Drachenblut Kapitel 22

46 2 5
                                    

Drachenblut


Kapitel 22



Merlin war nach dem Zwischenfall mit den Seeschlangen nach Hause geflogen, aber er hielt sein Versprechen und erzählte nichts von dieser Begegnung. Diese Wesen wollten ihre Ruhe und da man sowieso dachte, das sie nicht existierten, hatten sie das auch. Sollte man bemerken, das es nicht so war, wäre der See vielleicht belagert, da man hoffte sie zu sehen. Er konnte das verstehen und war sich sicher, das sie nicht die einzigen Wesen waren, die nicht am allgmeinen Geschehen in der Welt teilnehmen wollten. Zumal sie ein großes Handicap hatten, indem sie an das Wasser gebunden waren. Wenn sie eine längere Zeit davon getrennt waren, würden sie einen grausamen Tod sterben. Merlin, der an vielen Tagen so schwermütig war und in dieser Zeit in nichts einen Sinn sah, wünschte sich manchmal, auch einer dieser Seeschlangen zu sein, begrenzt an das Wasser und nur dazu bestimmt, einer seiner Gattung als Gefährten zu nehmen. Denn diese Wesen konnten sich nicht in Menschen oder Drachen verlieben und sie mit in die Tiefe des Sees nehmen, denn das würde den Tod ihers Gefährten bedeuten. Zumindest hätte er dann nicht diesen faszinierenden blonden Mann kennengelernt, dem sein ganzes Herz gehörte und das sich nie ändern würde. Doch er kannte diese neugewonnenen Freunde noch nicht so gut, wusste nicht, ob sie liebten oder einen Gefährten hatten, aber er nahm sich vor, sie öfter zu besuchen, um sie näher kennenzulernen.

Tage später spielte mit seinem Sohn, als er draußen Geräusche hörte, es war später Nachmittag. Drachen kamen...seine feinen Ohren registrierten Schwingen und Laute, als anscheinend jemand landete.

„Nani...da kommt jemand", rief er und stampfte zum Ausgang, er war in Drachengestalt.

„Schaust du nach?", fragte sie, aber Merlin gab keine Antwort, weil er bereits auf dem Weg nach draußen war, um zu sehen, wer auf seinem Plateau gelandet war.

Er kam heraus und staunte nicht schlecht, als Zara und Will ihm entgegen schauten. Er verwandelte sich und lächelte, als die beiden sich auch verwandelten und ihm in die Arme stürzten, ihn stürmisch umarmten.

Für jemand, der kein Drache war, würde das sehr seltsam aussehen, das zwei nackte Männer und eine Frau sich umarmten und küssten. Nacktheit waren für alle Wesen, die im Grunde genommen Gestaltwandler waren und eine außergewöhnliche Magie hatten, indem sie sich in menschliche Form verwandeln konnten, nichts außergewöhnliches. Durch die Gabe waren sie von frühster Jugend an sehr oft nackt und es gehörte zu ihrem Leben. Sie zogen sich natürlich Kleidung an, wenn sie länger in menschlicher Form waren, aber eher aus moralischen Gründen und auf Rücksichtsnahme auf die anderen Spezies, die das nicht so locker sahen. Menschen und Feen, wie auch die Zwerge waren in einem Körper gefangen und moralisch gefesselt, was Nacktheit anging. Für Drachen allerdings war es normal und nichts Nennenswertes, scheinbar auch für Ashanta nicht, die Schlangenkönigin, die auch ohne Scheu nackt vor Merlin gestanden hatte. Allerdings waren Menschen am meisten von der Moral abhängig, ihre Körper zu verhüllen, gefolgt von Feen und Zwerge. Fiona war nie nackt mit ihnen am See baden gegangen. Die schöne Fee war schamhaft errötet, als Zara ihr das einmal vorgeschlagen hatte. Mit einem verlegenen Blick auf Merlin hatte sie dankend abgelehnt, was Merlin nicht gewundert hatte.

Will gab Merlin einen Kuss auf die Wange und dieser lachte

„Hey...mach zart, du bist nicht mein Typ."

Nein, das war ein anderer.

Sie gingen hinein, der überraschende Besuch machte Merlin glücklich, vor allem, weil sein bester Freund Will endlich kam. Vielleicht wären sie ein Paar geworden, hätte sich Will damals für ihn entschieden, aber das würde er nie herausfinden und nun...nun war es zu spät. Sein Herz hatte er an einen Mann verloren, der so anders war wie er selbst und der es anscheinend nicht mehr wollte.

„Ich wäre ja schon früher gekommen, aber meine Dienstpläne sind scheiße, ich habe meistens nur einen Tag frei und dafür ist der Weg zu weit", entschuldigte er sich. Nani kam und begrüsste sie überschwenglich, danach brachte Merlin Will etwas zum Anziehen und Nani gab Zara ein Kleid.

Es polterte etwas, als ein weißer kleiner Drache angerannt kam und die beiden stürmisch begrüsste. Will beugte sich hinunter und streichelte ihn, Kael stupste ihn an und grunzte

„Hast du gut hinbekommen, Merlin...er ist süß", sagte Will.

„Und schon gewachsen, seit ich da war", meinte Zara lachend und küsste ihn auf die Schnauze, er drängte sich an ihre Beine.

„Bleibt ihr?", wollte Nani wissen.

„Ja...am Montag müssen wir zurück, zwei Tage. Will hat mit einem Kollegen den Dienst getauscht."

„Na, dann mache ich das Zimmer fertig", meinte Nani und ging nebenan. Will griff um Zaras Taille und zog sie an sich und Merlin folgte dieser doch sehr besitzergreifenden Geste mit seinen Augen und runzelte die Stirn, sah sie dann fragend an. Zara lächelte, als sie sagte

„Wir sind zusammen, Merlin."

„Was?", fragte er fassungslos.

Will lachte

„Was habe ich gesagt? Er fällt aus allen Wolken."

„Das würde ich wahrscheinlich...wenn ich es in der Luft erfahren hätte", meinte er immer noch erstaunt „Wie..."

„Wie das zustande kam?", nahm ihm Zara die Frage ab „Wir wissen es nicht. Eines Abends haben wir zusammen getanzt, wie schon tausendmal zuvor und auf einmal hat es...peng gemacht. Und es ist so wundervoll mit ihm", schwärmte sie und sah ihn liebevoll an, er küsste sie und sah zu seinem besten Freund

„Hast du etwas dagegen?"

„Dagegen? Nein, ich bin immer noch überrascht...ich meine, ihr seid so lange schon Freunde."

Will hatte sehr viel Zeit mit der kleinen Zara verbracht. Trug sie herum und spielte mit ihr und auch sie war verrückt nach ihm. Noch immer hörte Merlin ihre verzückten Schreie, wenn sie seinen Namen rufend durch die Höhle auf ihm zurannte, wenn er kam und er sie lachend hoch nahm. Vielleicht waren sie geboren worden, um Gefährten zu sein und hatten das im kindlichen Alter unbewusst gespürt. Vielleicht waren sie Seelenverwandte, wie seine Mutter immer sagte.

Seelenverwandte sind dafür bestimmt, Gefährten zu sein. Sie suchen ihr Leben lang nach ihnen, denn nur diese können ihnen den Frieden geben, den sie zum Leben brauchen.

Das sagte sie immer und Kristan und seine Mutter hatten sich im eisigen Norden, im Heimatland der Eisdrachen gefunden und obwohl sie sehr weit weg geboren wurde, hatte Kristan sie doch gefunden. Er hatte seinen Seelenverwandten auch gefunden...oder auch nicht. Nanita sagte, das beide leiden würden, wenn sie getrennt wären, aber Arthur litt nicht und Merlin zweifelte daran, das er für ihn bestimmt war. Arthur hatte vielleicht in Aris seinen Seelengefährten gefunden, beide faszinierend schön und klug...hatten sie alle Voraussetzungen, zusammen zu sein. Doch er schob diese Gedanken in den hintersten Winkel seines Verstandes, denn sein Freund und seine Schwester waren da und er wollte ihren kurzen Besuch nicht mit trüben Gedanken belasten.

„Frag uns mal, aber wie sagst du immer...das Leben geht manchmal sonderbare Wege."

Merlin wurde ernst, sein Blick abwesend...das sagte Arthur zu ihm, als sie zusammen kamen. Damals hatte er Bedenken geäußert, das sie zu verschieden waren, aber Arthur hatte das mit diesem Satz weggewischt. Vielleicht hatte er sich geirrt.

Zara zuckte zusammen. Sie wusste instinktiv, das diese Aussage ihn an Arthur erinnerte. Das darauffolgende Schweigen zwischen ihnen, schien die angenehme Atmosphäre in etwas Negatives zu verwandeln und sie sagte schnell

„Tut mir leid, Merlin...ich...", versuchte sie die Situation zu retten.

Merlin hob die Hände und sagte wieder lächelnd

„Schon gut, keine Entschuldigungen...kommt, setzt euch. Ich bring euch etwas zu trinken."

Er wollte sich diese schöne Überraschung seines Besuches nicht von einem Mann verderben lassen, der mit größter Sicherheit keinen Gedanken mehr an ihn verschwendete und wohl einen anderen zu seinem Gefährten gemacht hatte. Zielsicher ging er in einen anderen Raum der großen Höhle.

Will spielte mit Kael, während Merlin wegging und meinte

„Du hast recht, er ist sehr niedlich...für ein Kind, das nicht gewollt war." Er sprach leise, als Kael dem Ball nachjagte, denn der Kleine verstand alles.

„Ich denke, das ich das nicht so sehe", antwortete Zara „Ich glaube eher, das Kael bestimmt dazu war, auf die Welt zu kommen und bestimmt für Merlin. Es...ist einfach so ein Gefühl, ich kann es nicht beschreiben, aber sicher ist, das alle zukünftige Entscheidungen, die Merlin treffen wird...von Kael beeinflusst werden, wenn auch unbewusst."

„Du denkst, er hätte sich nach dem Bruch mit Arthur etwas angetan, wenn Kael nicht gewesen wäre?", mutmaßte Will.

„Ich weiß es nicht, aber ich hatte nie die Befürchtung, das er es in Erwägung ziehen würde, da ich wusste, das Kael ihn aufhalten würde."

„Aber wenn das nicht passiert wäre...die Schwangerschaft, wären sie vielleicht zusammen", antwortete Will leise, als Kael wieder dem Ball nachsauste.

„Das Wörtchen wenn ist relativ, Will. Wenn du das Wort wenn benutzt, siehst du eine Zukunft, die instabil ist und du nie herausfinden wirst, ob es so gekommen wäre. Die Zukunft hat viele Abzweigungen, die von unseren Entscheidungen und Handlungen bestimmt wird. Sie verändert sich ständig, je nachdem, wie wir entscheiden oder auch nicht."

Will lächelte, als er sie ansah und an sich zog, sie zärtlich auf ihren schönen Mund küsste.

„Was habe ich doch für ein kluges Drachenmädchen."

Sie lachte und boxte ihn spielerisch an seinen Arm

„Spinner", sagte sie und sie ließen das Thema fallen, denn Merlin kam zurück mit Getränken.

Auch Nani kam zurück und sagte zu Merlin

„Was hältst du davon, wenn ich Kael zu meiner Mutter bringe, dann können wir uns ungestört unterhalten?"

„Nichts", sagte Merlin bestimmt „Ich werde meinen Sohn nicht immer abschieben, wenn er unbequem wird. Wir können uns auch so unterhalten und er geht ja bald ins Bett. Ich werde ihn ins Bett bringen, dann kannst du dich mit den beiden unterhalten."

„Wie du meinst", sagte sie und lächelte.

Will sah seinen Freund an, verwundert, wie er reagiert hatte und zollte ihm Respekt und...er liebte den Kleinen wirklich. Schließlich hatte er sein Glück für ihn aufgegeben, obwohl Will nicht sicher war, ob Kael nicht auch ein Glück war. Er sah zu Zara, als sie einen Schluck trank und der Wunsch, mit ihr solche kleine Drachenmonster zu haben, was überraschend stark in ihm. Er wunderte sich etwas, denn mit Yako hatte er nie solche Wünsche gehabt, geschweige darüber nachgedacht.

„Okay, wir haben Gäste. Ich gehe dann auf die Jagd, der Kleine hat Hunger und du kannst auf ihn aufpassen. Werde mich beeilen", sagte Nani.

Merlin nickte und sie ging zum Ausgang.

„Wie läuft es im Stützpunkt?", fragte er jetzt, während der kleine Drache dem Ball nachjagte und sie allein waren.

„Wie immer...Dienst und Flugstunden, nur nicht so grass wie in der Schule", antwortete Will „Eigentlich ist es ganz cool auf dem Stützpunkt...nette Leute dort und die Vorgesetzten sind auch gut drauf."

Merlin sah sie an, eine Frage in seinen Augen, Zara antwortete

„Es geht ihm gut. Und er scheint zufrieden zu sein...und ja, sie sind noch zusammen." Sie versuchte das nicht zornig zu sagen, denn noch immer hegte sie einen Groll gegen Arthur.

Merlin nickte...sein Herz war schwer, jetzt, da er wusste, das Arthur mit Aris zusammen war...quälten ihn Bilder in seinem Kopf, Bilder von Arthur und Aris im Bett. Er wurde bald wahnsinnig, aber jetzt schob er alles beiseite, sein bester Freund war hier und Zara und...sie hatten eine freudige Überraschung mitgebracht. Sie waren ein Paar und so wie es schien, total verliebt. Merlin freute sich für Will und auch für Zara...vielleicht war er ihr Traumprinz, der all die Jahre an ihrer Seite gewesen war, wenn auch unerkannt.

Es würde ein schönes Wochenende werden, sie würden mit dem Kleinen an den See gehen und spielen. Und sie würden Merlin ein paar Tage von seinem Schmerz ablenken, der nie vergehen wollte.


XXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXX



Die Jahre vergingen schneller vorbei, als Merlin sich das vorstellen konnte. Zara und Will kamen zu ihm, sobald ihre Dienstpläne es zuließen. Seine Mutter war die letzten zwei Wochen bei ihnen zu Besuch gewesen, sie war verrückt mit ihrem Enkel, brachte ihm immer sehr viele Spielsachen mit. Meistens etwas aus der Menschenwelt, was nicht lange hielt. Merlin amüsierte sich, wenn sie mit ihm schimpfte, weil er die Stofftiere in Einzelteile zerlegte und er mit hängendem Köpfchen vor ihr stand, schuldbewusst dreinblickte und ihr ein zerstörtes Stofftier vor die Füße legte. Doch sie schmunzelte immer, konnte ihm nicht böse sein...seine Großmutter eben.

„Mutter, er ist kein Menschenbaby. Hast du mal seine Zähne gesehen? Sie zerlegen ein frisch geschlagenes Kaninchen in Minuten und dann kommst du mit diesen Stofftieren", hatte er gesagt. Aber sie ließ es sich nicht nehmmen und brachte ihm immer noch welche mit, da sie eine kurze Lebensdauer hatten. Irgendwann lag das Innenleben von den kleinen Tieren herum und die schlaffe Haut. Es war ein trauriger Anblick, aber diejenigen, die diese kleinen süßen Stoffttiere erschaffen hatten, dachten dabei mit Sicherheit nicht an Drachenkinder, die Zähne hatten, die einen menschlichen Arm durchbeißen konnten.

XXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXX


Sechs Jahre waren vergangen, sechs Jahre, in denen sein Schmerz nicht vergangen war. Sechs Jahre, in denen Arthur immer noch in seinen Gedanken war. Er versuchte, ein einigermaßen annehmbares Leben zu führen, aber es schien ihm an manchen Tagen einfach nicht zu gelingen. Der kleine Kael war gewachsen, reichte Merlin bis zur Schulter mit seinem Rücken, wenn Merlin in menschlicher Gestalt war. Nani und er verstanden sich gut, sie harmonierten zusammen, wenn da auch keine tiefgreifenden Gefühle waren. Sie gingen höflich miteinander um und natürlich schlief Merlin auch mit ihr...und es war nicht einmal ein Opfer. Sex lenkte ihn etwas ab, er wusste nicht, das Arthur das auch tat. Aber obwohl er einen Mann liebte, war er nicht immun zu weiblicher Schönheit und Nani war schön und sexy. Das er sie nicht ablehnte, merkte er an seinem Begehren und seiner Erektion, wenn sie sich liebten, denn niemand begehrte jemand, der einen nicht ansprach. Doch sie war nicht auserkoren seine Gefährtin zu sein, seine Seelenverwandte, wie seine Mutter sich ausdrückte. Vielleicht war Arthur das auch nicht, vielleicht war er oder sie...er wies das nicht von der Hand...noch da draußen.

Noch immer waren Arthur und Aris ein Paar und anscheinend gingen sie immer noch so oft zum See, laut Aussage von Zara. Merlin musste sie zwingen, das ihm zu sagen, denn sie wollte ihm nicht weh tun. Aber noch schlimmer konnte es sowieso nicht kommen. Diese Bilder malträtierten eh seinen Verstand, ob sie es ihm sagte oder nicht.

Sie hatten schöne Wochenende und sein Sohn viel Spaß mit den beiden, denn Will spielte viel mit ihm...er würde mal ein guter Vater werde, dessen war sich Merlin sicher. Doch wie alles, ging auch immer diese Zeit zu Ende und sie mussten zurück. Merlin hatte ihnen stetig nachgesehen und gewunken, Kael an seiner Seite, der auf und ab hüpfte, aber nicht von Merlins Seite wich.

XXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXX

Merlin kam in die Höhle, er war auf der Jagd gewesen und brachte ein Reh mit. Doch als er in die Höhle kam, stand Nani in Menschengestalt darin und lächelte. Merlin legte das Reh ab und sah sie an

„Was ist los?"

„Kael...sieh selbst. Er wollte dich überraschen und hat auf dich gewartet."

Ein kleiner Junge in Menschengestalt trat hinter Nani hervor...weißes Haar und blaue Augen, aber was Merlin so faszinierte, war sein Gesicht. Er hatte das Gefühl, er sah sein jüngeres Ich vor sich stehen. Wenn er jemals Zweifel hatte, das Kael nicht sein Sohn war, dann waren diese wie weggewischt...er konnte ihn nicht verleugnen und sah seinem Vater sehr ähnlich, wenn auch mit weißem Haar.

Merlin verwandelte sich und er rannte in seine Arme und der Drache nahm ihn hoch.

„Ich kann das jetzt auch, Vater. Ich habe das einfach gewusst, wie es geht", sagte er stolz und Merlin lachte, stupste ihn mit einem Finger auf seine kleine Nase.

„Du bist eben sehr klug."

„Ach was", winkte er ab „Mutter hat mir schon gesagt, das es angeboren ist. Jeder Drache weiß automatisch wie das geht."

Merlin grinste, er war nicht auf den Kopf gefallen. Er sprach schon mit zweieinhalb und irgendwie war er sicher, er würde nicht bis sechzehn warten, um zu fliegen...er sah so viel von sich in seinem Sohn, aber auch von Nani...ihr Haar und ihre blauen Augen, die ihn an einen stillen Bergsee erinnerten, die einen grünlichen Stich bekamen, wenn er zornig wurde. Auch ihre Güte hatte er...sie war immer bestrebt, ihre Familie glücklich zu machen.

„Kann ich jetzt meinen Freund in seiner Höhle besuchen...ich kann ja den Pfad jetzt gehen."

„Sicher, aber immer vorsichtig, du kannst noch nicht fliegen."

„Klar doch."

Kleine Drachenkinder waren sehr früh selbstständig, der Pfad war schmal, als Drache konnte man da nicht entlang gehen, aber in menschlicher Form schon. Er löste sich von seinem Vater und rannte zum Ausgang

„Mach langsam", rief ihm Nani nach „Und vielleicht solltest du etwas essen."

„Keinen Hunger", rief er und weg war er. Die Höhle seines Freundes, der gleich alt war...war zu Fuß nur wenige Minuten entfernt. Merlin seufzte, heute war so ein Tag, wo seine Schwermut sehr stark war. Nani sah ihn an und er lächelte gequält. Er wollte nicht, das sie das Gefühl hatte, das er unglücklich war, es würde sie verletzten.

„Ich zieh mir etwas an, dann grillen wir das Reh...vielleicht besser. Wenn Kael zurückkommt, kann er ja davon essen."

Sie nickte nur und sah ihm nachdenklich nach, als er in die andere Höhle ging, um sich anzuziehen. Sie war eine Frau und fühlte...Merlin war nicht glücklich. Sie wusste das schon lange...aber sie würde jetzt mit ihm reden müssen. Trotz allem war sie gerührt, das er sich sehr viel Mühe gab, um es ihr nicht zu zeigen, aber sie hatte es doch bemerkt.


XXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXX



Am Abend, als der Junge schlief, saß Merlin draußen auf dem Plateau und hing seinen Gedanken nach, die sich wieder um Arthur drehten. Er sah über die Berge und in den Canon. Die Sonne ging gerade unter und tauchte die Bergwelt in orangenes Licht. Auf den anderen Plateaus saßen auch Drachen, die sich unterhielten, andere flogen nach Hause. Nani kam heraus und setzte sich wortlos neben ihn, sie musste mit ihm sprechen. Sie sah ihn an

„Merlin...wir müssen reden."

Er schaute sie fragend an

„Über was?"

„Das du nicht glücklich bist und sage jetzt nicht, es stimmt nicht...ich sehe das. Du sitzt stundenlang irgendwo und grübelst vor dich hin...ich bin nicht blöd. Irgendwie war es ja vorauszusehen, das es so kommen musste."

„Nani..."

Sie hob die Hand, um ihn zum Schweigen zu bringen.

„Nein...ich denke, das du dieses Leben in der Staffel vermisst. Zara und Will erzählten dir davon und schließlich hast du alles für mich und Kael hingeschmissen. Es ist Zeit, das ich etwas davon zurückgebe. Du weißt wie ich auch, das es nie Liebe war, die uns zusammengebracht hatte, aber man kann nicht alles im Leben haben. Dafür haben wir Kael und ich habe, seit er auf der Welt ist, es nicht einen Tag bereut...trotz das er nicht gewollt war. Und du hast ihn nicht im Stich gelassen und mich auch nicht. Wir respektieren uns und gehen miteinander liebevoll um, aber jetzt ist die Zeit gekommen, das du wieder an dich selbst denkst."

Jetzt sah er sie noch überraschter an, sie sprach weiter

„Ich habe mit Vater geredet...er versucht, das er dich in den Staffeln unterbringt. Und wenn das klappt, solltest du gehen."

„Was? Du weißt, das ich keinen Abschluss habe...ich kann nicht zurück."

Sie schüttelte den Kopf

„Das ist nicht gesagt. Der Junge ist jetzt alt genug und ich denke, es wird dir gut tun, mal weg zu kommen. Ich will, das du das tust, Merlin...es ist mein Teil, den ich jetzt zurückgebe."

„Aber Nani...ich kann dann nicht jeden Abend heim kommen, der Weg ist zu weit."

Sie zuckte die Schultern

„Na und, mein Vater ist auch die ganze Woche weg und meine Mutter hat es überlebt. Und ich habe Kael, langweilig wird mir nicht und meine Familie ist hier...ich bin nicht allein."

Sie beugte sich etwas vor, küsste ihn sanft auf die Lippen und sah ihn an

„Bitte, Merlin. Sollte mein Vater Erfolg haben, dann geh...du bist ja nicht aus der Welt und am Wochenende kommst du mit Vater heim. Ich möchte das gerne, möchte dir etwas von deinem Leben zurückgeben, das du mir und dem Kleinen geopfert hast."

„Ich sah es nie als Opfer", sagte er „Ich liebe meinen Sohn."

Aber sie hatte recht...er hat viel geopfert. Aber er würde es wieder tun...für den kleinen Kerl mit dem wunderschönen schneeweißen, leicht gelockten Haar, dessen Augen ihn an Nani erinnerten und nur so vor Lebensfreude sprühte. Seinen Sohn, der ungewollt zur Welt kam und nun mehr geliebt wurde, als manche Kinder, die geplant waren. Er würde ihn für nichts auf der Welt eintauschen...auch nicht für Arthur.

Er runzelte die Stirn bei seinen Gedankengänge...denn es überraschte ihn doch sehr, das Kael an oberster Stelle stand...vor Arthur und vor seinem Glück. Seine Mutter hatte immer gesagt, das Kinder das Wertvollste war, was man besitzen konnte und diese Liebe einzigartig war, denn sie machten ihn unsterblich. In seinen Kindern lebte man weiter. Damals hatte er sie amüsiert angesehen, aber nun verstand er den Sinn hinter ihren Worten. Kael, den er nicht verleugnen konnte und er sich selbst sah, wenn er ihn anblickte, würde für immer ein Teil von Merlin sein, auch wenn er schon lange tot war.

Nani fiel sehr bewusst auf, das er nicht sagte...ich liebe dich und meinen Sohn. Aber sie machte sich nichts vor, es war nie die große Liebe zwischen ihnen gewesen, auch nicht von ihrer Seite aus. Es wäre nur Heuchlerei sich gegenseitig zu bestätigen, das sie sich liebten...es wäre nicht die Wahrheit. Sie wollte nicht abstreiten, das es eine gewisse Liebe zwischen ihnen war, eine Liebe, die ihr gemeinsamer Sohn sie miteinander verband, aber das war eine andere Liebe, keine leidenschaftliche, in der man sich nach dem Partner verzehrte. Aber sie war nicht unglücklich, Merlin war aufmerksam und liebevoll, man könnte sagen, sie verstanden sich besser als ein Liebespaar. Und er war sehr zärtlich und aufmerksam im Bett, sie schlief gerne mit ihm. Aber trotz allem wollte sie ihn etwas glücklich machen, deshalb hatte sie mit ihrem Vater geredet.

Merlin dachte darüber nach und die Idee zurückzugehen, war sehr verlockend. Aber er wünschte sich, das er irgendwo anders stationiert wäre, denn er wollte nicht Arthur und Aris sehen, das würde zu sehr schmerzen. Er lächelte

„Das ist wirklich sehr nett von dir, Nani...danke. Es würde mir wirklich gefallen...du kennst mich zu gut. Vielleicht hast du recht und es ist Zeit."

„Ist es...ich gebe dir ein Teil deines Lebens zurück, das du für mich und Kael aufgegeben hast", sagte sie leise und er legte den Arm um sie und küsste sie auf die Stirn, sagte wieder

„Danke."

Wieder wurde ihm bewusst, das sie eine wundervolle Frau und Drache war und bei allen Göttern, sie hatte es wirklich verdient, einen Mann und Drachen an ihrer Seite zu haben, der sie wirklich liebte. Merlin konnte ihr nicht geben, was jede Frau in ihrem Herzen ersehnte. Sie respektierten sich und liebten sich auf eine freundschaftliche Art, auch wenn sie miteinander schliefen, was heiß und leidenschaftlich von statten ging. Aber er wünschte sich für sie eine Liebe, in der sie so aufging wie er früher mit Arthur. Das man nicht erwarten konnte, ihn in den Armen zu halten und dieser Partner, der letzte Gedanke war, wenn man schlafen ging und er erste, wenn man aufwachte. Doch Merlin konnte ihr das nicht geben.

Denn sein Herz war verloren...verloren an einen blonden Mann, der ihn vergessen hatte.


XXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXX



Nanis Vater betrat die Höhle, er war angezogen und war den Pfad gegangen, der sich durch die Berge zog. Merlin in Drachengestalt sah ihn an und sagte

„Warte, ich zieh mir etwas an", als er sich verwandelte und in den Nebenraum ging. Bald kam er wieder, eine Hose und eine Tunika an. Sie setzten sich auf das Sofa. Nani ging mit Kael nebenan, wollte die beiden allein und in Ruhe reden lassen.

„Nun", sagte der Eisdrache „Nani hat dir bestimmt gesagt, das sie mich gebeten hatte, zu sehen, ob du zurück kannst. Ich habe mich mit meinem Vorgesetzten beraten und er sagte, das es nur eine Möglichkeit gibt, weil du keinen Abschluss hast."

„Und...welche?"

„Du kannst zu den Späherdrachen...sie sind sehr wichtig. Aber dadurch, das sie gefährliche Aufträge haben, sind diese Posten immer unterbesetzt. Einige wurden getötet, als man sie erwischte."

„Okay...ist mir vielleicht lieber als mit einem Drachenreiter", meinte Merlin. Einen anderen Drachenreiter als Arthur zu akzeptieren, würde ihm schwerfallen.

Nanis Vater beugte sich etwas vor

„Merlin...überdenke das, denn dieser Job hat es in sich. Du musst sehr gut fliegen können...Voraussetzung. Sie werden das testen. Und es kann auf diesen Späherflügen sehr gefährlich werden, Norddrachen patrouillieren dort an der nördlichen Grenze. Im Süden lauern dir die Normaden auf, die Geschosse haben, am Boden...Raubtiere, die gefährlich groß und aggressiv sind und in Rudeln angreifen."

„Da sehe ich keine Probleme, was das Fliegen angeht und Gefahr? Gefährlich ist das Leben doch immer, oder nicht?"

Der Eisdrache nickte

„Gut, wenn du das tun möchtest, dann wirst du auf dem Stützpunkt der ersten drei Staffeln stationiert sein, denn dort sind auch die Späherdrachen stationiert."

Merlin erstarrte...das war Zaras Stützpunkt und...Arthur war dort. Er wollte das vermeiden, wollte nicht dort sein, wo er war. Er konnte die beiden nicht zusammen sehen, er konnte Arthur nicht sehen...alles würde noch schlimmer werden.

„Gibt es sonst keinen Stützpunkt?"

„Nein", sagte er und sah ihn erstaunt an „ Aber ich verstehe dich nicht. Du solltest froh sein, denn deine Freunde und deine Schwester sind dort. Du wirst mit ihnen zusammen sein."

Und Arthur sehen...und Aris und...sehen, wie sie sich küssten und zu diesem verfluchten See gingen.

Er nahm Luft...blieb er hier, würde er zugrunde gehen. Ging er dorthin...würde er zugrunde gehen...beides lief auf das Gleiche hinaus. Aber er musste etwas tun...irgendetwas und wenn das die Wahl war...er sah wieder zu dem Eisdrachen, eine kleine Hoffnung flackerte in ihm auf

„Sind die Späherdrachen viel unterwegs?"

Er nickte

„Ziemlich. Sie sind nicht oft auf dem Stützpunkt. Tagelang, oft wochenlang weg. Doch wenn sie zurückkommen, haben sie eine Zeit lang frei...ich sagte schon, der Job hat es in sich."

Okay, er würde nicht viel auf dem Stützpunkt sein und viel in der Luft. So wäre es machbar und in der Zeit, die er auf dem Stützpunkt wäre, würde er versuchen, ihn zu ignorieren und ihm aus dem Weg gehen. Ob das funktionierte, wusste er nicht, aber er würde es versuchen. Er nickte

„Okay...ich tue es. Was muss ich tun?"

„Du fliegst zu dem Stützpunkt und meldest dich bei dem Kommandeur, sein Name ist Keno. Er weiß Bescheid, solltest du dich dafür entscheiden. Alles weitere erfährst du dort."

Merlin nickte und sagte

„Ich danke dir."

„Gerne, aber bedanke dich bei Nani, sie hatte mich darum gebeten und ich denke, es ist keine schlechte Idee. Männer sollten nicht nur zu Hause herumsitzen."

Dann stand er auf und ging zu seiner Tochter, die im Nebenraum war und sich um Kael kümmerte, damit die beiden reden konnten. Er wollte seinen Enkel mit zu seiner Frau nehmen, die ihm irgendwelche Leckerei gemacht hatte.

Merlin nahm Luft...er würde Arthur sehen...nach sechs Jahren, sein Herz klopfte sehr schnell in seiner Brust.


XXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXX



Arthur stand an seinem Bett, als ihn Aris von hinten umarmte und ihn auf den Nacken küsste.

„Hey...hast du Zeit, wir könnten..."

„Nein, ich fliege gleich mit Kalis und der Staffel."

„Oh, schade...ich hätte Lust auf dich", meinte Aris, doch Arthur schüttelte den Kopf und drehte sich nach ihm um.

„Flugstunde, tut mir leid."

Aris war in der zweiten Staffel, er hatte einen anderen Dienstplan, vor einem halben Jahr war er dorthin versetzt worden, weil einer dort fehlte. Es hatte ihm nicht gefallen, weil er jetzt nicht synchron mit Arthur frei hatte, aber Befehl war Befehl.

Noch immer konnte Arthur kein wahres Gefühl außer Freundschaft für den Drachenreiter empfinden. Sie waren jetzt fast sechs Jahre zusammen, aber es war keine Liebe zwischen ihnen, nicht von Arthurs Seite aus. Sein Schmerz in seinem Herz war zu einem dumpfen Pochen geworden und...Bitterkeit hatte sich zu seiner Verzweiflung und Sehnsucht dazu gesellt. In seinem verletzten Herz war Bitterkeit eingezogen, er hasste sein Leben...das ohne Liebe und Freude vor sich hin tümmelte.

Er war mit einem Mann zusammen, den er nicht liebte und er schlief sehr oft mit ihm, um zu vergessen. Seine einzige Freunde, die er hatte, hatten sich von ihm abgewandt. Will und Zara waren ein sehr glückliches Paar, aber die Eisdrachin würdigte ihn keines Blickes mehr...sie ignorierte ihn vollständig. Arthur tat das sehr weh, er mochte sie, auch wenn sie unverschämt zu ihm war. Ihm kam es so vor, als wäre sie die einzige Verbindung, die er noch zu Merlin hatte, was vielleicht verrückt war. Denn seit sechs Jahren hatte er nichts von dem schwarzen Drachen gehört, wusste nicht, wie es ihm ging. Wahrscheinlich hatte er Arthur vergessen, nicht ein einziges Mal hatte er sich bei ihm gemeldet.

Er hatte Zara nie wieder nach Merlin gefragt, aber er sah Will und ihr sehnsüchtig nach, wenn sie aufbrachen, um zu Zaras Eltern zu fliegen, denn dort war Merlin. Er wusste allerdings nicht, das sie in der Luft die Richtung der weißen Berge einschlugen, um Merlin zu besuchen...in den letzten vier Jahren. Manchmal trafen sie dort auch Zaras Eltern.

Langsam verblasste Merlins Bild in seiner Erinnerung, das er mit Gewalt festhielt. Was dazu führte, das er noch länger und öfter an ihn dachte, nur um ihn nicht zu vergessen. Er war so in seinen Gedanken, das er nicht bemerkte, wie Aris ihn nachdenklich ansah und jetzt sagte

„Wir sind jetzt schon so lange zusammen und du hast mir noch nie gesagt, das du mich liebst."

„Was?" Arthur sah ihn erschreckt an...oh nein, bitte nicht das Thema.

„Du sagst nie, das du mich liebst", sagte Aris wieder. Er hatte es schon ein paar Mal angesprochen, aber Arthur wich aus und er wollte wissen, warum.

„Wie kommst du denn da drauf, Aris...das ist doch Schwachsinn. Ich muss ja nicht hinter dir herlaufen und ewig...ich liebe dich säuseln. Wir sind keine Mädchen."

„Wirklich? Doch ich hätte gerne ein Anzeichen, irgendetwas, das ich dir nicht gleichgültig bin."

„Ich würde nicht mit dir schlafen, wenn das so wäre", sagte Arthur unbeeindruckt.

Eine Lüge...nun ja, Arthur würde sagen, nicht die ganze Wahrheit. Er mochte ihn aufrichtig, aber er liebte ihn nicht und ja, er würde nicht mit ihm schlafen, wenn da gar keine Gefühle wären, aber Liebe war es nicht. Seine Liebe war vor sechs Jahren davongeflogen und nie mehr aufgetaucht.

Aris wechselte das Thema, das genauso unangenehm für ihn war.

„Wieso hast du Krach mit Zara, sie würdigt dich keines Blickes? Ich fragte dich das schon mal und du sagtest, nicht der Rede wert. Aber ich denke, das es sehr wohl eine Rede wert ist. Ihr ward sehr gute Freunde und jetzt schaut ihr euch nicht mehr an...was ist passiert?"

Arthur wurde jetzt etwas zornig. Die letzte Zeit wollte Aris Antworten, die er ihm nicht geben wollte. Er fuhr ihn grob an

„Was soll das jetzt, Aris? Bist du jetzt sauer, weil ich nicht mit dir ficken gehen kann. Tut mir leid, ich habe den Dienstplan nicht aufgestellt."

Aris trat einen Schritt auf ihn zu, er schüttelte den Kopf

„Nein, das ist nicht der Grund, obwohl ich das jetzt sehr gerne tun würde. Du hast Geheimnisse, Arthur...und es hat etwas mit Zara zu tun."

Arthur lachte freudlos, sah ihn aggressiv an. Er nervte ihn mit seiner Fragerei über Dinge, die nur den Schmerz in seinem Herzen aufrührte.

„Denkst du, das ich sie gefickt und sie dann fallen gelassen habe?"

„Ich weiß nicht, was zwischen euch vorgefallen ist, aber ich denke nicht, das sie sich mit dir einlassen würde, zumal Will dir das Fell über die Ohren ziehen würde. Es ist etwas anderes. Und du weichst mir immer aus...welche Geheimnisse verbirgst du vor mir?"

Arthur schloss seinen Overall und trat an ihm vorbei, ohne weiter darauf einzugehen, sagte nur flüchtig

„Ich muss los...wir reden später weiter."

Dann ging er und Aris sah ihm nach und murmelte

„Später wirst du mir auch keine Antworten geben."


XXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXX



Drei Tage später stand Kalis am Sattelplatz und ließ sich von Arthur absatteln. Sie hatten einen Übungsflug am späten Nachmittag und waren jetzt fertig. Wenn Arthur ihn abgesattelt hatte, war ihr Dienst beendet. Der Drache schaute hoch, als seine feinen Ohren Schwingen vernahmen, die die Luft durchschnitten und sah einen großen schwarzen Drachen, der zur Landung ansetzte.

Kalis ließ ihn nicht aus den Augen, als der schwarze Drache elegant und geschmeidig landete und er würde eine Augenbraue hochziehen, wenn er nicht in Drachengestalt wäre. Selten hatte er einen Drachen so vollendet landen sehen...elegant und anmutig legte er die Flügel an, als er seinen Hals reckte.

„Da kommt scheinbar ein neuer Drache", sagte Kalis zu Arthur, der an seiner Seite stand und den Gurt löste, sein Drache versperrte ihm die Sicht auf den Landeplatz.

„Warum nicht?", antwortete er und machte weiter „Es kommen ständig Drachen an."

„Aber nicht so einer, ich habe selten einen Drachen gesehen, der so anmutig und elegant gelandet ist, die meisten poltern am Boden herum, das man wirklich wegschauen muss und sich fragt, ob es bestimmt war, das sie als Drache auf die Welt kamen", antwortete Kalis „Aber dieser hier ist die pure Eleganz", meinte er bewundernd „Er macht seiner Rasse alle Ehren."

„Was ist es denn für einer?", fragte Arthur desinteressiert und löste den zweiten Gurt, er wollte sich beeilen, Aris wartete auf ihn, deshalb schaute er nicht danach.

Sie wollten zusammen essen und später vielleicht an den See gehen. Arthur hatte sich erfolgreich vor dem kompromitierenden Gespräch gedrückt und war bestrebt, Aris abzulenken, so das er nicht unangenehme Fragen stellen konnte. Die letzte Zeit nervte er ihn...fragte Dinge, die Arthur ihm nicht sagen wollte. Vielleicht sollte er ihm sagen, das er ihn liebte, aber er mochte ihn genug, um ihn nicht anzulügen. Es würde ihn verletzen, wenn er feststellte, das es nicht so ist und er gelogen hatte. Das allerdings wollte Arthur nicht...er hatte das nicht verdient. Aber er fragte sich die letzte Zeit, ob er überhaupt verdient hatte, das Arthur ihn in Beschlag nahm. Denn er war sich ziemlich sicher, das Aris ihn nicht so wollte, sondern seine Liebe...die er ihm nicht geben konnte, er konnte Merlin nicht loslassen und würde wahrscheinlich die Liebe für Merlin mit ins Grab nehmen.

Kalis schüttelte den Kopf, beobachtete immer noch den fremden Drachen, der näher kam, er bewegte sich auch am Boden elegant...unfassbar und beeindruckend. Und überhaupt...seine ganze Aura war beeindruckend. Dazu kam, das er schwarz wie die Nacht war und Kalis nicht feststellen konnte, welcher Art dieser Drache war...er war selten und...wunderschön.

„Keine Ahnung, es ist ein schwarzer Drache und ich kann nicht bestimmen, welche Rasse."

Arthur erstarrte neben Kalis, sein Herz pochte plötzlich viel zu schnell...schwarzer Drache? Es gab sehr wenige davon und er kannte nur zwei, einer war Kristan, der andere...

Endlich bewegte er sich, ging langsam und steif nach vorne, angespannt mit klopfendem Herzen blieb er neben Kalis stehen und zog tief die Luft ein...nein, unmöglich! Er würde diesen Drachen unter tausend Drachen finden, denn das war...Merlin. Starr und gebannt sah er zu dem Drachen, dem ein älterer Junge entgegen lief, der hier arbeitete und den Drachen, die landeten Kleidung brachte.

Der Drache ging anmutig die Wiese entlang, stoppte nicht, als er in gleißendes Licht gehüllt war und ein junger Mann auf der Wiese weiterging. Arthur hatte das Gefühl, als würde er fallen...tausend Schmetterlinge flatterten in seinem Bauch. Merlin...das war Merlin, er konnte nicht den Blick von ihm nehmen. Er hatte sich etwas verändert, war männlicher geworden, aber etwas dünner, als er ihn in Erinnerung hatte.

Sechs Jahre...sechs lange, verfluchte, elende Jahre und er kam die Wiese entlang, schöner als jemals zuvor. Er trug das Haar etwas länger und unter seiner schlanken Figur, sah er trotz allem die Muskeln, die sich bei jedem Schritt bewegten. Seine Haut weiß wie Alabaster und Arthur war verzweifelt, weil er so weit weg war, um das Blassblaue seiner Augen zu sehen, die leicht grünlich wurden, wenn er zornig war.

Arthur wurde es schwindelig, dunkle Flecken tanzten vor seinen Augen, das kam wahrscheinlich davon, das er nicht atmete. Er stützte sich an Kalis ab und zog Luft, ohne den Blick von dem dunkelhaarigen Mann zu lösen, sein Herz klopfte ihm im Hals wie verrückt. Merlin...sein Merlin. Er ließ den Blick nicht von ihm, hatte panische Angst, wenn er kurz wegschaute...er sich in Luft auflösen würde...das er eine Einbildung war. Vergessen waren sein Drache und Aris, der auf ihn wartete...Merlin war da. Merlin war endlich da...er hatte nie die Hoffnung aufgegeben, ihn wiederzusehen.

Merlin nahm den Mantel von dem Jungen und schlang ihn um seinen Körper, band ihn vorne zu, während der Junge sein Gepäck nahm, das dort lag, wo er sich verwandelt hatte. Gepäck? Arthur registrierte das jetzt erst, aber er drückte sich etwas in den Schatten von Kalis, als Merlin die beiden in einiger Entfernung passierte. Er warf dem großen weißen Drachen einen kurzen Blick zu, als er weiterging, Arthur sah er nicht. Merlin fragte den Jungen etwas und der zeigte ihm mit der Hand die Richtung.

Was wollte er hier? Arthur wusste, das er nicht zurück konnte, da er keinen Abschluss hatte. Kam er wegen ihm? Arthur traute sich keine Hoffnungen zu machen, denn sollte das nicht so sein, würde er erbarmungslos noch tiefer in die Dunkelheit fallen, in der er die sechs Jahre gelebt hatte, diese Hoffnung würde ihn vollständig brechen und ihn vernichten. Er hatte ihn einmal verloren...ein zweites Mal könnte er nicht mehr verkraften, er würde zerbrechen.

Er betrat das Hauptgebäude und Arthur, der weiß wie der Tod war, taumelte...ihm war schlecht. Er sattelte mit zittrigen Fingern seinen Drachen ab, der sich verwandelte und sich verabschiedete. Arthur bekam das nicht so mit und Kalis ging kopfschüttelnd von dannen. Er sah aus, als hätte er einen Geist gesehen und konnte nicht verstehen, wieso sein Drachenreiter von einem Moment zum anderen sein Verhalten gewechselt hatte und aussah, als würde er umkippen.

Merlin...er konnte es nicht glauben, Merlin war hier, sein Herz war zurückgekehrt. Er ging nicht zu Aris, sondern kauerte sich an den Sattelplatz, denn die Komandozentrale lag schräg gegenüber und wartete ab.

Tausend Gedanken wirbelten ihm im Kopf herum und keiner konnte ihm sagen, ob er geträumt hatte. Sein Herz raste in seinem Körper, wollte sich nicht beruhigen und noch immer flatterten Schmetterlinge in seinem Bauch und ihm war schlecht und schwindelig. Es würde ihn nicht wundern, wenn er gleich umfiel. Er nahm wieder Luft.

Nur Merlin konnte so ein gefühlsmäßiges Chaos in ihm auslösen...nur er...mit seiner bloßen Anwesenheit.

XXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXX


Merlin betrat das Büro von Keno, nachdem diese Frau im Vorzimmer ihn einließ, der aufsah und ihn fragend anblickte.

„Ich bin Merlin und soll mich hier melden."

Jetzt lächelte er, denn es war ein neuer Späherdrachen. Sie standen sehr hoch im Kurs und die besten hatten hohes Ansehen. Es war ein Himmelsfahrtkommando, wenn sie aufbrachen, um wichtige Informationen zu sammeln, deshalb wurden sie sehr repektiert, auch von den anderen.

„Ah ja...willkommen, ich weiß Bescheid...du meldest dich zu den Späherdrachen, nicht wahr?"

Merlin nickte

„Okay...es sind im Moment vier hier, du bist der fünfte. Ian, Luftdrache, Mack und Degan, beides Eisdrachen und Salin, Feuerdrache. Welcher Rasse gehörst du an...ich kann es nicht sehen."

Menschen erkannten die Drachen an ihrer Haarfarbe und Augen, Feuerdrachen hatten silberne Haare und violette Augen, Luftdrachen rote Haare und fast schwarze Augen, Eisdrachen weiß mit blauen Augen und Braundrachen wie Will...dunkelbraune Haare und grüne Augen. Merlin konnte man nicht bestimmen, weder in Drachengestalt noch in menschlicher Gestalt.

„Feuerdrache, Sir."

Wieder grinste er und nickte

„Gut, du wirst bei den Späherdrachen untergebracht. Sie haben ihre eigene Unterkunft, näher am See und schöne Aussicht. Ich weiß nicht, was du über diese Drachen weißt, aber sie haben besondere Privilegien, weil sie das vielleicht nicht lange haben, ihre Ausflüge sind gefährlich."

„Ich weiß, Sir", antwortete er. Näher am See? Das war nicht so gut, er würde Arthur und Aris noch besser sehen, wenn sie dorthin gingen, um zu...

Nein...er wollte daran nicht denken. Merlin hatte sich vorgenommen, über der Sache zu stehen. Aber sich etwas vornehmen und dann so zu handeln...waren zwei grundsätzliche Unterschiede.

„Gut", sagte er und rief eine Frau herein „Such mir Salin, er soll herkommen."

Die Frau verschwand und er wandte sich wieder Merlin zu, musterte ihn

„Keine Schule?"

„Doch, aber ich brach im vierten Jahr ab...Familienangelegenheiten."

Keno ging nicht weiter darauf ein und sah auf seine Dokumente

„Gut, morgen um drei werden wir deine Flugkünste testen, finde dich dann auf dem Platz ein."

Die Tür ging auf und ein Mann mit silbernem Haar streckte den Kopf hinein, es fiel ihm über die Schultern, seine violetten Augen streiften kurz Merlin und sahen dann seinen Vorgesetzten an. Er hatte etwas Verwegenes an sich, doch seine Augen versprühten auch Intelligenz und Raffinesse, zumindest kam es Merlin so vor und...er war sehr schön, etwas was Merlin stetig bei Männern auffiel...da er ja mehr zu ihnen orientiert war. Aber Frauen fiel er auf jeden Fall auch auf.

„Du wolltest mich sehen, Chef?"

„Salin, komm rein...das hier ist Merlin, er ist ein neuer Drache für euch...Späher. Weise ihn bitte ein und zeige ihm seine Unterkunft."

„Klar, Chef", sagte er und grinste Merlin an, dem auffiel, das er wirklich ein verwegenes Auftreten hatten. Wahrscheinlich musste man verwegen sein, um der Gefahr zu trotzen, auch intelligent und raffiniert...Spione, die in Feindesland herumpolterten und nicht mit Klugheit vorgingen, lebten nicht lange, da war er sicher.

„Okay...ihr könnt gehen."

Merlin verließ mit Salin das Gebäude und ging über den Platz, Salin sah ihn an

„Was bist du denn?" Merlin lächelte...er war das schon gewöhnt, das ihn jeder fragte, was er für eine Rasse war.

„Feuerdrache", antwortete Merlin und grinste, weil Salin ihn überrascht ansah „Schwarz", sagte er dazu und Salin lachte, klopfte ihm auf die Schulter

„Okay...dann passt du zu unserer Truppe, die sind auch alle sonderbar, es wird dir gefallen.
Mack und Degan sind unterwegs, aber nach Plan müssten sie in zwei Tagen auftauchen, wenn kein Norddrache sie gefressen hat", grinste er amüsiert.

Scheinbar fanden sie solchen Galgenhumor lustig. Jemand, der mit dem Tod jederzeit rechnen musste, hatte wahrscheinlich ein anderes Verhältnis zu ihm, vielleicht war das normal oder sie machten sich darüber lustig, wie Salin jetzt gerade. Merlin lächelte...eigentlich eine Truppe nach seinem Geschmack, verwegen war er auch und Risiken ging er immer ein. Das letzte Mal mit gefährlichen Seeschlangen, mit denen er gekämpft hätte, wenn es nicht so ausgegangen wäre. Ja...Gefahr zog ihn auch an, hier war er richtig.

Daran zweifelte Merlin nicht, es gefiel ihm jetzt schon, er sah sich verstohlen um, aber sah Arthur nicht. Er war sich nicht sicher, wie er reagieren wird, wenn sie sich gegenüber standen. Sechs Jahre war eine lange Zeit und er sollte besser so fühlen wie Zara. Wenn er zornig auf ihn war, ertrug er es vielleicht leichter. Will hatte ihm gesagt, das Zara mit ihm in Zoff lag...wegen ihm.

Doch er wusste nicht, das Arthur ihnen vorsichtig folgte, mit klopfendem Herzen und Schweißausbrüchen...Merlin war wieder da. Sein Merlin, seine große Liebe, den er immer noch liebte, wie am ersten Tag und wenn er zweihundert Jahre weg gewesen wäre.

Er hatte nie aufgehört ihn zu lieben.

DrachenblutWhere stories live. Discover now