#85 Eigenständigkeit

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"Tuo es mei destion
Tuo cu'di'es mei reverion..."¹
Isador hatte seinen ersten Auftritt in Sore und gab sich alle Mühe.
Eine Einladung zu den Kulturnächten auf die Supaurbs von Minerve war etwas, dass man nicht ausschlagen konnte. Vor allem wenn einem daran gelegen war sich nicht nur in Angevinien sondern auch in Sore einen Namen als Sänger zu machen und nicht nur als Uxvir von Trevastan.
Und offensichtlich kamen eingängige Melodien und leicht schnulzige Texte voller Romantik nicht nur beim Publikum in Angevinien gut an, auch in Sore mochte man das.

Außerdem war es eine einmalige Atmosphäre in lauer Sommernacht vor den erhabenen Säulenreihen des Vestibulion der Supaurbs aus dem Jahre 347 acS auftreten zu dürfen.

Mit einem Gefühl großer Zufriedenheit ließ Isador seine Blicke über die jubelenden Zuschauer, die zu seinen Füßen liegende Stadt Minerve und das sich hinter ihr erstreckende Mare Nosteram streifen. Es gab ihm ein Gefühl von Freiheit, denn er hatte dieses unabhängig geschafft. Unabhängig von Trevor und auch unabhängig von Trevastan. Auch wenn der Erstere seinen Erfolg etwas beflügelt hatte, das war sein Werk - und natürlich das von Stellariur sowie ein paar Leuten die das Ganze managten inzwischen.

Ob er als Uxvir so viel Eigenständigkeit haben dürfte? Diesen Gedanken verdrängte Isador ganz schnell wieder als er den nächsten Song anstimmte:
"Umbras caelionam do lo nox es descader
Ip es tempion du crepuscul
Ex la nebula lo tio vox clamares
Ip es tempion do sublustrion
Quamo auleions purpuream Signares li fini de dies
Igo audirfo mio amo ad tempion du crepuscul..."²

Und doch war es hier im Sorenischen Reich wo Isador das erste Mal die durchdringende Stimme einer jungen Frau hörte, die im Überschwang der Euphorie zu ihm empor rief: "Isadur, igo vello une infanse ab tei!³"
Schallendes Gelächter erhob sich, doch ihm fiel siedendheiß ein: Oh je, das will Trevastan sicher auch. Ob Uxvire schwanger werden können? Will ich schwanger werden?

So sehr beschäftigte ihn dieser Gedanken, dass er den Einsatz für das nächste Stück verpatzte.
Einigermaßen schlagfertig rief er in die plötzliche Stille: "Das kommt davon, wenn man mir mit Schwangerschaft Angst macht!"
Wofür er wiederum ein ziemliches Gelächter erntete.

Die Gedanken rund ums Kinder kriegen herum hatten Isadirs Kopf auch dann noch längst nicht verlassen, als sein Auftritt vorbei war und er aufgefrischt und umgezogen dem Künstlerausgang des Festivals zustrebte wo er hoffte, dass Trevastan ihn erwarten würde.

Der war längst die zweieinhalb Stunden mit dem Zug von Sore Urbs nach Minerve gekommen und wartete mit Stellariur, der naturgemäß schneller aus der Garderobe kam, nun vor besagtem Ausgang auf Isador.

Bald darauf kam der Blonde auch hinausgeschossen und wäre, wenn Trevastan ihn nicht entschlossen abgefangen und in seine Arme gezogen hätte, womöglich erst einmal an ihnen vorbei gerannt.
"Salvete mein Sonnenschein" begrüßte Trevastan ihn,"wohin so eilig, was geht nur wieder vor in deinem hübschen Köpfchen?"
Das sollte er allerdings so gleich erfahren. "Willst du Kinder von mir? Werde ich dann schwanger? Muss ich die bekommen? Ich weiß nicht ob ich das will!" brabbelte Isador nämlich gleich wild drauflos.

"Uff" machte Trevastan, "wer hat dir denn diesen Floh ins Ohr gesetzt?"
"Das ist nicht witzig!" kam es sofort von Isador.
"Also, um dich zu beruhigen" lenkte der nun ein und fuhr in einem beruhigenden Tonfall fort: "Du kannst nicht schwanger werden, ja, ich hätte gerne ein Kind mit dir, aber das muss nicht sofort sein, das kann warten..."
"Oh, ich werde nicht schwanger..." stellte Isador fest und klang sehr erleichtert, "aber wer dann? Du?"
"Nein, ich auch nicht..." schmunzelte Trevastan.
"Wer dann?" wollte Isador nun sofort wissen.
Doch Trevastan bremste ihn nun etwas aus: "Wie wäre es, wir gehen jetzt erstmal etwas essen und dann erkläre ich dir bei einem guten ellanischen Wein, wie das läuft mit den Kindern? Und um dich zu beruhigen, es wäre für mich absolut in Ordnung, wenn wir noch ein oder auch zwei Jahrhunderte warten mit dem Kinder kriegen..."
Isasor schaute etwas skeptisch, meinte dann aber doch: "Gut, überredet. Wir gehen was essen und du erklärst mir dann alles was ich mir im Anschluss mit viel ellanischem Wein schönsaufe..."
"Ich helfe dir auch dabei" gab sich Stellariur nun ganz als selbstloser und hilfsbereiter Freund.
"Also mit dem Wein werde ich schon alleine fertig" kicherte da Isador zu Trevastan großer Freude. Wenn er schon wieder witzelte, dann war seine Laune wieder auf dem Weg nach oben.
Denn eines konnte Trevastan seit ihrer Verbindung noch weniger ertragen als vorher schon: Einen Isador der traurig, besorgt oder unglücklich war.

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