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"Ihr habt gekämpft, heldenhaft gekämpft. Lord Voldemort weiß Tapferkeit zu schätzen...Doch ihr habt schwere Verluste erlitten. Wenn ihr mir weiterhin Widerstand leistet, werdet ihr alle sterben, einer nach dem anderen...Ich will nicht, das dies geschieht...Jeder Tropfen magisches Blut, der vergossen wird, ist ein Verlust und eine Verschwendung...Lord Voldemort ist gnädig...Ich befehle meinen Streitkräften, sich sofort zurückzuziehen...Ihr habt eine Stunde...Schafft eure Toten in Würde fort und versorgt eure Verletzten...Harry Potter, ich spreche nun direkt zu dir...Du hast deine Freunde für dich sterben lassen, anstatt mir selbst entgegezutreten...Ich werde eine Stunde lang im Verbotenen Wald auf dich warten...Wenn du nach Ablauf dieser Stunde, nicht zu mir gekommen bist und dich ergeben hast, dann beginnt die Schlacht von neuem...Diesmal werde ich selbst in den Kampf ziehen...Harry Potter, ich werde dich finden und ich werde jeden Einzelnen, ob Mann, ob Frau, oder Kind bestrafen, der versucht hat, dich vor mir zu verstecken...Eine Stunde...", hallte die Stimme von Voldemort in den Köpfen der Überlebenden. Alice versuchte die Stimme auszublenden, allerdings gelang es ihr nicht. 

Sie lief zum Schloss und als sie den Hof betrat, blieb ihr für einen kurzen Moment das Herz stehen, als sie auf die Person zulief, vor der ihre Patenonkel standen. Remus hatte sich vor die Frau gebeugt und war auf die Knie gefallen. Tränen fielen auf den leblosen Körper seiner Frau und er schüttelte sie an den Schultern, als wollte er, dass sie aus einem tiefen Schlaf erwacht, doch sie rührte sich nicht. Sirius stand verloren neben ihm und schaute in die leeren Augen seiner Cousine. 

Alice ließ sich neben Remus ebenfalls auf die Knie sinken und nahm eine Hand von ihr. Sie war eiskalt, doch Alice kümmerte es nicht. Sie hielt sie einfach fest und stumme Tränen liefen aus ihren Augen. Nun hatte sie bereits zwei Personen verloren, die sie liebte. Remus neben ihr schluchzte immer wieder und Alice konnte sich gut in seine Lage hineinversetzen. Sie legte ihm eine Hand auf die Schulter und er schaute kurz auf, bevor er ihr Patenkind in eine verzweifelte Umarmung zog, aus der sie sich nie wieder lösen wollten. Sie gaben einander Trost und sie waren einfach froh, mit dieser Situation nicht alleine zu sein. Sie saßen eine Weile schweigend dort, nur vereinzelte Stimmen drangen zu ihnen durch. 

"Wo ist dein Vater?", fragte schließlich Remus und löste sich aus der Umarmung, um in ihr Gesicht zu sehen. Doch sie senkte den Kopf und begann erneut zu schluchzen. Remus verstand und nahm sie wieder in seine Arme. Lange bleiben sie einfach nur so sitzen, bis sie Tonks Leiche in die Große Halle trugen, wo eine traurige Stimmung herrschte. Überall lagen weiße Laken über tote Personen und Madam Pomfrey versorgte die Verletzten, so gut es ging. Die toten Todesser lagen auf einem Haufen, um den sich niemand kümmerte. Sie erkannte einen blonden Kopf in dem Haufen und raste auf die vielen Leichen zu. Wenn sie jetzt auch noch Draco verlieren würde, würde sie freiwillig sterben. Es wäre ein viel zu großer Verlust für sie, wenn sie den Vater ihres Kindes verlieren würde. Als sie bei der Leiche ankam, schloss sie erleichtert die Augen. Es war nicht Draco und auch kein andere Malfoy. Die Person, die dort lag, war Yaxley und Alice konnte in dem Haufen auch noch viele weitere Todesser erkennen, die besiegt worden waren. Sie schaute sich nach einer ganz besonderen Leiche um. Wenn er nicht mehr lebte, dann wollte sie ihn wenigstens begraben. Ohne Zauberei, sondern in Würde. Doch sie fand die Leiche ihres Vaters nicht. War er immer noch in dem Bootshaus und lag in seinem eigenen Blut? Diese Frage stellte sich Alice immer wieder und wieder spürte sie die Tränen. 

Alice wollte für diesen Augenblick einfach nur alleine mit ihrer Trauer sein, als sie die Weasleys um eine Person stehen sah. Alle schauten auf diese eine Person und ein Schluchzen ging von der Familie aus. Ron war in der Halle angekommen und ging zu seiner Familie. Von George wurde er sofort in seine Arme geschlossen und er zitterte am ganzen Körper. Ron ließ sich neben seinen toten Bruder fallen und strich ihm schluchzend über sein Gesicht. Seine Mutter kniete neben ihm und schaute unter Tränen auf ihren toten Sohn. Der Anblick schmerzte sie. Nie hatte sie sich gewünscht, dass ihren Söhnen etwas Schreckliches passieren würde, so sehr sie sie auch genervt hatten. Alice näherte sich der Familie und sah direkt in Ginnys Gesicht. Es war tränenüberströmt und Ginny lief auf ihre beste Freundin zu. Ginny warf sich in ihre Arme und begann hemmungslos zu weinen. Alice wusste zwar nicht, wer von ihrer Familie gestorben war, aber es interessierte sie nicht. Sie mochte alle Weasleys und hatte die Familie ins Herz geschlossen. Die Weasleys nahmen jede Person ohne Vorurteile auf und so hatte auch Alice eine Familie in ihnen gefunden. 

"Fred...er...er", versuchte Ginny ihr zu erklären, doch wurde erneut von einem Tränenstrom unterbrochen. Alice drückte ihre Freundin noch fester und auch ihr wären in diesem Moment erneut Tränen über die Wangen gelaufen, doch sie kamen nicht. Sie verspürte eine so große Trauer in sich, doch keine einzige Träne rann über ihre Wange. Stattdessen wurde die Wut auf den dunkelsten Zauberer immer größer. Sie würde sich bei ihm rächen. Für ihren Vater, Tonks, Fred und für alle anderen, die seinetwegen gestorben waren. Ginny löste sich langsam aus der Umarmung und setzte sich mit ihr auf eine der freien Bänke. Sie brachten keine Worte, um sich zu verstehen. Ginny legten ihren Kopf auf Alice' Schulter und Alice legte ihren Kopf auf ihren. Lange saßen sie so da, doch Alice wollte nicht, dass der andere Zwilling alleine mit der Situation war. Sie entschuldigte sich bei Ginny und ging zu George, der sich nicht weit der Großen Halle auf eine Treppe gesetzt hatte und ins Leere schaute. Alice setzte sich neben ihn. George schaute sie an und es fühlte sich so an, als hätte man ihr Herz aus ihrer Seele gerissen. George's Gesicht war nass von den Tränen, die er wegen seines Zwillingsbruders vergossen hatte und schaute Alice mit einem traurigen Blick an. Ohne zu zögern, umarmte sie ihn, doch die Tränen blieben aus. Keiner konnte weitere Tränen weinen. 

"Er ist jetzt bei Dad", flüsterte Alice leise, was ihn zusammenzucken ließ. 

"Oh, Alice", sagte George mitfühlend und hielt sie einfach fest. Er wusste keine Worte, die er sagen könnte, zu betroffen war er selbst mit dem Tod seiner zweiten Hälfte. 

Sie saßen eine Weile so da, bis sich Harry vor sie stellte und mit Alice in die Richtung zu Dumbledores Büro ging. Alice wusste genau, dass Harry die Erinnerungen von ihrem Vater sehen wollte und begleitete sie. 

Zusammen standen sie vor dem Denknarium und Harry entkorkte die Phiole. Langsam flossen die Tränen ihres Vaters in das glasklare Wasser und sie tauchte gemeinsam mit Harry in seine Erinnerungen ein. 

𝔸𝕝𝕚𝕔𝕖 𝕊𝕟𝕒𝕡𝕖Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt