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Missmutig folgte mir Dad zum Wickeltisch und beäugte meine geschickten Hangriffe genau. Immer wieder verzog er das Gesicht, oder gab herablassende Kommentare von sich. Als er jedoch an der Reihe war, wehrte er sich mit allen Mitteln dagegen. 

"Du bist schlimmer als Hermine, wenn sie mal keine Bücher hat! Es ist keine lebensgefährliche Aktion und die Gase sind, vielleicht zu deiner Verwunderung, auch nicht giftig!", sagte ich und hätte beinahe selbst schmunzeln müssen. 

"Das kannst du vergessen. Diese Windeln fasse ich mit meinen wertvollen Brauerhänden sicherlich nicht an!", sagte er und eilte aus meinem Zimmer. Seufzend wickelte ich Ella und ging mit ihr auf dem Arm ins Wohnzimmer. 

"Morgen beginnt der Unterricht wieder. Deine versäumten Schulaufgaben liegen auf deinem Schreibtisch", sagte mein Vater, ohne von seinem Buch aufzusehen. 

"Ja, der Berg ist mir aufgefallen", sagte ich und legte Ella in die kleine Kinderwiege, die wir im Wohnzimmer aufgestellt hatten. Ich wog sie eine Weile in der reinweißen Wiege, als ich ein Schnauben von meinem Vater vernahm. Er hatte sein Gesicht angewidert verzogen und schnipste mit den Fingern. Plötzlich wurde die Wiege tiefschwarz mit silbernen Verzierungen darin. Ich schaute ihn mit meinem geerbten ist-das-jetzt-dein-ernst-Blick an und wippte Ella noch eine Weile und hob sie auf meinen Arm. 

"Ich gehe zum Mittagessen", sagte ich meinem Vater und verließ mit meinem Baby die privaten Räume. Ich ging durch die Gänge und musste mir immer wieder Getuschel wie, sie ist mit siebzehn schwanger oder Schlampe anhören. Mit einem mulmigen Gefühl ging ich gedemütigt in die große Halle und setzte mich an meinen Platz. Auf den Weg hatten mich alle angestarrt und die flüchtigen Gespräche in der Halle wurden beendet. Das Getuschel setzte wieder ein, doch handelte es über mich. Immer wieder hörte ich weitere gemeine Kommentare, bis Ginny ihnen einen Mörderblick zuwendete und alle den Blick auf ihr Essen senkten. 

"Iss mal was, ich nehm' dir die Kleine ab", sagte Ginny und dankend überreichte ich Ginny ihr Patenkind. Ich aß mein Essen, während Ginny mit Ella spielte und auch Neville und Seamus sie zu Gesicht bekamen. Ginny hatte sich im Namen für alle bei mir entschuldigt, allerdings glaubten ihr nur sehr wenige Gryffindors. Neville, Seamus, Dean, Lavender und Luna waren eigentlich die einzigen, aber das genügte mir. Endlich fühlte ich mich nicht mehr völlig ausgeschlossen und konnte wieder munter an Gesprächen teilnehmen. 

Nach dem Essen verließ ich so schnell ich konnte die Halle, doch nicht, ohne wieder gehässigte Kommentare zu hören. Auch die Slytherins stimmten mit ein, wobei Draco versuchte, sie zu stoppen und ihnen wütende Blicke zuwarf. Meine Maske bröckelte leicht, bis ich sie in den Kerkern völlig Fallen ließ. Mir flossen die Tränen über die Wangen und ich konnte die schlecht beleuchteten Gänge nur noch verschwommen wahrnehmen. Auf dem Weg begegnete ich keinem Schüler und schluchzte deshalb immer wieder. Wieso werde ich nur so gehasst, fragte ich mich. Ach ja, ich bin die Tochter, des Mannes, der hier alle Leute foltert, schoss es mir durch den Kopf und ich betrat mit verweintem Gesicht mein Zimmer. Schnell legte ich Ella in ihr kleines Bett, bevor ich mich an eine Kerkerwand lehnte und mich auf den Boden sinken ließ. Ich saß eine Weile so da, bis alle Dämme brachen und ich bitterlich weinte. Meinen Kopf hatte ich auf meine Knie gelegt und meine Haare bedeckten das Licht, sodass es dunkel war. Ich weinte noch immer, als ich jemand leicht an der Schulter berührte und meinen Namen sagte. 

Langsam hob ich meinen Kopf und sah direkt in das besorgte Gesicht meines Vaters. Er hockte vor mir und strich mit seiner rauen Hand über meine Wangen. Er wischte die Tränenspur weg und zog mich in eine Umarmung. Ich klammerte mich an seinen Umhang und die nächsten Tränen suchten sich den Weg aus meinen Augen. 

Seine Weste müsste eigentlich schon komplett nass sein, doch er sagte nichts. Er hielt mich einfach fest und strich mir beruhigend über meine Haare, bis hinunter zu meinem Rücken. Immer wieder flüsterte er mir beruhigende Worte in mein Ohr und mit der Zeit versiegten meine Tränen. Auch mein Vater bemerkte, dass es mir besser ging und legte einen Arm an meine Kniekehlen und die Andere an meinen Rücken. Er hob mich sachte hoch und brachte mich auf mein Bett. Er setzte sich neben mich und strich mir noch beruhigend durch mein Haar, bis ich es nicht mehr für mich behalten konnte. 

"Sie haben mich beleidigt. Die ganze Halle. Schlampe oder Teenangerschwangerschaft hatten sie gesagt", erzählte ich ihm und ich spürte, wie seine Hand in meinen Haaren stoppte und er in eine unbestimmte Ecke in meinem Zimmer schaute. 

"Sie haben ja recht", flüsterte ich mich und wollte mich umdrehen, als mich mein Vater am Handgelenk packte und mit einem Ruck wieder zu sich drehte. 

"Sie haben vieles, aber damit haben sie nicht recht! Du bist eine tolle Mutter und niemand könne besser auf Ella aufpassen, als Draco und du! Sie wollen es nur nicht verstehen! Sie können nicht verstehen, dass du fröhlich bist und sie leiden müssen! Sie ertragen den Anblick, an deinem Glück nicht! Sie sind neidisch, dass du eine Familie hast und sie alleine sind in diesem Krieg!", sagte er einfühlsam und seine Worte lösten etwas in mir aus. Er hatte recht. Doch diese Nachricht traf mich ebenfalls. Die anderen waren alleine und einer furchtbaren Zukunft ausgesetzt, falls es überhaupt eine gab. 

Müde nickte ich und schaute traurig auf meine Decke. Mein Vater bemerkte dies und strich mir eine Haarsträhne aus meinem Gesicht, die sich an meinen nassen Wangen geklebt hatte. 

"Lenk dich etwas ab und mach etwas Schule, währenddessen Ella schläft. Später kann Draco vorbeikommen und dir helfen", sagte mein Vater und ließ mich Gedankenverloren zurück. 

Ich schaute zu dem Kinderbett und ein leichtes Lächeln legte sich auf meine Lippen. Ja, ich war wirklich froh, meine Familie bei mir zu haben. Alle, die ich liebe, sind bei mir, nur meine besten Freunde sind jeden Tag in Lebensgefahr und kämpfen für das Gute. Wer allerdings gewinnen wird, ist noch lange nicht klar.





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