Drachenblut Kapitel 62

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Drachenblut


Kapitel 62




Zwei Wochen schleppten sich dahin, seit Arthur Merlin gesehen hatte und noch immer wachte der Drache nicht auf. Arthur war verzweifelt und so voll Kummer, das er sich nicht einmal freute, als die Heiler ihm sagten, das er aufstehen konnte. Er sollte nur noch etwas aufpassen. Doch Arthur stand am Fenster, als sein Vater hinein kam. Er drehte sich nicht mal um, starrte hinaus, ohne überhaupt etwas wahrzunehmen.

„Arthur?"

Bartlet machte sich Sorgen um ihn. Er war zwar körperlich geheilt, aber nun schien seine Seele verletzt zu sein...sein Herz und das konnten die Heiler nicht behandeln. Dazu schien er aufzugeben, die Hoffnung, das Merlin aufwachte aufzugeben. Arthur war an einem Punkt, indem er zwei Wege einschlagen konnte. Der eine Weg führte in die Aufgabe und in den Tod...der andere Weg war schwieriger...wenn man ihn einschlug, dann müsste man kämpfen...kämpfen, um das was man wollte. Bartlet wusste das, den an diesem Punkt hatte er auch gestanden, doch er hatte sich für das Kämpfen entschieden und Arthur war der Grund gewesen, das er den Weg gewählt hatte.

„Was wird sein, wenn Merlin nie wieder aufwacht", sagte Arthur leise, ohne sich umzudrehen „All die Dinge, die wir ertragen mussten...den Kummer und Schmerz...umsonst. Ich bin allein...so wie ich es immer war. Es scheint mir, das meine Liebe mit Merlin doch nur ein Traum war und ich jetzt aufgewacht bin."

Bartlet zog die Luft ein, denn so wie Arthur das sagte...so voller Schmerz, doch was ihn aufhorchen ließ...war die Resignation in seiner Stimme. Die Angst, das Arthur etwas tun würde, um seiner Trauer Herr zu werden, umklammerte sein Herz und er hatte das Gefühl, das es zerdrückt wurde. Er könnte es nicht ertragen, wenn er Arthur verlieren würde. Er war einmal durch diese Hölle gegangen, ein zweites Mal würde er dort bleiben...würde den Weg zurück nicht mehr finden.

Und er wusste, das Arthur genau an diesem Punkt angekommen war und seinen Weg wählen musste. Bartlet war all die vielen Jahre nicht für ihn da gewesen, als er ihn am Dringendsten gebraucht hatte, doch nun war er da und würde Arthur den Weg zeigen. Er war damals da gewesen, um Bartlet den Weg zu zeigen, wenn er auch ein Baby war, doch nun würde er seinem Sohn beistehen.

„Arthur...du musst ihm Zeit geben. Er wird zu dir zurückkommen."

Jetzt drehte er sich um und Bartlet erschrak über den Kummer und Schmerz, den seine blauen Augen wiedergaben.

„Zeit? Es sind jetzt zwei Monate, Vater. Und seine Wunden wollen nicht heilen, ich hörte wie die Heiler sagten, das sie aufpassen müssen, das er keinen Wundbrand bekommt. Er liegt quasi im Sterben und ich...ich kann ihm nicht helfen. Ich fühle mich so hilflos und muss mit ansehen, wie jeden Tag der Sinn meines Lebens langsam dahin schwindet."

Er machte zögerlich einen Schritt auf Bartlet zu, nicht sicher...wie sein Vater reagieren würde. Sie waren sich so fremd.

„Oh Vater..."

Es klang wie ein Hilfeschrei und Bartlet war mit zwei Schritten bei ihm und nahm ihn fest in seine Arme. Er schloss die Augen, übermannt von den Emotionen, die durch ihn fluteten...die Liebe zu seinem Sohn...Anteilnahme an seinem schlimmen Kummer und diese Panik, die jetzt sehr präsent war. Bartlet wusste...wenn Merlin aufhörte zu atmen...hatte er Arthur verloren, wenn nicht schon vorher. Doch das Schlimmste daran war, das er nichts...gar nichts daran ändern konnte. Er könnte auf Dauer nicht verhindern, das sich Arthur etwas antun würde. Er würde sprichwörtlich an Kummer sterben.

Er versuchte sich zu sammeln, bevor er sprach

„Geh zu ihm...rede mit ihm, erzähle ihm etwas...so das er den Weg zurück zu dir findet. Du...
darfst.. jetzt...nicht...aufgeben, Arthur", sagte er mit Nachdruck. „ Du musst jetzt stark sein...stark für Merlin, denn er braucht dich jetzt mehr denn je. Kämpfe...kämpfe für das Glück mit deinem Drachen...du musst jetzt für euch beide kämpfen, denn Merlin kann das nicht allein schaffen. Erinnere dich daran, wie glücklich ihr beide ward...wie sehr ihr euch liebt. Diese Liebe ist ein Geschenk...wirf sie nicht weg. Vertrau auf deinen Gefährten und hilf ihm und...sei für ihn da, lass ihn nicht allein, egal was passiert...lass ihn nicht allein."

Arthur sollte nicht den gleichen Fehler wie er machen. Er sollte ihn nicht allein lassen, so wie er es getan hatte. Es war schon seltsam, wie sich manches wiederholte. Er hatte Sinja allein gelassen und sie starb, vielleicht wäre alles anders gekommen, wenn er an ihrem Bett gesessen hätte. Doch für ihn war es zu spät, aber nicht für Arthur.

Arthur ließ ihn los und sah ihn an, doch dann lächelte er ganz leicht und sagte

„Jetzt habe ich einen Vater. Einen Vater, der mir zur Seite steht und für mich da ist. Ich habe mir das all diese vielen Jahre so gewünscht und nun ist mein Vater endlich da."

Bartlet zog ihn wieder in seine Arme, hilflos seinen Gefühlen ausgesetzt, liefen ihm die Tränen über die Wangen. Der Krieger in ihm, der immer stark und unnahbar war, hatte den Weg frei gemacht und übrig blieb nur noch der Mann, der ein Vater sein wollte und es endlich war. Und der seinen Sohn endlich gefunden hatte.

Arthur war immer sein Sohn gewesen, doch es stand soviel zwischen ihnen, das sie sich fremder waren, als mit irgendjemand auf der Straße. Jetzt...da sie sich endlich ausgesprochen hatten und die Umstände von Merlins Zustand...hatte sie wieder vereint, so wie es sein sollte. Und Bartlet war sich sicher, das Sinja jetzt lächelte, wo immer sie auch war. Er löste sich von ihm und drehte sich um, er wollte nicht, das Arthur ihn weinen sah. Er wandte sich zur Tür und sagte

„Geh zu ihm."

Dann ging er und Arthur starrte die Tür an. Er war aufmerksam genug, um zu bemerken, das sein Vater weinte und verständnisvoll genug, um zu akzeptieren, das Bartlet nicht wollte, das er ihn so sah. Sie waren Vater und Sohn, doch auch Männer, die eigentlich nicht so schnell weinten. Aber Arthur war das egal, er hatte die letzten Wochen sehr viel geweint...der Kummer so tief in seinem Herz. Und er wusste auch, das Bartlet Angst hatte...Angst, das Arthur Merlin in den Tod folgen würde.

Du musst kämpfen...kämpfen für euch beide!

Ja...kämpfen konnte er gut. Merlin und er hatten eigentlich nur um ihre Liebe gekämpft. Kummer, Sehnsucht...Verzicht und Verzweiflung war lange ihr beider Weggefährte gewesen. Und nun hatte sich noch Intoleranz und Anfeindungen dazu gesellt, seit sie ihre Liebe öffentlich bekannt gemacht hatten. Sie haben gelitten, ihrer Liebe nachgetrauert, sich gesehnt und verzweifelt gewesen. Schmerzlich toleriert, das andere in ihrer Liebe dazwischen funkten und gemeinsam den langen Krieg überstanden. Ja...kämpfen und leiden war ihnen beiden nicht fremd.

Er nickte entschlossen. Gut...er würde für Merlin und sich kämpfen...ein letzter Kampf und wenn sie den gewannen...dann könnten sie endlich glücklich sein.

Er verließ das Zimmer und machte sich auf den Weg zu Merlin.

Das Schicksal hatte sie zusammengeführt und es sollte mit dem Teufel zugehen, wenn es zulassen würde, das sie sich jetzt endgültig verlieren würden.


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Merlin schweifte durch das weiße Nichts. Er hörte Arthur, der mit ihm sprach. Eigentlich war er die letzte Zeit immer da und schien ihm etwas vorzulesen. Merlin hörte zu, mehr noch...er versuchte dieser Stimme zu folgen.

„Und dann zog er sie in seine Arme...küsste sie so forsch, das..."

Was zum Teufel las er ihm da vor? Das hörte sich wie ein kitschiger Roman an? Selbst in dem Nichts fiel ihm das auf, während er sich durchkämpfte. Es wurde langsam Zeit, das er endlich bei Arthur war. Im Unterbewusstsein war er sich sicher, das er eigentlich solche Geschichten nicht so mochte und Arthur wusste das auch.

Merlin hatte wieder alle Hoffnungen, er wollte leben und er wollte zu Arthur. Und vor allen Dingn wollte er nicht, das Ragdolf letztendlich gewann, indem er sie beide zerstörte. Der Zauberer war seinem Ziel so nah gewesen, so unendlich nah...doch nun hatte sich das Blatt gewendet...er würde auch hier verlieren, denn sie beide würden weiterleben.

Er fühlte, das er weiterkam...das er dem Nichts entrinnen konnte.

Bald...bald würde er bei Arthur sein.


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Arthur saß die ganze Woche an Merlins Bett, sprach mit ihm und las ihm aus eines der Bücher vor, die Jany ihm gegeben hatte. Er verließ ihn nur, wenn er etwas essen wollte und schlafen musste. Dann kam Kristan oder Nanita und löste ihn ab. Er legte das Buch zur Seite, als Kristan hereinkam und ihm zunickte. Er war Arthurs Ablösung, denn es war schon spät und Arthur musste schlafen.

„Wie geht es ihm?"

„Unverändert", sagte Arthur leise und frustriert „Ich habe ihm aus Janys Liebesroman etwas vorgelesen. Normalerweise mag er nicht solche Geschichten, er sagt immer...das ist etwas für Mädchen."

Kristan lächelte

„Ja...das sagte er auch immer zu Zaras Geschichten. Okay...geh schlafen, ich löse dich ab."

Arthur nickte und sagte

„Dann bis morgen."

Er war müde und er war so hoffnungslos. Merlin wollte oder konnte nicht aufwachen. Mit hängenden Kopf betrat er sein Zimmer, zog sich aus und legte sich ins Bett. Er war müde...dieser ganze Kummer und Schmerz forderte sein Tribut. Er träumte oft von dem Drachen...er rannte durch das Nichts und schrie seinen Namen oder er sah Merlin und lief ihm nach, doch er erreichte ihn nicht. So sehr er sich auch anstrengte...er kam ihm nie nah und schrie nach ihm.

Meistens wachte er dann schweißnass und total verschreckt auf. Er wusste nicht, wie lange er das noch aushielt. Aber er würde jetzt nicht aufgeben...für Merlin.

Währendessen saß Kristan an Merlins Bett. Einer der Heiler war immer und ständig anwesend. Der Befehl des Königs war eindeutig...sie mussten rund um die Uhr für die Verletzten da sein. So wechselten sie sich ab, Dorian hatte die Nachtwache und verband gerade seine Wunden neu, nachdem er heilende Salbe auf die Wunden aufgetragen hatte. Danach saß er am Tisch und bereitete neue Salbe vor.

Kristan schaute nachdenklich seinen Sohn an. Er dachte an Bartlets Worte, der ihm vorgeworfen hatte, das er seinen Sohn nicht kennen würde. Das war nicht ganz so wahr...Kristan hatte immer gewusst, das Merlin anders war, er flog sehr früh und als die anderen anfingen zu fliegen...war er schon ein Meister. Und in Sachen Liebe stach er auch heraus. Kristan hätte nie gedacht, das sein Sohn einen Mann lieben würde, nicht nur einen Mann...sondern auch ein ganz anderes Lebewesen. Sie waren so verschieden wie Tag und Nacht und doch liebten sie sich und das mit einer Intensität, wie er es selten erlebt hatte.

Arthur war genesen, seine Wunde sehr gut abgeheilt und doch war der junge Drachenreiter ein Schatten seiner Selbst. Und wieder stellte er fest, wie sehr er sich doch getäuscht hatte. Hier, in diesem kleinen Dorf bekam er das Ausmaß dieser Liebe live mit. Je mehr Merlin verfiel, umso mehr verfiel Arthur auch...als wären sie synchron. Er schüttelte leicht den Kopf, er würde diese Liebe willkommen heißen, wenn sein Sohn nur aufwachen würde.

Es war ein großer Schritt für Kristan und nicht einfach, über seinen Schatten zu springen. Noch immer fand er es falsch, das Gleichgeschlechtliche ein Paar waren. Er fand das... gegen die Natur arbeiten, denn solche Paare würden sich nie fortpflanzen. Natürlich wusste der Drache wie sie sich körperlich liebten...es war die einzige Möglichkeit, sich zu lieben und er fand das...unangebracht, um es mal so zu sagen. Doch er liebte Merlin und er würde alles dafür tun, wenn er ihn wieder bekam.

Doch er hatte keine Ahnung gehabt, was er in dem verdammten Krieg geleistet hatte. Durch ihren blödsinnigen Streit hatte er jeglichen Kontakt verloren. So wie Bartlet erzählte, hatte er sich mit Mandolyn eingelassen. Und Arthur hatte das abgesegnet und Kristan fragte sich, wie tief ihre Liebe zueinander sein musste, um das zu ertragen. Das Arthur ertrug, das Merlin mit einem anderen Mann schlief und Merlin selbst...wie hatte er das ertragen? Eins wusste er mit Sicherheit...er war sehr stolz auf seinen Sohn und auch auf Zara.

Aus dem naiven Mädchen ist eine Frau und Kämpferin geworden, sie hatte den Krieg überlebt und in Will ihren Gefährten gefunden. Ja, er war sehr stolz auf seine Kinder. Er beugte sich vor und nahm Merlins Hand und so saß er da neben dem Bett und hielt Wache bei seinem Sohn. Dorian machte immer noch Salbe und Verbände zurecht, als Kristan zusammenzuckte...Merlins Finger hatten sich bewegt. Er setzte sich abrupt aufrecht und rief

„Dorian!"

Der Heiler kam an das Bett und schaute ihn fragend an.

„Seine Finger haben sich bewegt", sagte er und Hoffnung hörte der Heiler in seiner Stimme.

„Bist du sicher?"

„Ja", sagte Kristan und ließ seine Hand los, beide starrten ihn an, schauten auf seine Hand. Wieder bewegten sich die Finger, erst einer, dann zwei...drei..."

„Guter Gott", sagte der Heiler „Er wacht auf...ich glaub es nicht...er wacht auf."

Kristan sprang auf und beugte sich über ihn, der Heiler kam an die andere Seite des Bettes. Merlins Augen bewegten sich unter den geschlossenen Augenlider unruhig hin und her. Kristan sagte leise und sanft und mit all seinen Hoffnungen

„Merlin...kannst du mich hören? Merlin...komm schon...wach auf."

Es dauerte noch einen Moment, Kristan kam es wie eine Ewigkeit vor, doch dann blinzelte Merlin, versuchte die Augen zu öffnen. Nach mehrmaligen Anläufen gelang es ihm endlich.

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Merlin schlug schwerfällig die Augen auf, es wollte ihm nicht so gelingen. Doch er gab nicht auf und schließlich öffnete er sie...alles war verschwommen und er brauchte einen Moment, bis seine Sicht klarer wurde. Er lag in einem Zimmer und schaute zur Decke, die allmählich deutlicher wurde. Er hatte es geschafft...hatte dieses einsame Weiß verlassen und war wohl wieder in der realen Welt.

„Merlin...hörst du mich? Ich bin es...dein Vater."

„Vat...", es hörte sich wie ein Krächzen an und sein Hals war so trocken. Er schluckte und versuchte es wieder

„Vater?"

„Ja...ja...ich bin hier", antwortete Kristan lächelnd und sein Herz wurde leicht wie eine Feder.

„Trinken", brachte er mühsam hervor, seine Kehle war so trocken. Kristan griff nach dem Becher und goss Wasser hinein. Dorian half ihm, als er Merlin langsam ein paar Schluck Wasser zu trinken gab. Merlin schluckte...das war besser. Doch er fühlte sich schwach und so unendlich müde. Eigentlich fand er das lächerlich, denn anscheinend hatte er die ganze Zeit geschlafen oder auch nicht. Er wusste nicht, wo er die ganze Zeit gewesen war.

Kristan legte ihn wieder vorsichtig hin, er konnte es fast nicht glauben. Tränen sammelten sich in seinen Augen, die er wegblinzelte...sein Sohn war zurück gekehrt und nun würde alles gut werden.

Inzwischen wurde alles klarer um Merlin herum und er wendete leicht den Kopf, sah seinen Vater an.

„Vater? Bin ich zurück?"

Kristan lächelte

„Ja...ja...oh Gott...ja. Willkommen zurück, mein Sohn."

Doch Merlin interessierte im Moment nur eines, das Wichtigste und der einzige Grund, das er so gekämpft hatte...das er überhaupt wieder zurückgekommen ist.

„Arthur? Ist...ist er...?

Merlin wollte es nicht sagen, wollte das Wort tot nicht aussprechen, eine Angst in ihm, das er sich getäuscht hatte und Arthur gar nicht da war. Er sehnte sich so nach ihm, das er sich das vielleicht nur eingebildet hatte, doch Kristan nahm ihm sofort diese Angst, indem er sagte

„Er lebt und ist wohlauf. Es ist Nacht und er schläft...ich schwöre es. Er ist in Ordnung."

Merlin nickte schwach und schloss einen Moment die Augen...Arthur lebte, er hatte sich nicht getäuscht. Und was er noch spürte, waren die Schmerzen...sie waren wieder da. Er stöhnte leicht, als er sich bewegte und Dorian sagte

„Ich werde ihm etwas gegen die Schmerzen geben."

Er kam wieder mit einer Tinktur, die er dem Drachen einflößte, Merlin nickte dankend.

„Ich bin so müde", sagte er.

Dieser geistige Kampf hatte ihn angestrengt, dazu kam, das sein Körper immer noch lädiert war, was sich auf seinen ganzen Organismus auswirkte. Doch er hatte Angst die Augen zu schließen...Angst, das er wieder in dem weißen Nichts aufwachte. Als ob Dorian seine Gedanken erraten konnte, sagte er mit ruhiger Stimme

„Keine Angst...du kannst schlafen, morgenfrüh wirst du wieder aufwachen."

Merlin schloss seine Augen und schlief fast sofort ein, seine Atemzüge jetzt kräftiger und gleichmäßig. Kristan schloss erleichtert seine Augen, öffnete sie wieder und sah den Heiler an, der den Kopf schüttelte.

„Ich hätte es nicht geglaubt, das er nochmal aufwacht. Aber anscheinend hatte Arthur das bewirkt. Wenn es ihm besser geht, muss ich unbedingt wissen, wo er war. Das Ganze ist nicht erforscht. Und wie er es geschafft hatte, zurückzukommen."

Kristan sollte eigentlich sauer werden, weil er nur an das dachte, aber er war ein Heiler und Wissenschaftler...verständlich, das er es wissen wollte.

„Ich denke, das wir nie vollkommen herausfinden werden, was diesen Zustand auslöst und auch nicht, was die Verletzten dazu bewegt, wieder zurückzukommen und vor allem wie und warum", sagte der glückliche Vater nur. Er schaute auf Merlin, der jetzt schlief

„Wird er wirklich wieder aufwachen?", wollte Kristan wissen. Dorian nickte

„Ja, er schläft jetzt ganz normal, sein Puls ist stärker und regelmäßig, sowie seine Atmung...er hat es geschafft. Und hoffentlich heilen nun auch seine restlichen Wunden schnell."

Kristan nickte, er würde jetzt Arthur noch nichts sagen. Der Drachenreiter brauchte seinen Schlaf, noch er war nicht ganz fit. Und Merlin müsste jetzt auch schlafen, er war so müde. Dorian sah ihn an

„Kristan, geh schlafen...ich bin bei ihm. Wir alle brauchen jetzt etwas Ruhe. Diese zwei Monate waren für alle hart."

Er nickte...Nanita und er schliefen nicht sehr gut, Bartlet und Arthur auch nicht. Sie alle waren mehr oder weniger nicht ausgeruht...doch nun war Merlin aufgewacht, es konnte nur besser werden. Er stand auf und verließ das Zimmer, wollte in sein Zimmer, doch er blieb draußen stehen. Dann machte er sich auf den Weg zu Bartlets Zimmer und klopfte an. Es dauerte einen Moment, bis Bartlet öffnete, er war noch angezogen, scheinbar konnte er nicht schlafen.

„Kristan?"

„Ja", sagte er.

„Ist etwas mit Merlin...ist etwas passiert?"

Der Drache hörte die Angst und Sorge in Bartlets Stimme und er lächelte leicht

„Ja...er ist aufgewacht. Ich komme gerade von ihm, aber er schläft jetzt."

Bartlet schloss einen Moment seine Augen...all seine Angst um Arthur löste sich auf und er fühlte nur Erleichterung. Er dachte an seinen Sohn, der aus dem Bett springen und zu ihm rennen würde, doch er sagte

„Weiß Arthur es schon?"

„Nein...soll ich es ihm sagen?"

Er schüttelte den Kopf und lächelte

„Nein, lass ihn schlafen, er wird morgen eine Überraschung erleben. Danke, das du mir Bescheid gesagt hast."

Kristan nickte...sie beide hatten wohl zwei sehr harte Monate hinter sich. Dann ging er und Bartlet schaute aus seinem Fenster und lächelte...sein Sohn wäre überglücklich.

Kristan trat in sein Zimmer, Nanita schlief...doch sie hörte ihn und fragte

„Was ist los? Ist etwas passiert?"

Kristan setzte sich neben sie auf das Bett

Sie war hellwach und sah ihn ängstlich an. Sie wusste, sie könnte es nicht ertragen, wenn ihr Gefährte jetzt sagen würde, das Merlin tot war.

„Es ist etwas Wunderbares geschehen...Merlin ist aufgewacht."

„Was?", fragte sie atemlos und wollte aus dem Bett, doch Kristan hielt sie fest.

„Lass mich, ich will zu ihm...lass mich los."

„Nanita...er schläft jetzt und Dorian wacht bei ihm. Er war so müde...lass ihn doch jetzt schlafen. Du kannst morgen zu ihm...es geht ihm gut."

Nanita gab ihren Widerstand auf und begann zu weinen...die ganze Anspannung fiel von ihr ab. Kristan nahm sie ihn den Arm und hielt sie, küsste sie auf die Schläfe und flüsterte

„Ist ja gut...alles wird wieder gut."

Sie sagte nichts, nickte nur weinend an seiner Schulter.


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Merlin wachte auf und musste sich einen Moment erinnern, wo er war. Der Heiler kam an sein Bett, inzwischen war der andere Heiler auch da, beide sahen ihn an und einer fragte

„Wie geht es dir?"

„Besser...ich...ich habe Hunger und Durst."

Die beiden Heiler lächelten und einer ging zum Tisch und brachte ein Tablett, auf dem Speisen und Fruchtsaft waren. Sie halfen Merlin sich etwas aufzusetzen und stellten das Tablett vor ihn. Sie amüsierten sich darüber, mit welchem Heißhunger der Drache das alles aß. Merlin schluckte und schaute sie an

„Wer seid ihr?"

„Wir sind Heiler vom Hof des Königs und bekamen von ihm den Befehl, uns um euch beide zu kümmern."

„Was ist mit Arthur?"

Dorian antwortete

„Er war sehr schwer verletzt, doch der Dolch traf keine innere Organe...er hatte sehr viel Glück. Auch er lag sehr lange im Bett, darf erst seit einer Woche aufstehen."

„Wie lange war ich weg?"

„Zwei Monate."

Merlin starrte vor sich hin...zwei Monate? Ihm kam das nicht wie zwei Monate vor, was vielleicht daran lag, das er so allein war. Er biss in das Brot und nahm ein Stück Käse...er war ausgehungert, danach goss ihm der andere Heiler noch Fruchtsaft ein. Als er fertig war, nahmen die Heiler das Tablett weg und sahen sich seine Wunden an...versorgten sie neu. Die meisten hatte Merlin auf seinem Rücken und die Schlimmsten, einige an seinem Bauch, doch an den Beinen waren sie schon abgeheilt, sie waren nicht so tief gewesen.

„Was hast du nur getan, das du solche Verletzungen hast...das sind Brandwunden und du bist ein Feuerdrache. Normalerweise dürftest du nicht solche Verletzungen haben."

„Ragdolf...er griff mich mit magischen Energieblitzen an", antwortete Merlin „Aber ich wich nicht zurück...er musste sterben."

„Ja, danach sieht es auch aus und wir haben schon gehört, was du getan hast. Du hast uns den Sieg gebracht, denn mit dem Tod des Zauberers war die Schlacht vorbei und alle Feinde sind geflüchtet. Und wir haben gewonnen, Merlin und der König steht in deiner Schuld."

„Nein...nein, ich tat, was alle taten...kämpfen."

Merlin wollte nicht...der Held...sein, er wollte nicht im Licht stehen, alles was er wollte, war Arthur und endlich Zeit, mit ihm glücklich zu sein.

„Wo ist Arthur?", wollte er wissen und verzog das Gesicht, als die Heiler seine Wunden versorgten. Es tat sehr weh, vor allem am Rücken.

„Er wird gleich kommen, nach dem Frühstück. Normalerweise sitzt er den ganzen Tag bei dir hier am Bett...dein Gefährte ist sehr besorgt und sein Vater auch."

„Bartlet ist hier?", fragte er erstaunt.

„Er war all diese ganze Zeit hier und kümmerte sich um Arthur. Der junge Mann wäre beinahe gestorben, als er vier Tage nach seiner Verletzung aufgestanden war und fast verblutet wäre, um dich zu sehen. Sein Vater war sehr wütend."

Merlin sagte nichts, aber das klang verflucht nach Arthur. Der Trottel hätte sich beinahe umgebracht, um ihn zu sehen. Aber er verstand ihn auch, denn er hätte womöglich nicht anders gehandelt. Er konnte es nicht erwarten, ihn zu sehen.

Sie legten ihn vorsichtig zurück, nachdem sie ihn wieder verbunden hatten, nur etwas höher und Merlin ließ nicht die Tür aus den Augen.


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Arthur stand auf und zog sich an, nachdem er sich gewaschen hatte. Es klopfte und Bartlet kam herein, denn er holte ihn jeden Morgen zum Frühstück ab.

„Hallo, Vater...und wieder ein Tag, an dem ich hoffe, Merlin kommt zu mir zurück", sagte er ernst.

Bartlet sagte nichts, er hatte sich entschieden, das er Arthur überraschen wollte und würde ihm nicht sagen, das Merlin letzte Nacht aufgewacht ist. Zum ersten Mal nach langer Zeit hatte der Kommandant gut geschlafen, in der Gewissheit, das er keine Angst mehr um Arthur zu haben brauchte.

Wie immer gingen sie in die gute Stube ihrer Wirtin, dort war schon ihr Frühstück gedeckt. Sie aßen schweigsam, Arthur wie immer in Gedanken, doch ein feines Lächeln lag auf Bartlets Lippen, das Arthur nicht bemerkte, weil er mit seinen Gedanken schon bei Merlin war.

Währenddessen wurde die Tür von Merlins Zimmer aufgerissen und Nanita stürmte hinein, gefolgt von Kristan. Sie hatte darauf gedrängt, sofort zu Merlin zu gehen...ohne Frühstück. Kristan verstand sie ja und folgte ihr...auch ohne Frühstück. Nichts und niemand hätte die Eisdrachin jetzt aufgehalten, um zu ihrem Sohn zu kommen. Merlin lächelte

„Mutter."

Nanita sagte nichts, rannte zu seinem Bett und umarmte ihn, küsste ihn wie verrückt, sie weinte wieder. Als sie ihn endlich losließ sagte Merlin

„Wein doch nicht...mir geht es gut, Mutter."

Er sah zu seinem Vater, der ihm zunickte

„Gut gemacht, mein Junge", sagte er nur, doch Merlin hörte, wie tief bewegt er war.

So kannte er seinen Vater eigentlich nicht. Sie sprachen einen Moment miteinander, einer der Heiler, Dorian war schlafen gegangen. Auch jetzt hielten sie ihren Ablauf noch bei, denn wenn einem von den beiden etwas passieren würde, weil sie nicht da waren...nun, der König würde sie töten.

Doch Merlin war unruhig...er wollte endlich Arthur sehen. Und dann ging die Tür auf und Bartlet trat herein, Arthur hinter ihm. Er machte den Weg frei und Arthur sah zu Merlins Bett und erstarrte, denn Merlin lächelte ihn an und sagte leise und zärtlich

„Arthur."

Alle im Raum waren still, beobachteten das Liebespaar, das sich aufgegeben hatte und nun eine Chance bekam. Sie sahen von einem zum anderen, ein leichtes Lächeln im Gesicht. Arthur starrte ihn immer noch an, als würde er das nicht glauben. Er sah zu seinem Vater, der lächelnd nickte und wieder zu dem Drachen, jetzt reagierte er

„Merlin? Merlin...ich...Merlin...", sagte er leise und dann war er mit drei Schritten an seinem Bett und ließ sich auf die Knie fallen.

„Merlin", sagte er wieder und so unglaublich zärtlich, auch wie er durch des Drachens Haar fuhr und über seine Wange streichelte.

„Ich habe dich wieder...ich habe dich wieder", sagte er immer wieder leise und Tränen rannen ihm über die Wangen, auch Merlin weinte jetzt, sein Arthur, den er für tot geglaubt hatte, kniete hier vor ihm...er konnte es nicht glauben. Es war ein ergreifender Moment...Nanita weinte wieder...Frauen. Doch auch die Männer waren tief berührt, doch sie weinten nicht.

Und dann beugte sich Arthur vor und küsste ihn sanft auf seine Lippen, so vorsichtig...als wollte er ihn nicht verletzen, doch Merlin legte eine Hand an seinen Hinterkopf und zog ihn an seine Lippen, ignorierte die Schmerzen, als sie sich küssten und...ignorierte alle Anwesenden.

Er hatte sich so nach Arthur gesehnt, er hatte so gekämpft, um zu ihm zurückzukommen.

Es war ihm scheißegal...wer im Zimmer stand.

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