Kapitel 13.

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Nach dem Mittagessen schickte die Spielleiterin sie wieder aus dem Versammlungssaal.

Mit einer Ausnahme.

Manare musste bei ihr bleiben – für eine kurze Unterrichtsstunde.

„Denk daran: es geht vorbei.", flüsterte Ophelia ihr zu, bevor sie mit den anderen den Raum verließ. Noctana stolperte auf der Türschwelle und drehte sich noch einmal um.

„Weiterlaufen.", zischte ihr einer der Jungs zu, sie zuckte erschrocken zusammen und lief hastig weiter.

„Du bist neu.", stellte ein anderer fest. Noctana zwang sich weiterzugehen, blickte aber auf: „Ja."

„Du Glückliche.", murmelte der Junge, der ihr eben gesagt hatte, sie solle weiter laufen.

„Ich heiße Nolan. Das ist Ethan.", stellte sich der andere vor. „Und du bist?"

„Noctana. Ähm ... was haltet ihr von dem Spiel?"

„Ehrlich gesagt: Ich checks nicht.", sagte Nolan nachdenklich. „Wie will sie uns dazu bringen, uns gegenseitig zu killen?"

Ethan schnaubte.

„Manipulation. Hypnose. Kontrolle. Denkt euch was aus.", sagte jemand scharf. Ophelia. Noctana lief erleichtert zu ihr.

„Ophelia.", sagte Ethan spöttisch. „Du hast das Spiel also durchschaut, oder was?!"

„Vermutlich mehr als du.", gab Ophelia zurück.

„Man muss ein Spiel nicht verstehen. Man muss es nur spielen."

„Kommt auf das Spiel an. Stell dir vor, du versuchst Schach nur zu spielen, ohne es wirklich zu verstehen.", meinte Ophelia und sah Noctana auffordernd an. „Gehen wir?"

Noctana nickte, warf den beiden Jungs noch einen Blick zu, dann gingen sie gemeinsam die schmale Treppe hoch.

„Ihr seid so ... normal.", sagte Noctana irritiert und warf einen Blick zurück zu Nolan und Ethan.

„Ich sagte doch: Wir sind keine Psychos.", meinte Ophelia starr. „Und glaube nicht dem, was du siehst. Achte auf das Unsichtbare."

„Magst du Nolan und Ethan?"

„Wir sind keine Freunde. Nolan ist okay. Ethan hält sich für zu großartig."

„Haben die beiden irgendwelche Störungen?"

Ophelia drehte sich zu Noctana um, was die zum Stolpern brachte. „Pass auf, was du fragst. Einige könnten deine letzte Frage als sehr unfreundlich und taktlos empfinden."

Noctana schluckte: "Sorry."

Ophelia seufzte, erwiderte aber nichts auf Noctanas halbherzigen Versuch sich zu Entschuldigen. Sie liefen ohne weitere Wortwechsel durch den Mädchenflur, Ophelia drückte die Klinke ihrer Zimmertür hinunter.

„Und was machen wir jetzt?", fragte Noctana, als Ophelia die Tür hinter ihnen schloss.

„Die Zeit steht dir zur freien Verfügung. Es gibt eine Art Bibliothek. Du kannst nach draußen gehen."

„Was machst du?"

„Lesen."

Noctana verzog das Gesicht, versuchte eine Art Gespräch anzufangen: „Wer ist deine beste Freundin hier?"

„Ich habe keine beste Freundin. Aber ich verstehe mich gut mit Manare und Lena."

„Lena ist nett.", stimmte ihr Noctana zu. „Und James?"

„Was ist mit James?"

„Seid ihr Freunde?". Ophelia schlug ihr Buch auf: „Nicht wirklich."

„Aber-"

„Weißt du noch, was Sophie dir gesagt hat? Dass Freundschaften erlaubt wären?

Das stimmte nicht. Die meisten hier haben die Hausregeln nie gelesen und wenn doch, dann nur einige kurze Abschnitte. Es ist zwar erlaubt sich mit anderen zu unterhalten und ähnliches, aber es ist, ich zitiere "Zum eigenen Schutz" verboten, Bindungen einzugehen."

„Also mit jemandem zusammenzukommen?"

„Unter anderem. Freundschaften zählen allerdings ebenfalls zu solchen Bindungen.", meinte Ophelia.

"Oh.", machte Noctana. "Aber man kann Freundschaften doch nicht immer so wirklich beeinflussen, oder? Ich meine, manchmal freundet man sich einfach an, ohne dass man sich abspricht, ohne dass man es wirklich geplant hat? Wie soll man das denn verhindern?"

"Versuch möglichst gefühlslos zu leben. Zu ignorieren, welche Gefühle Leute in dir auslösen. Ignoriere es, wenn sie nett zu dir sind. Hab ich versucht, keine Chance. Jedenfalls: Hast du noch weitere Fragen?"

„Ja, wenn nicht immer sicher ist, ob es immer Mittagessen gibt, gibt es dann immer Abendessen?"

„Ja. Bisher jeden Tag um Sieben Uhr."

„Und – wann ist Nachtruhe?", fragte Noctana zögernd.

Ophelia biss sich auf die Lippe: „Neun Uhr."


Werwolf - das BlinzelmädchenWhere stories live. Discover now