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Sie konnte ihr erstes Zusammentreffen mit ihrem Vater sehen und konnte endlich spüren, wie er sich in der Situation gefühlt hatte. Er war nervös gewesen, keine Frage, allerdings spürte sie auch Abneigung. Diese Abneigung schwand allerdings immer mehr, je mehr sie in die Erinnerungen eintauchten. Schließlich war es nur noch Freude und das Gefühl, nicht alleine zu sein. 

Die Szene verschwamm erneut und sie konnte das Malfoy Manor sehen. Es war der Tag, an dem sie das dunkle Mal bekam. Als die Zeremonie begann, spürte sie eine plötzliche Angst in ihr, die mit Sicherheit nicht von ihr stammte. Ihr Vater hatte sich Sorgen gemacht. Um seine Tochter, der er dieses Schicksal nie gewünscht hatte. Nie hätte er gewollt, dass sie teil der Todesser wird. Nie hätte sie es werden sollen und er hatte sich einige Male so sehr geärgert, dass an einem Abend mehrere Whiskygläser im Kamin gelandet waren. Er machte sich selbst dafür verantwortlich und schwor sich, alles zu geben, um seine Tochter zu schützen. 

In der nächsten Szene konnte sie den Tag erkennen, als Poppy sie untersucht hatte und sich herausstellte, dass sie schwanger war. Ihr Vater hatte so reagiert, wie sie es sich gedacht hatte. Er war natürlich nicht davon beeindruckt, aber er hatte sich geschworen seiner Tochter immer zur Seite zu stehen, wenn sie Hilfe bräuchte. So kam es, dass ihr Vater im Laufe der Schwangerschaft immer fürsorglicher wurde und fast schlimmer als Ginny war. 

Die Erinnerung ging weiter und als nächstes konnte sie ihren Vater sehen, wie er Ella zum ersten Mal in seinen Armen hielt. Der Moment war voller Emotionen und Alice liefen selbst Tränen über die Wangen, als sie wieder wusste, dass ihre Tochter nicht bei ihr war. 

Plötzlich endete die Erinnerung und Alice tauchte gemeinsam mit Harry aus dem Denknarium auf. 

"Alice...hätte ich das gewusst...ich schäme mich so...ich habe ihm so viel Schlechtes getan und ihn an seinen Plänen behindert", stotterte Harry und Alice konnte in diesem Moment nichts anderes tun, als ihren besten Freund in die Arme zu nehmen. 

"Du kannst nichts dafür. Hättest du es gewusst, würde dieser Tag ein ganz anderes Ende nehmen. Voldemort hätte unsere Pläne herausgefunden, weil du keine Okklumentik beherrscht. In diesem Punkt bist du aber auch wirklich dickköpfig gewesen", stimmte Alice ihm zu und sie musste schmunzeln, als sie daran dachte, wie sich beide verhasste Blicke nach der letzten Okklumentikstunde zuwarfen. 

"Ja, das tut mir wirklich leid, jetzt wo ich alles über seine Jugend wusste. Mein Vater hat ihn wirklich schlecht behandelt. Ich...hätte mich gegenüber ihm anders verhalten sollen."

"Als Schüler ja, aber er hat dir das Leben auch nicht wirklich leicht gemacht. Du hast ihn zu sehr an Potter statt an Lily erinnert", erklärte ihm Alice. 

"Danke, aber ich weiß jetzt...was ich machen muss", sagte Harry bedrückt. Alice drückte sich noch näher an ihn und die ersten Tränen bahnten sich den Weg über ihre Wangen. 

"Bitte nicht auch noch du", schluchzte sie und Harry hielt sie unschlüssig in seinen Armen. 

"Es ist der einzige Weg. Sonst sind alle umsonst gestorben. Fred, Tonks und dein Vater auch. Ich bin ein Horcrux, Alice. Nur wenn ich tot bin, hat alles ein Ende, dann könnt ihr ihn besiegen", sagte Harry mit ernster Stimme. Alice nickte gegen seine Brust und trat einen Schritt zurück.

"Sag Ginny, dass ich sie immer lieben werde", verlangte er und Alice nickte. 

"Ich werde dich nie vergessen", sagte sie, bevor ihr bester Freund das Büro verließ und sie alleine war. Eine plötzliche Stille machte sich breit und schien sie förmlich zu erdrücken. Alice dachte nach, wie der Krieg wohl ausgehen würde. Hoffentlich wird Harry nicht zu Tode gequält, denkt sie und sie hatte das Gefühl, wieder den Tränen nahe zu sein, doch keine einzige löste sich aus ihrem Auge.

Lange stand sie einfach nur so da und dachte nach, bis sie sich auf den Weg in die Große Halle machte. Viele traurige Menschen saßen noch immer dort, unter anderem auch Hermine. Alice ging zu ihr und nahm sie in den Arm.

"Es gibt keine andere Möglichkeit", sagte Alice leise, um sie nicht zu erschrecken.

"Ich weiß", sagte Hermine und ihre Stimme klang zittrig. Sie löste sich langsam von Alice und ging zu den Weasleys. Alice wiederum erblickte in diesem Moment ihren Freund und lief auf ihn zu. Auch er hatte sie entdeckt und Alice sprang in seine Arme. Sie weinte an seiner Schulter, während Draco einfach erleichtert war, seine Freundin in seinen Armen zu halten. 

"Oh Gott, Alice! Ich bin so froh, dass dir nichts passiert ist! Wo ist Ella und dein Vater?", fragte er aufgeregt und Alice vergrub ihren Kopf noch weiter in seine Brust. 

"Ella ist...in der Villa und Dad...er...er ist tot", flüsterte sie und Draco versteifte sich in der Umarmung. Niemals hätte er damit gerechnet, dass ausgerechnet er sterben würde. Eigentlich war er immer der treueste Anhänger Voldemorts gewesen, dachte er sich. 

Draco hielt Alice einfach in seinen Armen. Er wusste nicht, wie sie sich momentan fühlte, aber er wollte für sie da sein. Er hatte nie ein gutes Verhältnis mit seinem Patenonkel gehabt, allerdings hatte er ihn immer für sein Talent beim Zaubertrankbrauen bewundert und für die Ruhe die er ausstrahlte. Auch, dass er Schüler alleine mit seinem Blick zum Schweigen bringen konnte und er dankte ihm dafür, dass er seine Aufgabe übernommen hatte. Er würde es sich nie eingestehen, aber erst jetzt wurde ihm klar, dass er es nie geschafft hätte, Dumbledore zu töten. 

Er wusste nicht, wie viel Zeit vergangen war, aber auf einmal wurde es kalt und alle schauten sich verwundert um. Die überlebten Schüler und Lehrer gingen hinaus auf den Schulhof. 


𝔸𝕝𝕚𝕔𝕖 𝕊𝕟𝕒𝕡𝕖Where stories live. Discover now