝕊𝕟𝕒𝕡𝕖Where stories live. Discover now