Kapitel 20.

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Das Frühstück verlief schweigend.

Es gab aufgeweichte Haferflocken, die Noctana nur mit Müh und Not hinunterwürgte.

Sie waren nicht lecker, aber auch nicht eklig – das, was ihr auf den Magen schlug, war die unterkühlte Stimmung im Versammlungssaal.

Sieben von ihnen waren tot.

Sieben in einer einzigen Nacht.

Und allen war klar, dass die Mörder unter ihnen saßen.

Sie wussten nicht, wie viele es genau waren, aber allen war klar, dass einige unter ihnen anscheinend zum Töten fähig waren.

Nach ungefähr einer halben Stunde kam die Spielleiterin aus ihrem Büro: „Guten Morgen."

Sie machte eine kurze Pause, ihr stechender Blick schien auf allen Jugendlichen gleichzeitig zu ruhen.

„Wir ihr seht, ist unsere Anzahl gesunken. Ihr habt vier Spieler und drei Spielerinnen verloren. Das muss schmerzen.

Allerdings solltet ihr darauf vorbereitet sein, nicht wahr? Oder wer von euch hat die Regeln nicht gelesen?

Keine Bindungen. Wie viele haben sich nicht daran gehalten?

Wen muss ich alles bestrafen?"

Niemand antwortete. Alle saßen still da, den Blick auf alles Mögliche gerichtet nur nicht auf die Spielleiterin.

„Wyatt. Halb neun, hier.", der Ton der Spielleiterin wurde forscher. „Ariane, halb Zehn, hier. Noctana, halb elf, hier.

Die Versammlung findet um fünf Uhr statt."

Ohne ein weiteres Wort ging sie zurück in ihr Büro und schloss die Tür. Das Schloss schnappte mit einem leisen Klicken ein.

„Was heißt das?", flüsterte Noctana Ophelia nervös zu.

„Deine erste Stunde Spezialunterricht.", antwortete Ophelia und biss sich auf die Lippe.

„Was – was hab ich denn getan?!", fragte Noctana erschrocken.

„Ich denke, sie will dir nur erklären, dass du ihre Marionette bist.", meinte Ophelia.

Die Geister betraten den Versammlungssaal und fingen an die Teller einzusammeln, die Jugendlichen standen auf und verließen den Raum.

.-.-.-.-.-.

Es war still auf dem Zimmer.

Nur das leise Ticken von Ophelias Wecker war zu hören, hin und wieder das Rascheln von Papier, wenn Ophelia eine Seite ihres Buches umblätterte.

Schließlich hielt Noctana es nicht mehr aus: „Was glaubst du, wird sie machen? Und warum hat sie immer „hier" gesagt, es ist doch logisch, dass der Unterricht im Versammlungssaal stattfindet, oder-"

Ophelia schlug ihr Buch zu: „Es gibt drei Treffpunkte für den Spezialunterricht: Nummer eins ist der Versammlungssaal, Nummer zwei die Tür und Nummer drei der Kellereingang."

„Was ist am häufigsten?"

„Kommt drauf an. Nolan zum Beispiel hat Klaustrophobie – er musste ziemlich oft in den Keller. Lena wurde dauernd nach draußen geschickt.

Aber die drei Stellen sind nur Treffpunkte. Ich denke nicht, dass jemand irgendwann schon einmal Unterricht im Versammlungssaal hatte."

„Und warum sollen wir dann überhaupt in den Versammlungssaal gehen?"

„Überraschungseffekt.", seufzte Ophelia. „Du hast keine Ahnung wo du Unterricht hast, wenn du in den Versammlungssaal geschickt wirst. Bei allen anderen Treffpunkten schon. Deshalb wurde ich bisher jedes einzige mal dorthin gerufen. Und wo sind wir hingegangen? Vor allem in den Keller."

„Du magst keine Überraschungen?", fragte Noctana.

Ophelia ignorierte Noctanas Frage und fuhr fort: „Eben weil du in den Versammlungssaal musst weiß ich nicht an welcher Art von Unterricht du teilnehmen musst. Tut mir leid.

Entweder es wird so schlimm dass du dich umbringen willst, oder du wirst es überleben."


Werwolf - das BlinzelmädchenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt