#141 Probleme - und Lösungen.

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Zurück an der Peton-Jellon-Union, war Lison, der bis dahin eher ein Außenseiter mit dem leisen Ruch eines Strebers war, nun plötzlich Gegenstand allgemeinen Interesses.
Wobei es der Begriff Außenseiter nicht wirklich traf, er war für seine Kommilitonen einfach wenig präsent gewesen, da er sich meist raushielt, nur wenige Kontakte pflegte und sich zumeist still und zurückhaltend gegeben hatte.
Dazu kam natürlich noch, dass er der beliebtesten Beschäftigung new-lugunianischer Studenten, dem nicht maßvollen Alkoholkonsum, wenig abgewinnen konnte und deswegen den meisten Parties, welche meist nur als dekorativer Rahmen für das Saufen dienten, ferngeblieben war.
Deswegen galt er wohl auch als Streber, denn streng genommen waren bei dem harten Auswahlverfahren der Peton-Jellon-Union alle die dort studierten gewissermaßen Streber.

Kaum aber stand man nun einmal neben den Deputy King auf einer Tribüne mit dem König, kannte einen plötzlich jeder an der Uni oder wollte - was beinahe noch schlimmer war - einen nun kennen.

Lison fand diese Aufmerksamkeit unangenehm, das aufdringliche Kennenlernen-Wollen und das geheuchelte Interesse an seiner Person widerten ihn sogar regelrecht an.

Aber es war nicht Lisons Art, dass auch offen auszusprechen.
So versuchte er den Aufdringlichen mit Abweisung zu begegnen. Doch da er sich nicht traute diese allzu offen und allzu offensiv zu zeigen, auch, da er niemanden verletzten wollte, wurde letztendlich nur eine nicht enden wollende Kette an Ausweichmanövern daraus.
Er versuchte dem geheuchelten Interesse aus dem Weg zu gehen. Am besten in dem er einfach weg ging. Da, wo das nicht möglich war - und das war es in einer Universität mit angeschlossenem Wohnheim ja meistens - versuchte er die Sache auszusitzen und möglichst wenig von sich preiszugeben in der Hoffnung, dass das Interesse an ihm oder besser gesagt, an seiner Beziehung nach ganz oben, rasch erliegen möge.

Leider erweckte das bei nicht wenigen seiner Kommilitonen den Eindruck, er habe etwas zu verbergen, etwas, das hochinteressant wäre natürlich, so dass sein Vorgehen ihm nicht mehr Ruhe, sondern noch mehr lästiges und unangenehmes Interesse einbrachte.

Was dachten sich solche Leute eigentlich? Glaubten die, ihm würde nicht auffallen, dass er erst interessant wurde nachdem er mit Lord Simon und in der Nähe des Königs öffentlich gesehen wurde?
Es war doch klar, dass deren Interesse nicht ihm als Person galt, sondern nur seinen vermeintlichen oder tatsächlichen Verbindungen nach oben.
Er war so interessant für die wie ein Trampolin für jemanden der hoch springen wollte. Eigentlich war dieses aufdringliche und geheuchelte Interesse zutiefst beleidigend. Nicht zuletzt für seine Intelligenz.

Beleidigend wurden allerdings auch viele derjenigen für die er nun 'interessant' geworden war, nachdem sie bemerkten, dass Lison nicht bereit war sie mit Simon oder anderen Personen aus den höheren Kreisen bekannt zu machen oder auch nur ihre stetige Neugierde nach Tratsch und Gerüchten zu befriedigen.

Bald wurde gezischelt und getuschelt wenn er einen Raum betrat oder durch die Gänge lief.
Dem Getuschel folgten Beleidigungen, laut genug ausgesprochen dass er sie hören konnte.
Als "Peers Slut¹", "Kingly Fuck Hole²", "Arch Cum Dump³" und mit andere Nettigkeiten wurde er nun tituliert.

Warum sagten sie sowas? Lison verstand es nicht. Er hatte ihnen doch nichts getan.
Offensichtlich aber war das garnicht wichtig.
Er hatte in den Augen vieler seiner Kommilitonen einen gesellschaftlichen Aufstieg erreicht und ließ sie daran nicht so teilhaben, wie man es sich erhoffte.
Das schien zu genügen um ihm mit Hass, Ablehnung und auch Verachtung zu begegnen.

Natürlich bekam Simur mit, dass es Lison nicht gut ging.
Nicht dass dieser sich beschwert hätte, aber immer wenn das Thema bei ihren zahlreichen Telefonaten auf die Universität kam, wurde Lison stiller, einsilbiger und trauriger.
Irgendetwas lief da sehr schief und Simur war nicht der Mann, der bereit war, so etwas hinzunehmen und einfach auf sich beruhen zu lassen.

Das Land jenseits der Berge.Where stories live. Discover now