Kapitel 74.

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Ophelia stieß die Tür zur Bibliothek auf und riss überrascht die Augen auf.

Wyatt sah sie lächelnd und mit verschränkten Armen an: „Was hast du erwartet?! Ist ja nicht so, als wärst du die einzige mit irgendwelchen Talenten!"

Sie waren alle hier – oder zumindest all diejenigen, die Ophelia Wyatt vor nur wenigen Minuten aufgezählt hatte.

„Ich weiß ehrlich gesagt nicht wirklich, wieso du ausgerechnet mich sehen wolltest.", fing Sophie stirnrunzelnd an. „Ich bin deshalb nur hier, weil -"

„Weil du Teil der Gruppe sein willst, die das Waisenhaus abbrennt?", fragte James.

„Was?!", rief Eliza geschockt. „Ihr wollt -"

„Ich erkläre gleich alles. Versprochen. Aber zuerst: Wo ist Manare?", fragte Ophelia und sah sich suchend im Raum um. Doch die vertrauten schwarzen Augen Manares waren nirgendwo zu sehen.

„Tut mir leid. Manare war einfach nicht da. Nicht aufzufinden.", meinte Wyatt schulterzuckend. „Dafür alle anderen!"

Ophelia nickte ihm zu: „Dann -"

„Was ist hier jetzt eigentlich los?!", fragte Sophie genervt. „Denn, jetzt gerade wirkt ihr nur wie eine Sekte, die neue Mitglieder gewinnen will!"

„Okay.", sagte Ophelia, atmete tief durch und sah alle im Raum nacheinander an. „Es wäre jetzt extrem hilfreich, wenn ihr kurz zuhört.

Wir können dieses Spiel beenden.
Wie?, mag sich jetzt jeder von euch fragen. Nun ja, dafür brauchen wir zuerst einmal eins: Eure Erinnerungen.
Als ihr neu im Waisenhaus ankamt, hat die Spielleiterin mit jedem von euch gesprochen und euch eure Karte überreicht. Beziehungsweise das Etui.
Aber vorher hat sie etwas herausgenommen.
Was war es?"

„Ist das ein Test?", fragte Sophie spöttisch.

„Es war etwas metallisches.", sagte Noctana gleichzeitig. Alle Blicke richteten sich auf sie, aber Noctana bemerkte es fast gar nicht. Mit zusammengekniffenen Augen sah sie starr nach vorne, ihr Blick fokussierte auf gar nichts. „Es hat geglänzt ... ich glaube, es war eine Art Schablone."

„Glaubst du, man könnte es durch Feuer zerstören?", fragte Ophelia angespannt.

Noctana schüttelte zuerst den Kopf, zögerte aber dann: „Na ja. Beschädigen könnte man es wahrscheinlich schon ... irgendwie."

„Das ist es.", sagte Ophelia. „Das ist das, was wir zerstören müssen."

„Ähm ... ich frage es nur ungern nochmal, aber: Wovon redest du eigentlich?!", zischte Sophie.

„Wir brauchen noch einen genauen Plan, damit alles überhaupt funktioniert. Aber unser Ziel besteht grob gesagt darin, das Spiel zu beenden. Und das schaffen wir, indem wir uns aus den Rollen befreien.
Das wiederum schaffen wir, wenn wir diese Metallschablonen verbrennen.

Glaube ich zumindest."

„Nein.", sagte Sophie. „Nein. Ophelia, das ist verrückt. Damit bringst du dich nur um-"

„Wenn wir nichts tun, werden wir alle sterben, Sophie! Wann verstehst du das endlich?", fragte Ophelia.

Sophie sprang wütend auf und trat einen Schritt auf Ophelia zu, Noctana dachte kurz sogar, sie könnte Sophie leise wie eine Katze auf Beutejagd fauchen hören: „Es wird Überlebende geben!"

„Ja?! Wen?! Nenn mir eine einzige Person aus diesem Raum, die eine Chance hat!"

„Es gibt Sieger hier! Es wird Sieger geben!", meinte Sophie überzeugt.
Ophelia und sie funkelten sich beide wütend an. Sophias zur Faust geballte Hand zuckte, Ophelia zitterte. Noctana wusste nicht, ob es Angst oder Wut war.
Vermutlich eine Mischung aus beidem.

Werwolf - das BlinzelmädchenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt