Drachenblut Kapitel 76

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Drachenblut


Kapitel 76



Sechs Monate waren am See vergangen, als Merlin fertig mit den Nerven dort angekommen war. Doch nun war er erholt und ausgeglichen, nichts war mehr übrig von dem Drachen, der sofort wütend wurde und sich nicht unter Kontrolle hatte. Ashanta und Ajan waren nicht ganz unbeteiligt gewesen, die vielen Gespräche und das Vertrauen, das unter ihnen war, trug auch dazu bei.

Das Leben in der Natur war für einen Drachen nichts Neues, schließlich kamen sie aus der Natur. Doch da sie sich durch ihre magischen Gabe auch verwandeln konnten, lebten sie auch in ihrer menschlichen Gestalt in Häuser und Städten. Doch dem Ruf der Wildnis folgte jeder Drache, der mit dem Umfeld, das aus anderen Wesen und den Städten bestand, nicht mehr klar kam. Und so war Merlin im Endeffekt nur seinem Instinkt gefolgt und in die Natur geflüchtet. Das dort auch seine Freunde lebten...war ein glücklicher Umstand.

Die beiden Schlangen saßen bei ihm, Merlin war die letzten beiden Wochen ruhig und melancholisch und beide wussten auch warum...Arthur. Es wurde Zeit, das er zu seinem Drachenreiter zurückkehrte...er würde nie aufhören ihn zu lieben und würde ihn nie vergessen können.

„Merlin...du musst zu ihm zurück."

Der Drache nickte

„Ja...ich kann nicht aufhören an ihn zu denken und die Sehnsucht nach ihm...sie bringt mich um."

„Dann solltest du aufbrechen. Du hast dich hier sehr gut erholt und wir waren sehr glücklich über deinen Aufenthalt bei uns, aber du gehörst zu ihm wie die Luft zum Atmen."

Merlin seufzte

„Ich weiß...es zieht mich fort, ich kann es nicht ändern. Ich denke, nein...ich weiß, das ich ohne ihn nie leben könnte, egal was er mir antun könnte. Ich liebe ihn zu sehr."

„Damit ist alles gesagt", lächelte Ashanta und küsste ihn auf seine große Schnauze „Ich werde dich vermissen, mein süßer Drache."

Merlin stand auf und reckte sich, schaute auf die beiden herunter

„Ich bin nicht süß, Ashanta...ich bin ein Drache. Ein Häschen ist süß."

Sie lachte

„Du wirst immer mein süßer Drache sein, Merlin und ich liebe dich. Hol dir dein Liebling zurück und vergiss uns nicht."

„Ja...kommt uns besuchen", sagte Ajan „Und alles Gute für euch zwei."

Merlin stampfte an das Seeufer, blickte noch einmal zurück und die beiden Schlangen winkten ihm.

Dann breitete er die Schwingen aus und erhob sich in die Luft, schlug die Richtung nach Hause ein. Er stieg sehr hoch und beschleunigte, es schien ihm, als würde Arthur ihn rufen und er konnte nicht schnell genug dort sein. Doch er hatte auch Angst...wie würde Arthur sein und...wie würde er ihn empfangen?

Schließlich hatte er ihn einfach im Stich gelassen und ihn verlassen. Merlin würde seinen Gefährten nie verlassen, aber er hatte es getan. Schuldgefühle deswegen waren ihm nicht fremd und nagten an ihm. Ashanta lag ja nicht so falsch ...er hatte ihn verlassen, als er ihn brauchte. Aber die Umstände machten das erforderlich und...um Arthur zu schützen. Er war einfach nicht er selbst und hatte auch Angst, Arthur in seinem unkontrollierten Zorn zu verletzen.

Redete er sich das nur ein, um seine Schuldgefühle loszuwerden?

Er hatte darauf keine Antwort.


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Mandolyn beobachtete Arthur, der durch das Zeltdorf ging. Das Dorf war gewachsen, viele Häuser waren fertig und bald würden sie alle dort einziehen. Schön angelegt mit Grünflächen und Blumen war das Dorf malerisch in die Natur gebaut worden. Noch lebten sie in den Zelten, doch das wäre bald vorbei. Doch Mandolyn machte sich Sorgen um seinen Freund. Er verströmte eine Traurigkeit, die man fast körperlich spürte. Die letzte Zeit wurde es ziemlich schlimm, er grübelte immer und hatte keine Ambitionen etwas zu tun.

Er war ernst und ging stundenlang spazieren. Jetzt da er wieder Arthur war, wie ihn alle kennen, sollte er sein Leben genießen...doch er tat es nicht. Der Saris wusste auch warum...Merlin. Er schaute zum Himmel und fluchte leise...wo war der verdammte Drache? Er sprach gestern mit Bartlet, doch der sagte auch nur, das niemand wusste, wo Merlin war. Es war jetzt Zeit, das er zurück kam, denn Arthur war im Begriff...in ein tiefes Loch zu fallen.

Er machte sich Vorwürfe, das er Merlin so sehr verletzt hatte, das er vor ihm geflohen ist. Und er hatte Mandolyn von der Angst erzählt, das Merlin ihn vergessen hatte. Doch die Frage, die er dem Saris gestellt hatte...ließ Mandloyn das Schlimmste befürchten.

Kann ich denn ohne Merlin leben?

Mandolyn wusste, das es ihn auf Dauer zerstören würde. Er hatte mit Aris darüber geredet und vorgeschlagen, Merlin zu suchen. Aber Aris hatte recht gehabt, als er sagte, das Merlin ein Drache ist und überall sein könnte, da er durch das Fliegen große Entfernungen leichter zurücklegen konnte. Also blieb nur zu hoffen, das der Drache bald kam...bevor es zu spät war.


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Merlin landete nach Stunden im Schlosshof, alle die dort standen oder gingen, stobten auseinander, als der riesige Schatten über sie fiel. Merlin kümmerte sich nicht darum und verwandelte sich, er brauchte einen Moment, um zurecht zu kommen. Es war lange her, das er sich verwandelt hatte. Doch dann betrat Merlin das Schloss, ging zielstrebig auf sein Zimmer zu. Wie immer störte er sich nicht daran, das er nackt war und die Damen ihm nachsahen.

In dem Gang zu seinem Zimmer kam ihm niemand mehr entgegen. Er blieb stehen und nahm Luft. Dann hob er zögerlich die Hand und klopfte an. Niemand antwortete...er klopfte wieder...keine Antwort. Merlin überlegte einen Moment, dann trat er ein. Die Zimmer waren nie verschlossen, hier im Schloss würde niemand in fremde Zimmer gehen, aber man konnte sie von innen abschließen.

Niemand war zu sehen und er rief

„Arthur?"

Keine Antwort, er war nicht da. Merlin ging an den Kleiderschrank, zog sich etwas an. Dann in den Nebenraum, da standen seine Stiefel, doch er bemerkte...Arthurs Kleider waren weg.

Wo war er?

Merlin stand gedankenverloren im Zimmer, doch eine plötzliche Panikattacke überkam ihn, als er daran dachte, was sie sich mal geschworen hatten. Hatte Arthur sich etwas angetan?

Merlin rannte aus dem Zimmer, er musste Bartlet finden. Ein Soldat kam ihm entgegen und er fragte hastig

„Ist der Oberkommandant im Hause?"

„Ja...er ist in einer Besprechung. Aber ich denke...sie wird bald zu Ende sein."

„Wo?"

„Im dritten Konferenzraum."

Merlin rannte los und ging vor dem Raum auf und ab. Er würde am liebsten hineinstürmen, aber er hielt sich zurück. Er wollte Bartlet nicht vor den Kopf stoßen. Doch die Angst in ihm wuchs mit jeder Minute. Und wieder machte er sich Vorwürfe, das er einfach verschwunden ist. Wenn Arthur sich etwas angetan hatte...nicht auszudenken. Er schüttelte den Kopf...nein, bitte nicht. Warum hatte er nicht an so etwas gedacht? Nun ja, er war so durch den Wind, das er eigentlich gar nichts mehr gedacht hatte. Die Angst, das Arthur etwas passiert war, schnürte ihm das Herz ab und er nahm hastig Luft. Endlich...nach einer Weile...Merlin kam es so vor, als wären es Stunden gewesen, öffnete sich die Tür und Männer kamen heraus.

Kristan kam mit Bartlet zusammen als Letzer heraus, sie unterhielten sich, doch blieben abrupt stehen, als sie Merlin sahen.

„Merlin!", rief Kristan überrascht und ging mit schnellen Schritten auf ihn zu, zog ihn in seine Arme. Erleichtert schloss er einen Moment seine Augen. Er wusste, das Merlin auf sich aufpassen konnte, doch die Ungewißheit hatte schon an ihm genagt. Nach einer Weile löste sich Merlin und fragte angespannt und zögerlich...Angst davor, das sie das Schlimmste sagen würden.

„Vater...wo...ist Arthur?"

Bartlet kam jetzt zu ihnen, beide hörten die Angst in Merlins Frage und er hob beruhigend die Hände.

„Keine Angst, Merlin...es geht ihm gut. Er lebt im Moment bei Mandolyn. Als du gegangen warst, war er so...verloren. Dein Vater und ich dachten uns, das es für ihn nicht schaden konnte, wenn er bei Mandolyn ist und dort helfen kann. Es geht ihm gut...er hat sich erholt."

Merlin nahm erleichtert Luft und nickte.

„Den Göttern sei Dank, ich befürchtete schon das Schlimmste. Ich hatte plötzlich diese Angst...diese Angst, das er..."

„Nein...ich schwöre...er lebt und ist genesen", sagte Bartlet wieder. Merlin schloss einen Moment die Augen. Arthur lebte...aber würde er ihm jemals verzeihen?

„Er wird mich hassen. Ich habe ihn im Stich gelassen."

Bartlet schüttelte den Kopf

„Nein...er hasst dich nicht. Arthur liebt dich und er wartet so sehnsüchtig auf dich. Er fragt mich jedesmal, wenn ich ihn besuche, ob ich weiß wo du bist. Er macht sich Sorgen um dich."

„Wo bist du nur all diese Zeit gewesen?", fragte Kristan nun „Ich habe dich überall gesucht."

„Bei Ajan und Ashanta, an ihrem See...ich brauchte diese Ruhe und den Frieden. Ich habe dort als Drache gelebt."

Kristan nickte

„Okay...darauf bin ich nicht gekommen...eigentlich logisch. Aber ich verstehe...du bist in deinem Zustand dem Ruf der Natur gefolgt. Das ist gut und wie ich sehe...hat es dir geholfen."

Bartlet sah sie verständnislos an, er war kein Drache. Obwohl er eigentlich mit einem Drachen lebte, wusste er nicht alles über sie. Manches war so tief in ihnen verwurzelt und konnte nur ein Drache verstehen. Und deshalb sprachen sie solche Themen nicht mit normalen Wesen an...sie könnten das nicht nachvollziehen."

„Was heißt denn das?", wollte er jetzt wissen. Kristan antwortete

„Wir mögen jetzt wie Menschen aussehen, Bartlet, aber im Inneren sind wir Drachen und werden immer Drachen bleiben. Wir können uns anpassen und wir sind nicht wild, denken logisch und gefühlsmäßig. Doch wir sind Drachen, die eng mit der Natur verbunden sind, aus der unsere Vorfahren auch stammen. Sie lebten in der Wildnis und kamen erst viel später in die Zivilisation, doch unsere Urinstinkte sind in uns verwurzelt und angeboren."

Er lächelte zu seinem Sohn, als er weitersprach

„Wenn es einem Drachen schlecht geht, wegen was auch immer und er sich nicht mehr unter Kontrolle hat...dann folgt er dem Ruf der Wildnis oder der Natur. So nennen wir das unter Drachen. Wir meiden dann die Städte und andere Lebewesen, kehren zu unserem Ursprung zurück, um mit uns wieder in Einklang zu kommen. Das heißt, wir leben dann dort ausschließlich in Drachenform, jagen und ernähren uns von Wild. Wir leben allein...nun gut, Merlin war bei seinen Freunden. Aber sie sind auch wie er, nur eine andere Spezies und ich bin mir sicher, das sie ihm genügend Freiraum gaben."

Merlin nickte

„Sie waren da, wenn ich sie brauchte, ansonsten hielten sie sich zurück. Und ja, ich war sechs Monate nur in meiner Drachenform. Ich habe das einfach gebraucht, aber Arthur wird das vielleicht nicht verstehen."

„Nun ja, das weiß er womöglich nicht...ich wusste es ja auch nicht, obwohl ich mit Zorin zusammen lebe. Ich werde ihn mal danach fragen. Was wirst du nun tun?"

„Ich fliege zu den Saris", sagte Merlin „Es ist früher Nachmittag...wenn ich mich beeile, werde ich in zwei Stunden dort sein."

Bartlet nickte

„Tu das...Mandolyn sagte mir letzte Woche, das er so traurig wäre. Ihr solltet euch aussprechen und Merlin...sag ihm alles, lass nichts aus. Er kann das schon ertragen, aber ein Gespräch und Vertrauen ist jetzt als Erstes angesagt."

Merlin nickte

„Ich weiß. Okay, dann werde ich ein paar Sachen einpacken und losfliegen."

Kristan drückte ihn noch einmal und sagte

„Ich bin froh, das du wieder hier bist und du siehst gut aus. Die Natur hatte dir gut getan."

Merlin nickte

„Ja, Vater, aber wir reden ein anderes Mal...ich will jetzt zu Arthur."

„Dann geh jetzt", Merlin drehte sich um und ging zurück „Viel Glück", rief ihm Kristan zu, doch er war schon weg.

Er schaute lächelnd zu Bartlet

„Jetzt wird alles gut."

Bartlet sagte nichts, klopfte ihm auf die Schulter und meinte nur

„Gehen wir in die Taverne, Zorin wartet dort. Wir haben einen Grund zu trinken."

Beide verließen das Schloss und gingen in die Stadt.


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Merlin hatte hastig eine Tasche gepackt und rannte aus dem Schloss. Er machte sich nicht die Mühe, bis ans Stadttor zu laufen, sondern hängte sich die Tasche um den Hals und verwandelte sich auf dem großen Schlossplatz, ohne sich auszuziehen. Der schwarze Drache erhob sich in die Luft, achtete nicht auf die Leute, die ihm kopfschüttelnd nachsahen. Normalerweise war es nur in Notfällen erlaubt, auf dem Schlossplatz zu landen oder zu starten.

Doch Merlin war das egal, er hatte die Stadt hinter sich gelassen und flog nach Süden, dorthin...wo die Saris ihr Land hatten. Er überlegte fieberhaft, was er sagen oder wie er sich verhalten sollte, wenn er Arthur gegenüber stand. Er schüttelte den Kopf...verrückt, er stellte sich an wie bei seinem ersten Treffen mit jemanden. Das war Arthur und kein Fremder. Zumindest hoffte er das und er hoffte so sehr, das Arthur seine Beweggründe verstand.

Nach zwei Stunden kam das Land von Mandolyn in Sicht und Merlins Herz klopfte ihm bis zum Hals, als er tiefer ging. Und dann sah er das Dorf, er flog tief darüber und alle sahen hoch, als der schwarze Drache über sie hinweg flog. Mandolyn hielt inne mit seiner Arbeit und schaute nach oben, dann zu Aris, der grinste

„Na endlich kommt der verfluchte Drache...wird auch Zeit."

Merlin flog eine Schleife und landete auf einer Wiese. Er verwandelte sich und war gerade fertig angezogen, als Mandolyn kam und vor ihm stehen blieb. Er war ernst, als er sagte

„Merlin, lange nicht gesehen, aber jetzt bist du endlich da. Ich kenne da jemanden, der sehnsüchtig auf dich wartet. Hast dir ja verflucht viel Zeit gelassen, deinen Gefährten zu suchen."

„Wo ist er?"

„Er hat sich etwas hingelegt, er fühlte sich nicht wohl. Er fühlt sich schon ein paar Tage nicht wohl und rate mal, an was das liegen könnte?"

Merlin schaute Mandolyn überrascht an, er wirkte irgendwie wütend, trotzdem fragte er, während er die Tasche aufhob.

„Wie geht es ihm, Mandolyn?"

„Wenn du das sonderbare Benehmen meinst...er ist wieder ganz sich selbst, aber...wo zum Teufel hast du dich herumgetrieben? Er ist sehr deprimiert, weil er denkt, das du ihn nicht mehr liebst."

Es klang wie ein Vorwurf und Merlin schaute ihn giftig an. Was sollte das denn jetzt? Kam er ihn begrüßen, um ihm jetzt eine Szene zu machen? Da die Eigenschaft der Feuerdrachen wieder die Oberhand gewann, antwortete er genauso barsch

„Das ist doch kompletter Unsinn...ich brauchte diese Zeit. Mir ging es auch nicht gut, Mandolyn...ich habe alles in Brand gesteckt, ich musste weg."

Doch der Saris schüttelte den Kopf und antwortete

„Ich weiß nicht, Merlin...für mich ist es ein scheiß Verhalten, wenn man seinen Gefährten im Stich lässt, erst recht wenn er dich so braucht. Aber du hast es vorgezogen zu verschwinden und Arthur anderen überlassen."

Das hatte gesessen und Merlin wurde jetzt richtig zornig. Allein schon, weil Mandolyn gar nicht wusste, warum er gegangen war...er hatte keine Ahnung.

„Was weißt du schon, Mandolyn", herrschte er den Saris an „Du weißt nichts über Drachen. Wir sind nicht so wie ihr...wir sind...anders, zumindest in manchen Situationen. Und du kannst das alles gar nicht beurteilen...du warst nicht dabei. Du solltest dich erst mal informieren, bevor du den Mund aufmachst...Saris."

Merlin ging einen Schritt auf ihn zu

„Und nun stehst du hier und machst mir Vorwürfe? Ich habe genug Schuldgefühle, ich brauche bestimmt nicht, das du mir noch mehr einredest."

Das Ganze sah nach einem handfesten Streit aus, der Erste...den die beiden hatten.


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Inzwischen hatten alle Saris den Drachen gesehen, auch Norn, der jetzt nachdenklich zum Zelt sah, in dem Arthur schlief. Er hatte gesehen, das es ein schwarzer Drache war und das konnte nur eins bedeuten. Das war wahrscheinlich der Drache, auf den Arthur wartete und der ihn so traurig stimmte. Er hatte Norn erzählt, das es nur sehr wenige schwarze Drachen gab und einer davon liebte Arthur.

Er nickte und stieg von der Leiter, legte den Hammer weg und ging zu seinem Zelt. Als er eintrat, lag Arthur in seinem Bett und schlief. Norn schüttelte den Kopf und grummelte

„Da hofft er wochenlang auf die Rückkehr seines Gefährten und dann verschläft er das."

Er ging auf das Bett zu und rüttelte an Arthurs Schulter.

„Arthur...steh auf...sofort."

Arthur öffnete die Augen und blinzelte

„Was...was ist denn los, Norn? Ist etwas passiert?"

„Kann man so sagen...ein schwarzer Drache ist auf der Wiese am Fluß gelandet. Mandolyn ist schon dort hin gegangen."

Arthur war hellwach und setzte sich ruckartig auf.

„Was?"

„Ich sagte...ein schwarzer Drache ist gelandet und..."

„Wo?"

„Auf der Wiese am Fluß...vor ein paar Minuten."

„Merlin...ist das Merlin?"

Norn zuckte mit den Schultern

„Das weiß ich doch nicht, ich habe noch nie einen schwarzen Drachen gesehen und..."

Arthur griff hektisch zu seinen Stiefeln und zog sie in Eile an, dann stand er auf und ging zu dem Spiegel, fuhr sich hastig durch die Haare und drehte sich um

„Wie sehe ich aus?"

„Wie immer", antwortete Norn verwirrt und runzelte die Stirn „Ich habe ja keine Ahnung von der großen Liebe...aber wenn er dich nur ansatzweise so liebt, wie du ihn...dann wird es ihm scheißegal sein, wie du aussiehst."

Arthur antwortete nicht und rannte an ihm vorbei und Norn schüttelte wieder den Kopf und murmelte

„Liebe...ich glaube, das ist zu anstrengend für mich."

Währenddessen rannte Arthur durch das Zeltlager und durch das noch nicht fertige Dorf. Alle sahen ihm verwundert nach, tuschelten und arbeiteten dann weiter. Arthur lief über die erste Wiese, an den Apfelbäumen vorbei und dann...dann blieb er schnell atmend stehen.

Er hörte laute Stimmen und diese kannte er sehr gut. Er lächelte, denn eine der Stimmen kannte er nur zu gut und sein Herz schlug schnell in seiner Brust. Merlin...das war Merlin, der dort sprach...nein...er schrie. Arthur wurde ernst...jetzt fiel ihm auf, das die beiden stritten, denn der andere war Mandolyn.

„Du hast ja keine Ahnung, was er durchgemacht hatte...du hast nie gefragt oder ihn annähernd verstanden", schrie der Saris „Du hast dich abgewendet und dir nicht die Mühe gemacht, ihm mal zuzuhören."

Merlins Augen waren grün...er war zornig und konnte Mandolyn nicht verstehen. Er machte ihn hier an, ohne die Hintergründe zu kennen und das ärgerte den Drachen wirklich sehr. Er fuhr ihn wütend an, ignorierte den Rauch der aus seiner Nase kam...er hatte sein Feuer unter Kontrolle. Aber vor nicht allzu langer Zeit hätte Mandolyn mit dem Feuer gespielt, wenn er ihn so angemacht hätte...im wahrsten Sinne des Wortes.

„Was soll denn das, Mandolyn? Was willst du mir sagen? Das ich verschwinden soll? Ich hatte auch Probleme, du kannst nicht ansatzweise erahnen...was das war. Ich hatte trifftige Gründe zu gehen", schrie er den Saris an.

Mandolyn grinste sarkastisch und so sprach er auch

„Na prima...und nun? Denkst du...du tauchst hier auf und alles ist wieder heiler Sonnenschein? So nach dem Motto...ich bin wieder da...machen wir weiter?"

Arthur kam langsam und leise näher und hörte hinter dem Baum zu.

„Das weiß ich auch nicht", schrie Merlin ihn an, er war wirklich angepisst „Ich hatte ja noch nicht die Möglichkeit das rauszufinden...weil...weil", er fuchtelte mit den Armen herum „Weil du mich gleich so blöd angemacht hast. Was geht es dich überhaupt an, verdammt noch mal, er ist mein Gefährte, nicht deiner."

„Arthur ist mein Freund und du auch, ich muss nicht alles toll finden, was du machst. Und das hier war meiner Meinung nach großer Mist."

„Schöne Freunde", schrie Merlin sarkastisch „Darauf kann ich wirklich verzichten...mir reicht es jetzt. Weißt du was...ich fliege wieder...ich muss mir das nicht antun. Ich brauche jetzt niemanden, der mir sagen will, was richtig und falsch war. Du bist doch nicht ganz dicht, Mandolyn...schreist hier herum und hast gar keinen Plan. Ich gehe...so ein Schwachsinn."

Merlin drehte sich um, doch Arthur bekam einen Schreck...Merlin durfte nicht gehen...nein, das würde er nicht überleben. Er hatte so lange auf ihn gewartet und auch gehofft. Nein, er durfte ihn nicht gehen lassen. Er sprang hinter dem Baum hervor und rief

„Merlin."

Merlin drehte sich um und dann blieb die Zeit stehen. Beide sahen sich nur an und der Drache hauchte

„Arthur."

Kaum hörbar, eigentlich nur für ihn, doch all seine Liebe und Sehnsucht lag in diesem einen Wort.

Sie standen sich immer noch gegenüber und schauten sich nur an. Mandolyn sah von einem zum anderen, er konnte fast die Luft zwischen ihnen knistern hören. Und er wusste, das es jetzt Zeit war zu gehen, um die beiden allein zu lassen. Anscheinend hatte jemand Arthur gesagt, das ein Drache gelandet war. Langsam drehte er sich um und ging zurück, die beiden bekamen das gar nicht mit. Für sie stand die Welt einen Augenblick still und nichts existierte...nur sie beide. Arthur kam langsam näher und blieb vor ihm stehen...Merlin sah ihn immer noch an...alles was er sich zurecht gelegt hatte, was er seinem Gefährten sagen wollte...es war weg. Er sah nur in Arthurs blaue Augen, suchte darin etwas...irgendetwas, was ihm sagte, was der Drachenreiter dachte. Schließlich brach Arthur das Schweigen

„Kommst du wegen mir?"

Merlin antwortete nicht sofort, schaute ihn an, doch dann sagte er

„Ja."

„Warum?"

Warum? Das hörte sich nicht gut an. Wusste Arthur denn nicht, das er ihn über alles liebte und das sich das nicht geändert hatte? Ein flaues Gefühl machte sich in seinem Magen bemerkbar.

„Das...das fragst du doch nicht wirklich?", antwortete Merlin „Du weißt, warum ich hier bin."

Arthur schüttelte den Kopf

„Ich weiß gar nichts mehr...nur das du mich verlassen hast und lange nicht da warst. Sag mir, warum du hier bist...ich will es hören."

„Warum?"

„Weil ich mir nicht mehr sicher bin...zuviel ist geschehen. Ich...ich bin...sag es mir, bitte."

Tränen traten in seine Augen, als Merlin seiner Bitte nachkam

„Ich liebe dich, Arthur...egal was geschieht und wie sehr wir leiden müssen...ich liebe dich und ich kann nicht ohne dich leben...ich kann nicht. Und...und ich hoffe, das du mir verzeihen kannst. Das ich...ich so einfach gegangen bin. Bitte...verzeih mir."

Arthur schloss einen Moment seine Augen, Merlin liebte ihn. Er hatte ihn nicht verlassen...er liebte ihn. Das war alles, was Arthur hören wollte, alles andere war nebensächlich.

„Oh, Merlin...ich...ich habe mir das so gewünscht...das du zurückkommst. Gott, ich liebe dich, Merlin und ich...ich habe mich so nach dir gesehnt. Ich könnte es nicht ertragen...wenn du mich verlassen hättest."

Arthur liefen die Tränen an den Wangen entlang und Merlin brach das Herz. Vergessen war der Streit, vergessen war die Absicht wieder zu fliegen...sie fielen sich in die Arme und Merlin küsste seine Tränen weg, obwohl er auch weinte. Sie küssten sich, wo sie nur konnten, auf die Augen die Stirn, die Wangen und schließlich auf den Mund. Sie lachten und weinten gleichzeitig und ließen sich auf die Wiese sinken, immer noch in enger Umarmung.

„Du bist wieder da...ich habe dich wieder, Merlin. Bei allen Göttern...ich habe dich wieder."

„Und ich gehe nie wieder weg", versprach der Drache „Verzeih mir, Arthur."

„Es gibt nichts zu verzeihen. Ich war auch nicht ich selbst, doch nun wird alles gut."

Sie lagen auf der Wiese, küssten sich und berührten sich, konnten nicht genug voneinander bekommen. Doch nach einer Weile setzte sich Merlin auf, Arthur war eng an ihn gekuschelt, hielt ihn umschlungen, als hätte er Angst, das Merlin fort ging.

„Aber wir müssen darüber reden, Arthur. Ich will dir sagen, warum ich gegangen bin."

Arthur hatte seinen Kopf an ihn gelehnt, doch jetzt sah er zu ihm auf

„Nein, das brauchst du nicht, wichtig ist, das du wieder da bist...und das du mich liebst."

Doch Merlin wollte klare Linien, es würde immer zwischen ihnen stehen. Arthur war glücklich, das er wieder bei ihm war, aber irgendwann würde er sich die Frage stellen. Er würde sich fragen, warum Merlin ihn allein ließ und wo er all diese Zeit war.

„Arthur...wenn wir glücklich sein wollen, müssen wir darüber reden. Ich möchte nicht, das es zwischen uns steht. Ich will, das du es verstehst...warum ich gegangen bin. Ich konnte nicht anders. Du weißt genau, das ich dich nie im Stich lassen würde, aber ich hatte wichtige Gründe."

Er nickte

„Also gut...ich kann dir nur sagen, das ich nichts dafür konnte, das ich so war. Und das mein Vater mich zu Mandolyn brachte, als du weg warst. Hier habe ich wieder zu mir selbst gefunden und das alles hinter mir gelassen. Und ich habe nie aufgehört dich zu lieben."

Merlin küsste ihn

„Nun...ich muss dir etwas von Drachen erzählen, was du nicht weißt. Eigentlich...wusste ich es selbst nicht so richtig. Es ist etwas, was in mir tief verwurzelt ist und mich instinktiv handeln ließ."

Merlin erzählte ihm von den Instinkten zur Natur zurückzukehren, wenn sie nicht mehr klar kamen. Und wo er hingeflogen war und all die Zeit war. Und auch, was er für Probleme hatte, sein Feuer nicht unter Kontrolle zu haben.

„Dann warst du nur ein Drache...all die Zeit?"

„Ja...ich lebte wie ein Drache...jagte und schlief viel. Die Gespräche von Ajan und Ashanta taten mir auch gut. Sie waren da und auch nicht...nie aufdringlich oder nervig, das tat mir gut. Ich war einfach fertig und musste dich schützen, indem ich ging. Ich hatte einen Laden in der Stadt in Brand gesteckt, nur weil ein Mann etwas unverschämt war...das war für mich das Zeichen. Ich wollte dich nicht aus Versehen verletzen."

„Ich verstehe", antwortete Arthur „Ich denke...es tat uns beiden gut, das wir eine Zeit lang getrennt waren. Aber...ich war mir nicht sicher, ob du mich noch willst. Du warst so zornig, als du weggeflogen bist."

Merlin struppelte durch sein Haar

„Dummkopf...ich könnte doch keinen Atemzug ohne dich machen."

Die Sonne ging langsam unter und ein lauer Wind strich über das Land. Merlin nahm Luft und sah sich um.

„Ein schönes Stück Land hat Mandolyn hier...so schön und friedlich. Nun...wenn der verfluchte Saris nicht gerade herumschreit."

„Könntest du dir vorstellen, hier zu leben, Merlin?"

Der Drache nickte

„Ja, könnte ich", doch dann lachte er „Aber Mandolyn ist richtig sauer auf mich. Ich glaube, er ist froh...wenn er mich nicht sieht."

„Ich habe es gehört. Er will mich nur verteidigen und kann nicht verstehen, wieso du gegangen bist. Er hat gesehen, wie sehr ich gelitten habe."

„Verstehst du es denn?"

Arthur nickte

„Ja...vielleicht musste es sein, damit wir beide wieder in Ordnung kamen. Aber für mich ist nur wichtig, das du wieder bei mir bist, Merlin. Alles andere liegt in der Vergangenheit und dort sollte es bleiben. Wir hatten zu viele der düsteren Zeiten...wir sollten sie vergessen und neu beginnen."

Der Drache musterte ihn

„Und das andere? Bist du wieder ganz in Ordnung?"

Arthur grinste

„Ja...in Zukunft wirst du deine Getränke selbst holen müssen und alles andere auch."

Merlin lächelte und er zog den blonden Mann in seine Arme und küsste ihn. Arthur seufzte und nach sehr langer Zeit fühlte er einen inneren Frieden. Er legte den Kopf in Merlins Schoß und der Drache strich sanft über sein blondes Haar. Sie sprachen nicht, genossen nur ihr Zusammensein, nach langer Zeit.

Merlin sah liebevoll zu seinem Gefährten. Wie konnte er nur denken, das Arthur ihm nicht verzeihen würde? Sie würden sich alles verzeihen, egal was das wäre, denn sie konnten einfach nicht lange getrennt sein. Und nun würden sie die Zukunft planen.

Er dachte an Zara und ihr Gepräch, sie sagte...das sie keine Zeit hätten, ihre Zukunft zu planen.

Merlin würde sich einfach diese Zeit jetzt nehmen.

Es wurde langsam dunkel, doch die beiden blieben auf der Wiese.


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Mandolyn war zornig, er hatte sich mit Merlin gestritten und ging im Zelt auf und ab. Aris hatte zugehört, als er ihm nun davon erzählte und sagte nun

„Mandolyn, das ist nicht deine Sache. Das geht nur die beiden etwas an. Du wolltest die ganze Zeit, das Merlin kommt und jetzt ist er da. Und du hast nichts Besseres zu tun, als Merlin anzumachen?"

„Aber er hat sich sehr viel Zeit gelassen und überhaupt...er hätte Arthur in diesem Zustand nicht allein lassen dürfen. Er ist sein Gefährte."

„Das hat er ja nicht, er hatte es versucht. Aber es hat nichts gebracht. Hast du ihn denn gefragt, warum er ging?"

„Nein."

„Dann solltest du nicht vorschnell urteilen, vielleicht hatte er seine Gründe", sagte Aris „Und wenn er die hatte, dann geht das nur Arthur etwas an. Du würdest auch nicht wollen, das sich jemand anderes in unsere Beziehung einmischt. Also brauchst du dich nicht zu ärgern, weil Merlin dich angeschrien hatte...du wärst nicht anders. Wir sind ihre Freunde und haben ihnen geholfen, soweit wir das konnten. Aber...Mandolyn...alles weitere betrifft nur die beiden und nicht mehr dich."

Der Saris seufzte

„Ja, du hast ja recht. Aber ich reagiere doch nur so, weil beide meine Freunde sind."

Aris grinste

„Und weil dein Temperament wieder mit dir durchgegangen ist. Arthur wird ihm verzeihen, Merlin hat ja eh Narrenfreiheit bei ihm und sie können einfach nicht anders. Die beiden können nicht anderes als zusammen zu sein. Und wie sie damit umgehen, ist allein ihre Sache. Du bist ihr Freund, ja...aber halte dich da raus, Mandolyn."

Der Saris nickte, er wusste...das Aris recht hatte. Vielleicht hatte er sich so sehr ins Zeug gelegt. Es war wahr, das Ganze ging nur sie beide an. Ihre Freunde hatten geholfen, wo sie konnten, doch mit dem Rest mussten beide allein klar kommen.

Jetzt tat es ihm leid, das er Merlin so angemacht hatte. Womöglich musste er sich entschuldigen.

Nun ja, er war ein Saris und alles andere als perfekt.




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