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Langsam ließ ich den Brief sinken und schaute an die Wand. Er hatte erwartet, dass er sterben würde? Aber warum hatte er nicht gehandelt? Warum hatte ICH nicht gehandelt? Ich hätte ihn noch retten können! So viele Gedanken schossen mir durch den Kopf, aber in Wirklichkeit drehten sich all meine Gedanken nur über meinen Vater und seinem Tod. Sogar seine Verließe hatte er mir vermacht. 

Lange blieb ich einfach dort stehen, bis ich ein Geräusch hörte. Mit meinem Zauberstab in der Hand drehte ich mich mit Schwung um und stand Draco gegenüber, der mich anstarrte. Sein Blick glitt zu meinem Zauberstab, den ich auf der Stelle sinken ließ und er mich in seine Arme zog. 

"Ich-", begann ich. Eigentlich wollte ich ihm von Albus erzählen, aber das wäre zu gefährlich. Er wollte es nicht und außerdem liefen überall noch Todesser frei umher. Ich wusste, dass Draco immer auf der guten Seite war, aber ich wusste auch, dass Todesser skrupellos waren und ohne Probleme Okklumentik oder Veritaserum anwenden konnten. 

Draco schaute mich mit einem fragenden Blick an und ich ließ mir schnell etwas einfallen. 

"Ich habe nach Ella gesehen, deshalb war ich so plötzlich weg", sagte ich schnell und Draco nickte. Er wirkte allgemein gelassener. Endlich konnte Draco er selbst sein und musste nichts gegen seinen Willen tun. Immer hatte sein Vater für ihn bestimmt, doch nun war er endlich frei. Frei von all den Schulden, die ihm aufgetragen wurden und auch seine Eltern konnten endlich in Frieden leben. Zwar hatte Lucius sich anfangs für die dunklen Künste Voldemorts interessiert, doch seine Familie musste immer mehr daran leiden, dass er es fast nicht mehr aushalten konnte. Auch für Narzissa war es nicht leicht, ihren Sohn als Mörder aufwachsen zu sehen. Sie hatte sich immer vor ihn gestellt und hatte sogar meinem Vater einen unbrechbaren Schwur aufgetragen, um Draco zu schützen. Außerdem hatte sie für Harry gelogen. Sie hatte den Jungen leben lassen und Voldemort in dem Glauben gelassen, dass er tot sei. Somit hatte sie nicht nur Harrys, sondern auch das Leben von vielen anderen Hexen und Zauberern gerettet und somit bewiesen, auf welcher Seite sie stand. Auch Draco hatte sich auf die gute Seite gestellt und ich konnte nicht in Worte fassen, wie sehr ich mich deshalb freute. 

"Ella geht es gut, aber ich brauche erst einmal Abstand von all diesen Dingen", erklärte ich und löste mich aus der Umarmung. 


Seit diesem Zeitpunkt waren nun ein paar Tage vergangen und mit der Zeit gewöhnte ich mich an meinen Alltag. Zwar war ich die meiste Zeit traurig, weil mich alles in diesem Haus an meinen Vater erinnerte, aber ich versuchte es zu überspielen. Draco half jeden Tag bei den Reparaturen von Hogwarts, während ich mich um den Haushalt und um Ella kümmerte. Ich schrieb auch oft mit meinen Freunden. Hermine, Ron und Harry waren zu Sirius gezogen. Hermine trauerte, ähnlich wie ich, über ihre Eltern, da sie ihre Eltern die Erinnerung nicht zurückgeben konnte. Die restlichen Weasleys waren im Fuchsbau. Alle, außer George. Er war mit Remus irgendwohin gereist. Wohin, wusste niemand. Beide wollten alleine sein und brauchten Ruhe. Auch von Minerva hatte ich einen Brief bekommen. Sie bat mich wieder in die Schule zurückzukommen und berichtete mir auch von Albus. Sie meinte auch, dass Kingsley, der jetzt Zauberminister war, von ihm Bescheid wusste und Albus es aber niemandem sagen wollte. Noch nicht. In der Zwischenzeit waren viele Todesser gefunden und nach Askaban gebracht worden. Leider fand auch ein Prozess gegen die Malfoys statt, aber durch Harry kamen sie nur mit einer Geldstrafe davon. Harry hatte sich für sie eingesetzt und somit waren sie ohne eine Haftung davongekommen. Seit dem Tag, an dem der Krieg endete, hatte ich meinen Zauberstab nicht wirklich benutzt. Es fühlte sich nicht richtig an und außerdem hatte ich ein völlig neues Gefühl in mir, wenn ich ihn verwendete. Die Zauber waren so mächtig und ich hatte keine Erklärung dafür, warum das so sei.

Heute war ein ganz besonderer Tag. Heute würden den Kriegshelden und einigen anderen Leuten Orden verteilt. Die Veranstaltung fand in dem Ministerium statt und einige Leute kamen. Alle, außer Remus, George und Albus. Niemand hatte etwas von ihnen gehört und niemand in diesem Raum, außer Kingsley, Minerva und ich wussten von seiner Rückkehr. Draco kam nicht zu der Ordensverteilung und passte währenddessen auf Ella auf.

Ich hatte mit Harry, Hermine, Ron, Hermine, Sirius und den anderen Weasleys ausgemacht, dass wir uns am Grimmauldplatz treffen würden. Von dort apparierten wir gemeinsam ins Ministerium und gingen in den Saal. Auf den Bänken saßen eine Menge Leute, die teils glücklich und teils unfreundlich zu uns schauten. Viele hatten über den Krieg ihr Hab und Gut verloren und vielen passte es nicht, dass wir hier einen Orden bekamen.

"Dann kann es ja beginnen", sagte Kingsley, als wir uns gesetzt hatten.

"Durch den Krieg haben viele unsere Leute ein Leben verloren. Jedoch haben diese Leute hier, die gleich aufgezählt werden, für die gute Seite, manchmal bis zum Tode, gekämpft und schließlich haben sie es geschafft, diesem Krieg ein Ende zu bereiten. Hiermit zähle ich auf: Harry James Potter, Hermine Jean Granger, Ronald Billeus Weasley, Alice Victoria Snape, Neville Longbottom", sagte er und nach der Reihe traten wir aus der Reihe. Ich hatte von Anfang an ein ungutes Gefühl und als ich den Orden in den Händen hielt, wurde mir auch bewusst warum. Ich trat aus der Reihe und musste mir Sachen anhören wie "Wieso ist sie nicht in Askaban?" oder "Haltet sie doch fest!" Entschlossen ging ich nach vorne, doch der Minister fuhr mit seiner Rede fort. 

"Unter anderem erhalten ebenfalls den Orden Albus Percival Wulfric Brian Dumbledore, Severus Tobias Snape und Minerva McGonagall", sagte der Minister und ich schaute ihn überrascht an. Einer der drei Personen war tot und die andere wurde als tot geglaubt, also warum bekamen sie einen Orden. Kingsley schien meinen Blick gesehen zu haben, denn er fuhr fort. 

"Natürlich ist uns bewusst, dass zwei der drei genannten Personen nicht mehr unter uns sind aber trotzdem haben sie einen Orden verdient. Am meisten Danke ich Severus Snape, dass er immer auf unserer Seite war, obwohl es nie  so schien. Ich bitte Sie ihm mit Respekt gegenüberzutreten", endete er mit seiner Rede und ich wandte mich den Menschen zu. 

"Findet ihr es richtig, den Orden in der Hand zu halten? Ja, wir haben für das Gute gekämpft, aber wir haben auch getötet. Wir haben es nicht verdient diesen Preis in den Händen zu halten. Niemand, denn jeder hat gefoltert und gemordet", sagte ich mit fester Stimme. Ohne auf die Reaktion der anderen zu warten, legte ich meinen Orden wieder zurück. Als ich mich auf meinen Platz stellte, ging Hermine als erste nach vorne und gab ihren Orden ebenfalls ab. Alle anderen folgten unserem Beispiel und schließlich standen alle Orden wieder an ihrem Platz. Kingsley schaute kurz zu mir und schüttelte amüsiert seinen Kopf, bevor er die Sitzung für beendet hielt. 

Alle Leute verließen langsam den Raum, aber ich beeilte mich hinauszukommen. Ich hatte nicht vor, so viel Aufsehen zu erregen und wollte nur noch meine Ruhe. 


𝔸𝕝𝕚𝕔𝕖 𝕊𝕟𝕒𝕡𝕖Where stories live. Discover now