𝓚𝓪𝓹𝓲𝓽𝓮𝓵 28 ❥

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Madeleine wetzte nach Hause, öffnete die Haustüre und rannte augenblicklich hinauf ins Badezimmer.

»Gänseblümchen ist alles okay?« , hörte sie ihre Mutter rufen.

»Ja Mama.«

Und schon vernahm Madeleine trotzdem die Schritte von ihr, als sie sich der Türe näherte. »Kind, hast du etwas Schlechtes gegessen oder so?«

»Nein. Ich musste nur dringend auf Toilette.«

»Guck mal in den Spiegelschrank. Da sind Tabletten. Imodium akut oder Buscopan. Hast du nur Krämpfe, oder ...?«

»Nein, Mama.« Verzweifelt verdrehte sie die Augen und stellte die Brause an. »Ich bin sogar schon fertig und gehe jetzt duschen okay?«

»Musst du nicht arbeiten?«

»Nein. Heut' hab ich frei, aber dafür muss ich am Wochenende.«

»Ach das ist aber blöd. Tom hatte gefragt, ob ...«

»Nein Mama. Ich werde Tom nicht mehr treffen.«

»Ach wieso denn nicht?«

Warum verschwand sie nicht. »Ich möchte ihn nicht mehr treffen. Ganz einfach.«

»Aber mit deiner Arbeit, du kannst doch nicht dein Privatleben dafür aufgeben. Wer sagt denn, dass man am Wochenende arbeiten soll?«

»Es arbeiten Unmengen von Menschen am Wochenende. Und in meiner Branche gibt es eh nicht, so diesen normalen Regelfall.«

»Das ist aber nicht toll. Wie willst du da einen Mann kennenlernen?«

»Der wird mir schon irgendwann in den Schoß purzeln.« Zack, da hatte sie wieder das Bild vor sich, wie Dag auf ihr lag. »Mama, ich höre dich nicht mehr. Ich bin am duschen.«

Die nächsten Sätze ihrer Mutter ignorierte sie, obwohl sie jedes Wort verstanden hatte.

Madeleine setzte sich auf den Klodeckel und las die Packungsbeilage. Eigentlich wollte sie das direkt nach dem Drogerieladen in Angriff nehmen, aber sie konnte auch nicht ablehnen, als Sandy sie fragte, ob sie nicht Lust auf einen Kaffee mit ihr hätte.

Irgendwie mochte sie diese Sandy mehr, als die damalige. Vielleicht mussten manche Menschen schlimme Sachen durchlaufen, um zur wahren Größe heranwachsen zu können.

Diese Blondine war auf jeden Fall herzlich und machte sich Sorgen. Sie hatte abermals gefragt, ob alles in Ordnung und der Test nicht doch für sie wäre. Zeitgleich bat sie ihr ihre Hilfe an, angenommen, dass der Schwangerschaftstest positiv ausfiele. Und das sollte etwas heißen, wenn man mal dem Umstand dazurechnete, was Sandy selbst privat alles durchlebte.

Madeleine nahm einen Becher, den sie sich ebenso noch besorgt hatte und pinkelte ein wenig hinein, ehe sie das Stäbchen hineinsteckte und diesen dann beiseitelegte.

Das Sandy sich abermals bei ihr entschuldigt hatte für eklige Spitznamen in der Schulzeit und so weiter, rechnete sie ihr auch nochmal hoch an. Früher war ihr all das gar nicht so bewusst gewesen. Ja, sie war immer eifersüchtig auf Sunny, aber ... sie hatte sie trotz allem stets als ihre Freundin bezeichnet.

Was sie wahrlich nicht wahr ...

Aber eventuell würde es jetzt anders laufen.

Zumindest nahm Madeleine sich vor, auch Sandy ihre Hilfe anzubieten. Und wenn sie nur gelegentlich mit ihr einen Kaffee trinken würde, aber ... sie merkte, dass sie außer ihre Familie nicht viel hatte.

Was traurig war und im Grunde ihr selbst nicht komplett anders erginge. So richtige Freunde hatte sie nicht. Madeleine hatte keine beste Freundin, der sie die Ohren vollsäuseln konnte.

Aber vielleicht würde sich jetzt daraus eine Freundschaft entwickeln?

Abgeneigt wäre sie nicht.

Es hatte gut getan, sich mit ihr zu unterhalten. Die Sache mit Dag wollte sie dennoch erst für sich behalten. Wenn sie es überhaupt jemals erzählen würde. Es war schließlich sehr privat.

Sie atmete tief ein und schüttelte den Kopf.

Er hatte es ihr mit seiner Hand gemacht, bis sie gekommen war. Dag hatte sie demzufolge an einer sehr intimen Stelle berührt. Das war ... in hohem Maße nicht für die Öffentlichkeit bestimmt.

Wenn sie es mal isoliert betrachtet reflektierte, hatte noch keiner ihrer Ex-Freunde das hinbekommen.

~ Madeleine. Jetzt ist nicht der Zeitpunkt darüber nachzudenken. Und auch später nicht. Niemals. ~

Sie sah auf den Test.

Negativ.

Zum Glück.

Das hätte sie nämlich jetzt noch weniger gebrauchen können.

Sie entsorgte das Teil und stellte die Dusche ab, ehe sie rauskam. Ihre Mutter kam zeitgleich die Stufen hinauf. »Ich dachte, du braust dich noch ab?« Sie zeigte auf ihre eigenen Haare.

»Ehm ... ich hab's mir anders überlegt. Ich ... ich wollte mein iPad weil ... ich wollte noch etwas lesen. Also in die Wanne, statt duschen.«

»Ach so.« Wie so oft dackelte Elfi ihrer Tochter hinterher, als diese in ihr Zimmer ging. »Gänseblümchen, hör mal der Tom, der ...«

Madeleine stöhnte auf. »Ach Mama, ich will ihn nicht nochmal treffen. Wie oft denn noch? Er ... er ist nicht mein ... Fall.«

»Aber dieser ...«

~ Sag jetzt nicht wieder Dag. ~

»... Mann, der hier geschlafen hatte, der ...«

»Mama bitte. Ich hatte nichts mit ihm und es liegt auch nicht an ihn, das ich diesen Tom nicht nochmal treffen will. Ich will ... alleine sein.«

Erschrocken hielt Elfi ihre Hand vor die Brust. »Für immer?«

»Keine Ahnung.«

Ihre Mutter japste auf. »Aber das kannst du doch nicht ... wer ... Kind du kannst doch nicht ewig alleine bleiben.«

»Das war nur ein Witz.«

»Oh ach so.« Elfi lachte auf. »Erschreck' mich doch nicht so.«

Madeleine lachte geschauspielert mit. Sie packte ihr iPad und watschelte zurück. Mit ihrer Mutter dicht auf den Fersen. Sofort drehte sie sich um. »Möchtest du noch etwas?«

»Was sage ich denn jetzt der Carola und dem Tom?«

»Das ich nicht will.«

»Kind, das ist unhöflich.« Wiederholt hielt Elfi sich die Hand vor die Brust.

»Mama, es ist nicht unhöflich, wenn man etwas nicht möchte. Er wird es überleben.«

»Das macht man aber nicht. Du hast ihm ja gar keine Chance gegeben.«

»Ich will es nicht. Ende. Jetzt lass uns das Thema bitte bitte bitte vergessen.« Madeleine huschte in das Badezimmer und hielt die Türe bereits fest.

»Kind ich meine das doch nicht böse.«

»Das weiß ich.« Dessen war sie sich mehr als bewusst. Und trotzdem nervte sie das leidige Thema. Immer wenn ihre Mutter mit ihr sprach, hörte sie das Ticken ihrer biologischen Uhr. Sie lächelte ihr nochmal zu, schloss die Tür und sperrte diese auch direkt ab.

Vielleicht würde sie ja nicht mal ein Kind bekommen. In ihrem Alter waren die guten Männer meist verheiratet und die, die wieder auf den Markt geworfen worden waren, hatten solche Macken, das man verstand weshalb sie aufs Neue in den Regalen erschienen.

Die Auswahl war ehrlich gesagt zu gering.

Oder waren ihre Ansprüche einfach zu hoch?

Möglicherweise hatte sie auch in aller Selbstverständlichkeit den Zug verpasst. Der Zug, der sie ans Ziel gebracht hätte. Nun war sie dazu verdammt an diesem Scheiß Bahnhof zu sitzen und zu warten.

Und irgendwie war das schlimmer ... zu warten auf etwas, das wahrscheinlich nie eintreffen würde.

Liebe ist ...Kde žijí příběhy. Začni objevovat