𝓚𝓪𝓹𝓲𝓽𝓮𝓵 53 ❥

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Dag schmetterte seine Haustüre auf und stieß diese hinter sich zu.

Schnurstracks steuerte er das Badezimmer an, während er unterwegs seine Schuhe in eine Ecke pfefferte.

Er ließ eiskaltes Wasser auf seine Pulsadern laufen.

Das Dröhnen in seinem Kopf hörte nicht auf. Er hatte schon Beklemmung gehabt, dass er jeden Moment in der Bahn, die ihn hergebracht hatte, hätte umkippen können.

War das eine Panikattacke?

Er hatte keinen Plan, doch er merkte, wie beschissen es ihm ging.

Warum war er aber auch ins Studio gegangen? Wenn er nicht da gewesen wäre, hätte er des Weiteren Madeleine nicht getroffen. Und all das wäre nicht auf ihn eingestürzt.

Aber nein. Er musste ja unbedingt wissen, ob sie seine Zeilen verstanden hatte. Und dabei war es egal. Selbst wenn ... sie hatte Julian.

Dag sah sich im Spiegel an.

Er hasste, was er da sah. Unüberlegt schoss seine Faust gegen sein Spiegelbild und die Scherben prasselten in das Becken und auf den Fußboden.

Seine Hand pochte, doch er hörte nicht auf und riss nun alle Sachen von seinem Badezimmerschrank, bis er schließlich zu Boden sank und bitterlich zu Heulen begann.

Seine Türklingel schlug an, aber es interessierte ihn nicht.

Es klopfte anschließend. Doch er hielt sich die Ohren zu, während er weiter seine Emotionen herausließ und zusätzlich noch gegen seinen Wäschekorb trat.

Wieder klingelte es.

Und ein weiteres mal.

Dann hämmerte jemand mit der Faust gegen die Türe.

Genervt stand er auf und riss den Fernseher seines Schlafzimmers noch zusätzlich zu Boden, ehe er seinen Eingang öffnete und in Madeleines Gesicht sah.

Fix fuhr er sich mit den Fingern über die Wangen, aber an ihrem Blick bemerkte er, dass sie wusste, dass er geweint hatte.

»Kann ich rein?« , fragte sie.

Er schüttelte den Kopf, ging aber trotzdem auf Seite.

Langsam trat sie ins Innere.

Sie tat einige Schritte, als ihr Blick ins Schlafzimmer fiel und sie den, am Boden liegenden Fernseher bemerkte. Madeleine drehte sich um und sah ihn mitfühlend an.

Ihm ging es scheiße.

Auch wenn es ihr wehtat, weil es anscheinend wegen Daria war, tat es ihr zeitgleich wohl zu erkennen, dass der Kerl hier doch dazu fähig war, Gefühle zuzulassen.

Sie blickte hinab und sah ein wenig Blut an seinen Fingerknöcheln. Sofort erfasste sie seine Hand. »Was hast du getan?«

»Nichts.« Er nahm pikiert seine Hand zurück, doch Madeleine ließ sich davon nicht abwimmeln.

»Hast du'n Tuch?«

»Ich brauch' dich nich'.« Unerwartet schnell zog er sich sein Shirt aus und fummelte es sporadisch um seine Hand herum.

»Spinnst du?«

»Was denn?«

»Hast du ...?« Sie blickte sich um. »Wo ist dein Badezimmer?«

Dag zeigte mit der anderen Hand in sein Schlafzimmer. Madeleine ging hinein, während er ihr nachging und sich auf sein Bett setzte.

Sie sah wiederholt zu ihm, als sie das Chaos bemerkte. Es war jedoch kein Bist-du-verrückt-Blick, den sie ihm zuwarf. Es war Verständnis. Mitempfinden. Als würde sie wissen, wie man sich in einer aussichtslosen Situation fühlte.

»Hast du ... irgendwas da? Zum Desinfizieren und so?«

Er zuckte mit den Schultern. »Keine Ahnung.«

Madeleine sah sich um, als sie in die Scherben trat und kam kurz danach mit einem frischen Tuch und ein wenig Wasser wieder. »Du hast nichts da.« Ihre Schuhe zog sie aus, nachdem sie nachgesehen hatte, ob sich Bruchstücke seines Spiegels darunter befanden.

Sie kniete sich vor ihm hin und nahm erneut seine Hand. Sein Shirt wickelte sie ab und legte es aufs Bett, ehe sie vorsichtig mit dem nassen Tuch darüber wusch. Es war nicht arg schlimm. Eher kleine Kratzer. Aber irgendwie wollte sie ihm mit dieser Geste ein wenig Hilfe geben.

»Es tut mir leid.« , sagte sie leise.

»Was tut dir leid?«

»Wie du dich fühlst. Ich meine, ... das hat keiner verdient. Aber ... vielleicht hättest du vorher mit ihr reden sollen.«

»Was?« Irritiert zog er seine Hand zurück.

»Daria.«

»Daria.« , gab er verächtlich von sich. »Warum beziehst du immer alles auf sie?«

»Was?« Sie sah ihm nach, als er aufstand und hin und her ging, bevor er schließlich an einer Kommode still stehenblieb und sich abstützte. Mit Blick auf die Wand vor ihm gerichtet. »Hier geht's nicht um Daria.«

Madeleine stand auf und sie sah abermals auf das von ihm entstandene Chaos. »Und ... was ist dann los?«

»Ich wollte doch nur noch eine Chance haben.« , sprach er leise.

Ganz langsam näherte sie sich ihm. »Was meinst du?«

Er drehte sich nun zu ihr um und sah sie erwartungsvoll an. »Hast du die Zeilen verstanden?«

Warum bekam sie wiederholt eine Gänsehaut?

»Deine Zeilen?« , fragte sie.

Er nickte. »Hast du?«

Hatte sie?

Sie war sich nicht sicher. Madeleine hatte sich angesprochen gefühlt, aber ... Ihr Blick schweifte ein weiteres Mal um das Chaos herum. Das hier, war bei allem Verständnis, nicht wegen ihr ... oder etwa doch?

Sie sah in seine Augen, die sie flehend musterten. »Ich ... ich weiß nich'.« , antwortete sie fast flüsternd.

»In mir sieht es beschissen aus.«

Madeleine war sich immer noch nicht total im Klaren darüber, wovon er sprach. Mitfühlend legte sie instinktiv ihre Hand auf seine Wange. »Wenn es dir scheiße geht, dann ... rede.«

»Ich will so gern in die Vergangenheit reisen und alles besser machen.« Er schloss kurz die Augen und genoss ihre Berührung.

»So etwas geht nicht. Man lernt nur und ...«

»Schlaf mit mir.«

Ihr Herz machte einen Aussetzer. Die Gänsehaut war wieder da, sowie dieses flattrige Gefühl im Bauch. Ihr Puls raste. Was hatte er gerade gesagt? »Was?« Sie nahm ihre Hand zurück, während er die Augen wie gehabt aufschlug.

»Schlaf mit mir.« , wiederholte er. »Kein idiotisches unbedeutendes Rumgeficke.« Dag öffnete den oberen Knopf ihrer Bluse. Dann den Zweiten. »Ich will dich küssen. Nicht nur deine Lippen.« Noch ein Knopf. »Ich will jeden Zentimeter deines wunderschönen Körpers berühren. Ich ... ich will dich berühren. Dir nahe sein. So extrem nahe sein.« Der letzte Knopf. Sanft berührten seine Fingerkuppen ihr Dekolleté, doch er sah ihr weiterhin in die Augen, als er ihr Schlüsselbein streichelte und dann die Bluse über ihre Schultern streifte und auszog. »Ich will eins mit dir sein. Jetzt.«

Liebe ist ...Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt