#108 Traumhochzeit, zweiter Akt

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"Also ich würde nicht allzu laut nach einer traditionellen sorenischen Hochzeit schreien" spöttelte An-Taetsin zu Isador während sie beim nun stattfindenden Marriage-Lunch im Chaudosham Palace saßen.
"Was – warum nicht?" wollte der natürlich sofort wissen.
"Nun ja" erzählte An-Taetsin ihm darauf grinsend, "in der guten alten Zeit wurde nicht das Vorhandensein des Bissmals bezeugt, da wurde dann an der Stelle 'lo primo mord' vor den Anwesenden vollzogen..."
"Wie, vollzogen?" Isador konnte ihm offensichtlich nicht ganz folgen.
Jetzt dreckig grinsend meinte An-Taetsin: "Na, der zukünftige Uxvir wurde ausgezogen, dann hat ihn der Divinoble gefickt bis er gekommen ist, beim Kommen hat er ihn gebissen und dann hat er ihn nochmal eine Runde durchgenommen!"
Jetzt verlor Isador etwas die Fassung und frage ziemlich verstört: "Vor den Augen aller Gäste?"
"Zu diesem Teil waren im Regelfall nur andere Divinoble und ihre Uxvire als Bezeugende zugelassen" erläuterte ihm An-Taetsin, "aber ja, vor deren Augen. Allerdings war das auch ein Grund warum man das so vor 300 Jahren endgültig aufgegeben hat..."
"Grund – welcher?" erkundigte sich Isador mit vollem Mund.
Nun kicherte An-Taetsin und meinte dann: "Nun, dabei Zuzuschauen war für die anderen Divinobles mit ihren Uxvirs oft so anregend, dass diese Bezeugungen oft ein wenig... ähm.... ausgeartet sind.... wenn du verstehst..."
Isador verstand und meinte: "Oh... ja... das ist nachvollziehbar..."
"Allerdings..." griente An-Taetsin.
"Dann will ich vielleicht doch keine ganz traditionelle Feier..." erklärte ihm Isador daraufhin.
"Besser ist das..." meinte An-Taetsin und ließ sich noch einmal Catalauner nachschenken.
Was ihm einen prüfenden Blick von Isador und die Mahnung "Du musst auf dem Ball heute Abend noch Tanzen können" einbrachte.

****

Zum Glück waren Isadors Sorgen unbegründet und An-Taetsin war auch zum abendlichen Ball noch tanz- und einsatzfähig.

Ein Ball im Chaudosham Palace wurde grundsätzlich mit einem Tanz des Königs eröffnet und ein Hochzeitsball in Angevinien traditionell mit einem Tanz des glücklichen Paares. Da traf es sich gut, dass Trevor hier sowohl König als auch Teil des Hochzeitspaar war.

Der Hochkönig trug eine blau-rot-goldene Uniform eines angevinischen Admiral aus dem letzten Jahrhundert samt Hut mit überbordendem Federschmuck und aufwändigem Schmuck auf den Schultern. Taejo hingegen erschien  in einen bodenlangen traditionellen Gewand aus gelber und roter Seide, welches durch und durch mit goldenen Fäden gewirkt war. Dazu waren seine Haare kunstvoll hochdrapiert und mit goldenen Spangen in Form kleiner Drachen fixiert worden.
Ein breites Band aus Seide taillierte sein Gewand und diente gleichzeitig als Halterung für die Scheide seines Schwertes. Auch Trevor trug zu seiner Uniform eine Waffe, er aber einen Degen.

So eröffneten beide den Ball mit dem Caser's Wallower, was ja durchaus passend war.
Obwohl Austrien längst untergegangen war, die Wälzer der der Beksacher Komponistenbrüder Garbe erfreuten sich weltweit weiterhin größter Beliebtheit, so auch in Angevinien, wo man diesen Tanz Wallower nannte oder in Sore, wo er als Versare bekannt war.

Voller Anmut und Eleganz wirbelte Trevor seinen Uxvir über das Parkett denn bei allem Bemühungen um Augenhöhe und dergleichen, beim Tanzen führte er.
Als der Tanz vorüber war, forderten König und Prinzgemahl der Tradition folgend andere zum Tanz auf und gaben so das Signal, dass nun alle sich in das Vergnügen stürzen durften.
Eigentlich hätte nun Taejo mit Trevors Vater und Trevor mit dessen Mutter tanzen müssen, da das aber außer Frage stand, gebot es die Tradition, dass sie das ranghöchste Paar unter den Gästen wählten.
So kam es, dass, nachdem Trevor Ieran entführt hatte, sich An-Taetsin in den Armen von Taejo wiederfand.

Eigentlich wollte Taejo hier nun führen, aber An-Taetsin merkte an, dass er der Ältere sei und es ihm deswegen zustände.
Zu den Klängen des Koopmanshaven Canter wirbelte er dann Taejo durch den Saal doch der versuchte sich nichtsdestotrotz im Smalltalk.
"Hatten Sie eigentlich niemals Heimweh nach Tihonguk?" erkundigte er sich.
"Nein, niemals!" erwiderte An-Taetsin und versuchte Taejo durch eine abrupte Änderung der Drehrichtung abzulenken.
"Wie kommt das, wenn ich fragen darf?" blieb der jedoch hartnäckig.
"Es gibt da eine Erinnerung aus meiner Jugend, die überschattet alles wenn ich an Tihonguk denke" erwiderte An-Taetsin etwas reserviert.
"Eine Erinnerung an was?" ignorierte Taejo, dass sein Tanzpartner darüber offensichtlich nicht so gerne redete.
Mit einen Hauch von Zynismus erwiderte der nun: "Eine Erinnerung an den Nánfāng huāyuán gōngdiän..."
Etwas verwirrt erwiderte Taejo nun: "Der Gartenpalast im Süden von Tschinkyu? Aber der ist doch ein wundervoller Ort..."
"Der Ort schon" konterte An-Taetsin spitz, "aber nicht meine Erinnerungen..."

Das Land jenseits der Berge.Where stories live. Discover now