#18 Sohn eines Monster

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"Du tust geradezu, als hätte ich eine Wahl" entgegnete Trevor mit einer gehörigen Portion Sarkasmus,"man hat keine Wahl wenn die Auswahl nur darinne besteht ob man sich mit mehr oder weniger Gewalt einem Zwang beugt!"
"Ich habe dich nicht gezwungen deine Freiheit wegzugeben" kam es fast ein wenig gleichgültig von Terastan.
"Du hast mich nur ausgetrickst" konterte Trevor bitter, "ich bin ohnehin erstaunt, dass eine so Zustande gekommene Vereinbarung hier überhaupt gültig sein kann."
"Vielleicht kann sie das ja auch garnicht" sprach der Divinoble daraufhin süffisant, "aber wie willst du beweisen, dass du das nicht aus freien Stücken gemacht hast? Centurion Mercisi wird kaum für dich gegen seinen absoluten Vorgesetzten aussagen..."
"Als wenn du es so weit kommen lassen würdest" höhnt Trevor, "wenn du nur den Verdacht hättest ich würde das Abkommen anfechten, dann liege ich doch wieder in Ketten unten im Keller."
Sein Gegenüber grinste nur selbstgefällig und meinte: "Ich bekomme was ich will. Je eher du das akzeptieren kannst, desto besser ist das für dich!"
"Und da redest du davon ich hätte eine Wahl..." kam es bissig von Trevor.
"Ich sehe, du beginnst zu verstehen..." erwiderte Terastan und seiner Stimme war keine Ironie zu entnehmen.

"Dann wähle ich die Vergewaltigung ohne Gegenwehr und dafür ohne Schläge. Zufrieden?" erwiderte Trevor hart und obwohl er sich bemühte sich nichts anmerken zu lassen, konnte Terastan erkennen, wie sehr er darunter litt so wehrlos zu sein und so gedemütigt zu werden.
"Wenn du es so sagst, dann klingt es als wäre ich ein Monster und nicht dein zukünftiger Virion¹" bemerkte der daraufhin nur.
Dafür bekam er von Trevor einen Blick als hätte er den Verstand verloren bevor dieser kalt konstatierte: "Du bist ein Monster!"
"Autsch, das tut jetzt aber weh!" erwiderte und griff sich in gespielter Betroffenheit an seine Brust, da wo wohl sein Herz war.
Doch Trevor war immernoch schlagfertig und konterte eiskalt: "Als wenn du ein Herz hättest das etwas empfindet!"
Und dieses Mal fühlte sich Terastan tatsächlich getroffen und so schwieg er einfach.

"Was versprichst du dir davon mich zu erwählen? Falls du denkst mein Vater würde zu meiner Rettung herbeieilen und einen Krieg beginnen hast du dich geschnitten, der ist froh, dass er seinen Schwuchtelsohn los ist." brach Trevor die Stille bevor sie richtig unangenehm wurde.
"Dein Vater wäre auch schön blöd wenn er das täte" lachte Terastan daraufhin nur.
"Warum?" erkundigte sich Trevor, "also ihr scheint zwar technisch fortschrittlich zu sein, aber viel Verteidigungsanlagen und Militär habe ich bisher nicht entdeckt.
Ich meine, schau dir Sore hier an, habt ihr überhaupt eine Luftabwehr?"
"Denkst du wirklich Nordenland kommt so weit? Aus Beksach nichts gelernt?" spottete Terastan nur.
"Nun ja, an meinem Vater gibt es vieles auszusetzen, aber dass er bei einem Angriff gleich ganz Keizerstad versehentlich niederbrennt und dabei auch noch ums Leben kommt halte ich doch für sehr unwahrscheinlich" erwiderte Trevor süffisant.
"Beksach war ein Großbrand? Das hat man euch erzählt?" Der Divinoble begann schallend zu lachen.
Nachdem er sich wieder etwas beruhigt hatte rief er: "Satli, Visor!"
Dieses Mal war Trevor nicht mehr überrascht als sich ein Bildschirm vor dem Fenstern herabsenkte.
"Satli. Licht dimmen" befahl Terastan und das Licht verdunkelte sich. Dann meinte er zu Trevor: "Nun pass mal gut auf" bevor er rief: "Satli, zeige Deletation de Becesaqua²."
Ohne dass Satli das noch einmal bestätigte, erschien auf dem Bildschirm eine Filmaufnahme von Beksach. Sehr scharf und in Farbe und offensichtlich aus der Luft aufgenommen an einem schönen sonnigen Sommertag.
Trevor kannte Beksach nur von alten Aufnahmen, die alle in Schwarzweiß waren, aber dennoch wusste er, dass das Beksach war.
Der Kaiserpalast auf dem Berg, der berühmte Fernsprecherturm, die Hallen der drei Bahnhöfe von Beksach, der Ringboulevard mit Oper, Parlament und Hoftheater, all' das hatte einen hohen Wiedererkennungswert.
Das Flugzeug von dem aus die Aufnahmen gemacht wurden zog offenbar in großer Höhe seine Kreise über der Stadt.
Dann jedoch erschien ein weiteres Flugzeug unterhalb dessen von dem aus gefilmt wurde über Beksach.
Es hatte die Form eines Dreiecks und Trevor erschien es, als würde es die Stadt bombardieren. Dann drehte es schnell ab und entfernte sich mit hoher Geschwindigkeit.
"Ihr habt Beksach bombardiert? Aber nur ein Bomber?" wunderte er sich. Terastan aber sagte nur scharf: "Sieh hin!"
Plötzlich sah es aus, als würde die Sonne mitten in Beksach aufgehen.
Ein gleißend heller Feuerball erschien über der Stadt und ließ sogar den blauen Himmel über der Stadt in einem tiefen Schwarz erscheinen.
Schockwellen schienen die wenigen Wolken vom Himmel zu fegen und auch durch die Stadt zu jagen, während sich dichter Qualm unter dem Feuerball ausbreitete und ein unheilvolles Grollen zu hören war.
Dann verwandelte sich der Feuerball in eine rasch aufsteigende Wolke aus schwarzem Rauch und Feuer, ein Anblick der Trevor an einen ausbrechenden Feuerberg erinnerte.
Feuer durchzog nun auch den Rauch der sich über Beksach wälzte. Und dann begann alles zu brennen. Das Feuer frass sich nicht durch die Stadt, nein, diese ging an allen Ecken gleichzeitig in Flammen auf.
Dann erfasste das Feuer sogar die Wälder an den Berghängen um Beksach.
Während der Rauch weiter pilzförmig an Höhe gewann verbanden sich die Flammen auf dem Boden immer mehr zu einem einzigen, riesigen Feuer das Beksach in einem Sturm der Flammen verschlang.
Dann fängt der Film an zu flackern und endet abrupt.

Als Satli auf den Befehl von Terastan das Licht wieder einschaltet erblickt dieser einen kreidebleichen Trevor der fassungslos auf den Bildschirm schaut.
"Was habt ihr gemacht?" hauchte der mit vor Entsetzen tonloser Stimme, "ihr habt sie alle getötet, Beksach hatte damals 1,4 Millionen Einwohner und es gab kaum Überlebende!" Bestürzt fügte er hinzu: "Und das alles mit einem Bomber!"

"Das mein lieber Trevor, ist die Macht von Sore. Was du gesehen hast, ist eine Fissionswaffe. Und glaube mir, wir haben viele davon!" erklärte ihm Terastan mitleidslos.

"Das, das ist doch Völkermord!" entfährt es Trevor vorwurfsvoll.
"Ach" erwiderte Terastan spöttisch, "und das was Nordens Reike mit den Vendy gemacht hat, etwa nicht?"
"Den Vendy?" fragte Trevor , denn er verstand nicht, worauf Terastan anspielte.
Die Vendy waren ein Volk welches im 9. Jahrhundert in Nordenland eingewandert war und welches unter seinem Großvater zurück über die Weissel deportiert wurde. So hatte er es im Geschichtsunterricht gelernt.
"Ihr habt sie in Lager gesperrt und einfach verhungern lassen!" kam es da auch schon von dem Divinoble.
"Das habt ihr doch erfunden" widersprach ihm Trevor sofort.
"Wir haben Tausende von Luftaufnahmen von diesen Lagern" konterte Terastan sofort.
Da Trevor nicht überzeugt wirkte rief Terastan: "Satli, zeige Orbiteraufnahmen der Campions Extermio!"
Es erschienen nun Bilder auf dem Visor, die offensichtlich aus großer Höhe aufgenommen waren aber trotzdem eine für Trevor erstaunlich hohe Auflösung hatte.
Jedes Bild war mit einem Datum und einer Uhrzeit versehen und Trevor erkannte sofort an den abgebildeten Fahrzeugen, dass diese Aufnahmen vor etwa 30 Jahren in Nordensland gemacht wurden.
Zu erkennen waren viele Menschen die einfach auf einem eingezäunten Areal standen. Und obwohl Trevor keine Gesichter oder so erkennen konnte, war auf den zeitlich nacheinander von immer demselben Ort angefertigten Bildern klar zu erkennen, dass diese Menschen dort starben.
Auf einigen Aufnahmen konnte man Fahrzeuge der Heripol erkennen auf welche die Toten aufgeladen wurden wie Schüttgut.

"Wer hatte das zu verantworten?" fragte Trevor fast schon verzweifelt.
Terastans Antwort war so schlimm wie er befürchtet hatte: "Dein Vater und Sakenmann. Auf Befehl deines Großvaters."
"Ich bin der Sohn eines Massenmörders" stöhnt er voller Horror auf.
"Damit passt du doch gut zu einem anderen Massenmörder, nämlich mir!" erwiderte ihm Terastan ironisch.
"Wie?" gibt sich Trevor verwirrt und sarkastisch antwortet ihm der Divinoble: "Wer denkst du hat die Zerstörung von Beksach befohlen?"
"Du! Du.... du bist ein Monster!" schrie Trevor und dann wimmerte er "und ich bin der Sohn eines Monsters das ebenfalls der Sohn eines Monsters ist..."

Eigentlich wollte er doch fragen wie Sore solche Aufnahmen von Nordenland machen konnte ohne dass man dort etwas davon bemerkt hatte. Doch das was er nun erfahren und gesehen hatte war in seiner Schrecklichkeit einfach zuviel für Trevor.
So sank er vor Terastan auf die Knie und bat ihn mit gesenktem Haupt: "Bringt mich zurück in meine Kammer, Domion!"
Keinesfalls konnte er die Gegenwart dieses Typen jetzt noch länger ertragen, lieber wäre er wieder angekettet im Keller als noch eine Minute länger in der Gesellschaft von Terastan.
Den überraschte die plötzliche Unterwürfigkeit von Trevor zwar, aber er ließ sich nichts anmerken obwohl er eigentlich vor gehabt hatte, diesen bei sich nächtigen zu lassen.
So ließ er Iliur kommen und befahl ihm, Trevor zurück in seine Kammer zu bringen.

Der folgte ihm widerstandslos was Iliur verwunderte.
Irgendwann wagte er es, Trevor zu fragen: "Alles in Ordnung bei dir?"
Der aber zuckte nur mit den Schultern und auch als Iliur es mit "Terastan hat Simur rausgeworfen" versuchte, reagierte er nicht sondern saß einfach apathisch auf seinem Bett.
Iliur fand das zwar besorgniserregend, aber nachdem was Simur widerfahren war, wollte er nicht seinen Arbeitsplatz bei Terastan gefährden und so schloss er Trevor in dessen Kammer ein.

Ohne es zu wissen hatte Terastan etwas geschafft was er so womöglich garnicht angestrebt hatte.
Trevor war am Boden zerstört wegen der Schuld die seine Familie und sein Vaterland auf sich geladen hatten.
Er fühlte sich schuldig und das zerbrach seinen Widerstandswillen.
Warum sollte er sich noch wehren gegen Terastan. Er war der Nachfahre von Monstern und da war es doch nur folgerichtig, wenn er nun der Sklave eines solchen war.
Wenn sein Verstand noch klar funktioniert hätte, hätte ihm dieser sicherlich gesagt, dass er in den Kategorien von Sippenhaft dachte und das Unsinn war. Aber dem war nicht so und von daher empfand Trevor es nur gerecht, dass er jetzt von Terastan unterjocht werden würde.
Außerdem, er wusste nicht was Terastan vor hatte, aber eines war sicher für Trevor: Er wollte nicht der Grund dafür sein, dass Keizerstad oder eine andere Stadt in Nordens Reike samt ihren Bewohnern von Terastan dem Lopetor³ geopfert wurde.
Er würde alles dafür tun, um das zu verhindern.
Auch wenn das bedeuten würde, dass er sich jemandem wie Terastan unterwerfen und ausliefern würde.

¹Ehemann
²Zerstörung von Beksach = Hauptstadt von Ostarien.
³Feuergott im Glauben von Nordenland und Angevinien.

Das Land jenseits der Berge.Where stories live. Discover now